Sieben Fragen an Thea Sparmeier und Jakob Werner

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Interview: Im Gespräch mit den beiden FilmemacherInnen Jakob Werner und Thea Sparmeier konnten wir mehr über ihren Animadok „Glückspfad“, der auf dem 64. DOK Leipzig lief, erfahren, wie sie Franka, ihre Heldin, trafen, wie sie durch Animationen ihre Geschichte erzählten und wie sie Frankas gesammelte Haare mit in den Film einbauten.  

Wie seid ihr auf das Thema gestoßen – seid ihr zur erst Franka begegnet?

Wir waren zusammen auf einer Hausparty – die Wohnung war voll mit Menschen und die Musik war laut. Auf dem Boden vor der Wand saß Franka zwischen einer kleinen Gruppe von Menschen – wir kannten sie nur flüchtig aus unserem Studium – sie schien etwas zu erzählen, aber der Lärm verschluckte, was sie sagte. Und sie hielt ihr nacktes Bein in die Luft und wedelte damit herum. Es war gestreift! Sie hatte haarige Streifen an ihrem Bein! 

Wie ging es danach weiter? War es euch gleich klar, dass ihr das gern in einem Animadok erzählen wollt?

Jakob, Pauline und ich hatten uns schon, bevor wir Franka überhaupt getroffen hatten, dafür entschieden, dass wir ein Thema als animatorischen Dokumentarfilm erzählen wollten. Die Ausdrucksweise durch Animation sollte dem Thema des Films zuträglich sein, aber trotzdem die Realität abbilden. Das gestreifte Bein von Franka grätschte uns in unsere eigentlichen Pläne: Wir hatten uns schon mit einer anderen Frau getroffen, von der wir berichten wollten. Aber die Haare von Franka ließen uns nicht mehr los. Also fragten wir Franka, ob sie sich vorstellen könnte, uns ihre Geschichte im Rahmen eines Dokumentarfilmes zu erzählen. 

Für uns war wichtig, Frankas Vergangenheit, Emotionen und Erlebnisse mit ihrer Art zu erzählen – mit Ironie und Leichtigkeit. Das schafft unsere animatorische Ebene. 

In welchem Rahmen habt ihr das Projekt umgesetzt? Wie viel Zeit stand euch zur Verfügung?

Wir haben das Projekt im Rahmen unseres Kommunikationsdesign-Studiums umgesetzt. Die Struktur des Semesters ist eigentlich nicht dafür geeignet einen kompletten Animationsfilm zu erstellen, deswegen haben wir über das Semester hinaus weiter daran gearbeitet. Letztendlich ist der Film in einem Zeitraum von zwei Jahren entstanden. 

Was war euch bei der Umsetzung wichtig? Von dem eingesprochenen Voice Over bis hin zu den Animationen (ihr mixt hier auch 2D-Zeichnungen mit anderen Aufnahmen)?

Franka hatte schon lange bevor wir mit ihr sprachen, ihre Haare gesammelt und wollte damit eigentlich irgendwann mal eine Ausstellung machen, um die Absurdität des Umgangs mit weiblichen Körperhaaren zu kommentieren. Sie freute sich besonders, dass ihre Haare nun eine andere Bühne bekommen würden und übergab uns ihr Haarpaket samt Daten mit den Worten „Ihr könnt damit machen, was ihr wollt!“. Dieses Haarpaket löste seltsame Dinge in uns aus und nach weiteren Recherchen und Experimenten an uns selbst stellten wir fest, dass erst durch die reale Abbildung von Frauenhaaren eine Abneigung oder ein Ekel überwunden werden kann, weil die Haare so normalisiert werden. Deswegen zeigen wir in unserem Film auch die ‚echten‘ Haare von Franka – zum einen als Stop Motion in Form von Tagebucheinträgen und zum anderen im Realbild, um Frankas Umgang mit ihren eigenen Haaren zu zelebrieren. Um den authentischen Moment und damit die Wahrheit der Geschichte zu manifestieren, ist das Voice Over in einem Interview mit Franka entstanden, in dem sie uns zum ersten Mal von ihrer Haarreise erzählte. 

Euer Film ist in Zusammenarbeit mit Pauline Cremer entstanden. Wie verlief eure Zusammenarbeit?

In unserem studentischen Rahmen, hatten wir alle den Anspruch, zu gleichen Teilen in allen Bereichen des Arbeitsprozessen mitzuwirken. Das war mit großen Herausforderungen verbunden. Wir mussten Departements immer neu belegen. Drei starke Persönlichkeiten, die teilweise in unterschiedliche Richtungen ruderten – das führte immer wieder zu Diskussionen. Das hat allerdings auch zu einer starken Auseinandersetzung des Themas geführt, welche dem Film sehr zuträglich war und unsere persönliche Bindungen untereinander stärkte. Es kam aber auch zu kritischen Momenten, die uns und der Umsetzbarkeit störten – das heißt, wir mussten letztendlich doch einige Aufgaben verteilen und konnten nicht alle an allem teilhaben. 

Könnt ihr mir am Schluss noch zu euch erzählen und wie ihr zum Film gekommen seid?

Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten, weil unsere Wege alle unterschiedlich waren – Jakob hat schon in jungen Jahren mit Parkour angefangen und seine Drehungen und Sprünge über Hausdächer filmisch festgehalten. Auch heute noch profitiert er von den Bewegungen, die er mit seinem Körper macht, um sie auf seine Animationen zu übertragen. Thea hat bei ihrem sieben Monate langen Aufenthalt auf Island angefangen kleine Sketches zu drehen und damit ihre Liebe zum Film entdeckt, die sie durch ihre Arbeit bei einer Münchner Filmproduktion und größere Filmprojekte vertiefen konnte. Pauline war vor allem neugierig und wollte testen, ob ihr das Medium Animationsfilm gefällt, da sie leidenschaftlich illustriert. 

Sind bereits neue Projekte geplant – getrennt oder gemeinsam?

Jakob arbeitet zurzeit an einem animierten Kurzfilm über sein persönliches Verhältnis zum Alleinsein. Pauline arbeitet als freie Illustratorin und macht zur Zeit ein Auslandssemester in Israel. Thea ist auf ein Schiff gezogen und arbeitet momentan an einer digitalen Plattform für bootfahrende Frauen, da sie festgestellt hat, dass die Schifffahrt immer noch eine Männerdomäne ist. Sollten wir in Zukunft auf ein gemeinsames Thema stoßen, könnte es wieder zu einer Zusammenarbeit kommen. 

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Glückspfad

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