„Severance“ (Staffel 1, 2022)

Doreen Kaltenecker
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Adam Scott

Serienkritik: Die von Ben Stiller realisierte amerikanische Serie „Severance“ (OT: „Severance“, Staffel 1, 2022) ist eine Mischung aus Gesellschaftskritik, Drama und Science-Fiction und spinnt die Idee von der Suche nach einer richtigen Work-Life-Balance weiter.

Der Büroangestellte Mark (Adam Scott) bekommt durch das plötzliche Verschwinden seines Kollegen Petey (Yul Vazquez) die Chance, durch seine Chefin Harmony Cobel (Patricia Arquette), Abteilungsleitung bei Lumos Industries zu werden. Als erstes muss er die neue Kollegin Helly (Britt Lower) begrüßen, die wie er und die anderen beiden Angestellten Irving (John Turturro) und Dylan (Zach Cherry) die Severance-Prozedur vorgenommen haben. Nach diesem Eingriff am Gehirn werden Privatleben und Arbeit streng voneinander getrennt, so dass sich das sogenannte Innie an nichts von seinem Outie und umgekehrt erinnern kann. Als Petey nun in der privaten Welt von Mark auftaucht und ihn warnen will, erkennt er diesen nicht nur nicht, sondern mag diesem auch nicht recht glauben, aber es mehren sich Hinweise, dass etwas nicht stimmt bei Lumos Industries.

Adam Scott und Brit Lower

Der Schauspieler Ben Stiller („Zoolander“ (2001), „Gefühlt Mitte Zwanzig“ (2014)), der bereits Filme wie „Reality Bites“ (1994) und „Tropic Thunder“ (2008) als Regisseur realisiert hat, schuf jetzt die Serie „Severance“ als Ideengeber, Co-Produzent und einer der Regisseur:innen nach einem Drehbuch von Dan Erickson. In neun Folgen erzählt die erste Staffel mit einem offenen Ende, wie es sich anfühlen würde, wenn man das Arbeitsleben komplett vom Privatleben entkoppelt. Doch dabei entspinnt sie nicht sofort eine düstere Atmosphäre, sondern zuallererst eine surreale. Wie aus der Zeit und Welt gefallen wirken die Büroräume, das Leben als Innie (so werden die Arbeits-Persönlichkeiten genannt) ist zwar monoton, aber nicht schrecklich. Hier und da hält Humor Einzug und es entspinnt sich sogar eine kleine Liebesgeschichte. Doch mit dem unbedingten Willen einer der Innies, den Ort zu verlassen, beginnen die Probleme und auch in der Außenwelt mehren sich Hinweise, dass mit der Firma etwas nicht stimmt. So schlägt das Surreale immer mehr in Bedrohung um und in einer Folge verbinden sich alle Ereignisse zu einem großen Ganzen. Hier werden nicht nur philosophische Fragen nach der richtigen Work-Life-Balance aufgeworfen, sondern die Serie ist auch ein handfester Thriller mit surrealen Aspekten.

Patricia Arquette

Die Serienmacher fanden für ihre Geschichte den perfekten Look. Während außen alles wie in unserer heutigen Normalität wirkt, sind die Büroräume eine seltsame Mischung aus Retro und Futurismus. Das starke, dominierende Weiß, die leeren Räume und die Technik der Severance selbst wirken wie einem Science-Fiction-Film entsprungen. Dagegen erinnert die Büroausstattung, wie der Computer und das Programm, mit dem sie arbeiten, seltsam veraltet. In dieser beinahe surrealen Umgebung bewegen sich die Figuren ein wenig wie Fremdkörper. Jeder der Figuren wirkt dabei ambivalent und von Zeit zu Zeit auch unheimlich. Diese werden von einem großartigen Cast verkörpert, besonders in Erinnerung bleiben die Rollen von John Turturro („Barton Fink“ (1991)) und Christopher Walken („Der Stadtneurotiker“ (1977), „Pulp Fiction“ (1994)), aber auch Adam Scott („Krampus“ (2015)), der bisher eher im Komödienfach unterwegs war, schafft es die beiden Seiten seiner Figur wunderbar einzufangen. Patricia Arquette („True Romance“ (1993), „Boyhood“ (2014)) als undurchsichtige, harte Chefin trägt ebenfalls viel zur Atmosphäre des Films bei und wird vom Publikum gern als Bösewicht angenommen. Der Cast und die Umsetzung sind tadellos und tragen enorm zur Wirkung der Serie bei, so dass man sich leicht vorstellen kann, den Figuren auch noch über eine weitere Staffel, die laut Ankündigen kommen soll, zu folgen.

Tramell Tillman und Brit Lower

Fazit: „Severance“ ist eine amerikanische Serie mit neun Folgen aus der Hand u.a. von Ben Stiller. In einem minimalistischen Setting beschäftigt sich die Serie mit einem pervertierten Work-Life-Balance-Bild, liefert dabei gesellschaftsrelevante, realitätsnahe Fragen, schafft es aber, spielerisch die Genre Thriller und Science-Fiction zu bedienen. Die Figuren, welche vom hervorragenden Cast verkörpert werden, sind vielschichtig und oft entwickelt sich die Geschichte ungeahnt. So ist „Severance“ Serienunterhaltung, die es in sich hat und im Kopf bleibt.

Bewertung: 4/5

Trailer zur Staffel 1 der Serie „Severance“:

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

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