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Kannst Du mir mehr über die Entstehung Deines Kurzfilms „Opera Night“ erzählen? Wie kam die Musicalkomponente mit rein?
Es ist der Zweitjahresfilm, den ich im Kollektiv Super 16 gemacht habe. Er ist eigentlich daraus geboren, dass alle sechs Regisseure in meinem Jahrgang sich entschieden haben, dass wir Genrefilme machen möchten. Da fiel meine Wahl auf Musical, da Musicalfilme mich schon immer sehr geprägt haben, ich selbst auch schon immer viel Musik gemacht habe und ich Musik einfach liebe. „Moulin Rouge“ ist einer der Filme, den ich ganz fantastisch finde. Nun konnte ich natürlich kein „Moulin Rouge“ machen, aber es sollte schon ein bisschen in die Richtung klassisches Musical geben, sprich etwas bombastischer. Dadurch war dann die Musical-Komponente sehr schnell für den Film geboren, und danach richtete sich dann das Setting. So war es auch passend, dass ich in der Oper von Kopenhagen Zugang hatte. Das Genre Musical bringt ja automatisch etwas Dramatisches mit hinein. Aber mir war es auch wichtig, dass wir auch Kernidee für den Film haben und die handelt vom das Privilegium, gehört zu werden und wem wir zuhören, wer sprechen darf, und daraufhin hat sich so die Idee für den Film entwickelt.
Wie habt ihr die Songs entwickelt und komponiert?
Wir wussten, dass wir einen Kurzfilm machen, der nicht länger als 15 Minuten dauert und so war schon limitiert, wie viele Songs wir einbauen konnten. Bei einer Songlänge von klassisch drei, vier Minuten, war das schon zu lang. Wir wollten klassisch komponieren und so mussten wir schauen, dass immer Strophen und Refrain in wenige Minuten passen. Ich hatte den ganz tollen Komponisten Toke Brorson Odin an meiner Seite und wir haben viel daran zusammengearbeitet. Er arbeitet eigentlich mehr als Klangkünstler, aber auch als Komponist und so haben wir versucht, einen eigenen Sound für unser Musical zu finden. So habe ich Libretto und Songtexte geschrieben und wir haben die Melodien für die Figuren konzipiert. Die Songs sollten das emotionale Erleben, die emotionale Reise der Hauptfiguren verdeutlichen. Es war ein unheimlich wertvoller Prozess, zu erleben, wie man solche Dinge über die Musik ausdrückt. Die Auswahl der Instrumente und Stilmittel war dabei entscheidend und hat viel Freude gemacht.
Wie hast Du Deine Darstellerinnen gefunden und nach welchen Kriterien hast Du sie ausgesucht?
Das Hauptkriterium war auf jeden Fall, dass sie singen können mussten. Doch nicht nur singen, sondern sich auch bewegen – zwar keine krassen Tanzchoreographien, aber sie mussten Schauspiel, Gesang und Tanz koordiniert und vereint bekommen. Ich hatte totales Glück, denn meine Hauptdarstellerin Danica Curcic macht auch privat sehr viel Musik und hat eine ganz tolle Stimme. Sie wollte schon immer ein Musical machen und war sofort dabei. Danach habe ich geschaut, welche Schauspielerinnen ich noch kenne, die mit Musik arbeiten und so bin ich auf Tammi Øst gekommen, die zu dem Zeitpunkt am Theater in Kopenhagen gearbeitet und die ich dort in einer Gesangsperfomance gehört habe. Nachdem ich ihr das Projekt vorgestellt hatte, war sie auch sofort dabei. Danica und Tammi haben auch schon zusammengearbeitet, was die Arbeit am Set dann noch einmal schöner gemacht hat. So war die Suche recht kurz, wir mussten kein großes Casting machen und die Zusammenarbeit verlief wunderbar.
Ihr habt den Film in der Kopenhagener Oper realisieren können. Was brachte das an Hürden mit sich?
Genau, das haben wir. Ich hatte einen studentischen Nebenjob in der Oper und dadurch Zugang. Ich möchte an dieser Stelle ein großes Dankeschön an die Oper sagen, dass sie sich auf das Projekt trotz der etwas kritischen Einschläge eingelassen habt. Das es überhaupt möglich war, lag daran, dass wir über Ostern gedreht hatten und die große Bühne nicht belegt war. Normalerweise ist da immer was los, auch wenn es keine Vorstellung gibt. Dementsprechend war das die einzige Möglichkeit auf dieser Bühne zu drehen.
Die Hürden sind interessanterweise die gleichen, die wir im Film beschreiben. Es ist ein großes Haus mit viel Hierarchie. Mit wem muss man sprechen, um einen Wasserhahn aufdrehen zu dürfen oder hier eine Tür geöffnet zu bekommen. Es war zudem auch ein sehr moderner Komplex, barg beinah labyrinthische Herausforderungen, so dass am ersten Tag erstmal das ganze Team zusammenfinden musste. Ansonsten war es aber ein sehr inspirierender Ort, an dem wir drehen durften.
Was lag Dir ansonsten visuell am Herzen?
Um dem Musicalgenre mit seinem Hang zu Bling-Bling und Glitter gerecht zu werden, haben wir uns überlegt, wie wir das in Szene setzen wollen. Zusammen mit meiner Kamerafrau Mia Mai Dengsø Graabæk haben wir uns überlegt, wie wir der Geschichte Raum geben können, um diese auch visuell zu erleben. Aus diesem Grund haben wir uns für Cinemascope mit anamorphen Optiken entschieden. Der Film wirkt dabei nicht so scharf, das ist ein ganz anderes Schärfe-Erlebnis, was wir auch gerne wollten, da sich unser Film ja zwischen Realität und Phantasie bewegt. So passte die anamorphe Optik perfekt dazu. Gleichzeitig wussten wir auch, dass durch das Anamorphe das Licht ganz anders gebrochen wird und die ganzen Flare-Effekte bekommen, was wir auf jeden Fall für die Bühne haben wollten. So konnten wir die Szenerie strahlend beleuchten und einen Kontrast schaffen zu dem, was sich dahinter verbirgt. Das war der Effekt, den wir wollten, dass hinter dem strahlenden Haus, den glänzenden Figuren etwas anderes steht, was nicht funkelt. Daneben wollten wir noch etwas mehr spielerische Elemente in unsere Bildsprache integrieren. So haben wir einen Sternfilter verwendet, der die Lichter auf der Bühne wie aus den 70er und 80er Jahre aussehen lässt.
Auch über die Farbgebung des Films haben wir uns Gedanken gemacht, wie es aussehen sollte mit den tiefen Blau- und Lila-Tönen im Kontrast zu den glänzenden, glitzernden Szenen. Es ging uns auch darum, die Parallelwelt der Angestellten in der Oper zu zeigen und wie das Publikum das Haus wahrnimmt.
Sind bereits neue Projekte in Arbeit?
Momentan schreibe ich an einer Serie für den NDR, die im nächsten Jahr ausgestrahlt wird. Darin handelt es sich um ein anderes Arbeitermilieu. Wir gehen in den Hafen und erzählen von Hafenarbeitern. Die Drehbücher sind bereits fertig, wir bereiten gerade Cast und Crew vor und wollen im August drehen. Dann habe ich noch ein paar andere Ideen, aber die müssen noch ein bisschen warten, bis der nächste größere Dreh überstanden ist. Auch ein Musical als Langfassung möchte ich nicht ausschließen.
Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Opera Night“