„Odoriko“ (2020)

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Filmkritik: Über einige Jahre hinweg hat der japanische Regisseur Yoichiro Okutani Strip-Theater überall im Land besucht. Entstanden ist daraus die Dokumentation „Odoriko“ (OT: „Odoriko“, Japan, USA, Frankreich, 2020), welche die TänzerInnen beobachtet, ihnen zuhört und hinter die Kulissen dieses Berufes schaut, welcher kaum gute Reputation erfahren hat.

In Japan gibt es nur noch 20 traditionelle Striptheater, in  denen sich die Tänzerinnen, die Odorikos, kunstvoll oder athletisch-tänzerisch ausziehen. Ihre Performance steht hier meist an erster Stelle. Viele von ihnen reisen dabei von Theater zu Theater. Hinter den Kulissen verbringen sie ihre Zeit mit Vorbereitungen, unterhalten sich mit Kolleginnen und finden eine Normalität in diesem wenig anerkannten Beruf.

Der japanische Dokumentarfilmer Yoichiro Okutani (*1978) war seit 2013 in den Striptheatern im ganzen Land unterwegs. Er näherte sich den Odorikos an und durfte dann schlussendlich auch hinter die Kulissen schauen. Genau dort hält sich die Kamera die meiste Zeit auf. Aus einer rein beobachtenden Perspektive fängt sie die Tänzerinnen, ihr Miteinander und ihre Vorbereitungen ein. Unterbrochen werden die Szenen aus den Umkleiden von kurzen Blicken ins Theater, manchmal sieht man diese auch von außen, aber weit weg bewegt sich dabei die Kamera nie. Mit einem Camcorder gefilmt bleibt er dicht an seinen Portraitierten und stellt ihnen von Zeit zu Zeit Fragen, die wir zwar nicht hören, aber deren Antworten. Der Film folgt keiner narrativen Struktur, sondern ist ein Konglomerat aus Eindrücken. Die Cutterin Mary Stephen hat für ein westliches Publikum einen zweiten Film („Nude at Heart“) aus demselben Material zusammengestellt. Dieser ist viel narrativer und setzt andere Schwerpunkte, als der Film, der vom Regisseur selbst geschnitten wurde. „Odoriko“ setzt vielmehr auf die Stimmung und zeigt, wie es den Menschen in diesem Beruf geht. In den Interviews geben sie diesbezüglich ihre Gefühle preis. Doch vor allem steht hier das Alltägliche im Vordergrund. Diese unaufgeregten Beobachtungen mit meist fester Kameraposition geben einen Einblick hinter die Kulissen eines Berufes, der so nur in Japan existiert, und erzählt so auch ein Stück weit von der Gesellschaft des Inselstaates.

Fazit: „Odoriko“ ist ein Dokumentarfilm des Regisseurs Yoichiro Okutani, der die japanischen Nackt-Tänzerinnen portraitiert, welche überall im Land auftreten. Dabei darf er mit seiner Kamera hinter die Kulissen, beobachtet sie still bei ihrer Arbeit und in ihrem Alltag und vermittelt ein Gefühl für diesen Beruf und die Frauen, welche dieser Arbeit (auch mit Vergnügen) nachgehen. Eine ruhige Kameraführung und eine entspannte Stimmung bestimmen den Dokumentarfilm und bringen auch einem westlichen Publikums die Odorikos näher.

Bewertung: 8/10

geschrieben von Doreen Matthei

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