Sechs Fragen an Suzanna Zawieja

Doreen Kaltenecker

Interview: Nachdem wir den Kurzfilm “Elefant” auf dem 28. Bamberger Kurzfilmtagen 2018 im Wettbewerb gesehen hatten, wollten wir mehr über den Film und seine Entstehung erfahren. Die Filmemacherin Suzanna Zawieja erzählt uns im Interview mehr zur Entwicklung und Realisierung des Films.

Dein wunderbarer Kurzfilm “Elefant” ist ein mehrschichtiges Werk. Kannst Du uns mehr dazu erzählen, wie Du die Geschichte entwickelt hast?

In den meisten Fällen entwickeln sich meine Geschichten von Außen nach Innen. Erst das Bild, dann die Bedeutung. Das war auch beim Elefanten so. Ich saß unangenehm schweigend im PKW einer Mitfahrgelegenheit und beobachtete zwei riesige Motten wie sie, von allen anderen ignoriert, im Auto umherflogen. Zwar wurde am Ende aus den Motten eine Schnecke, doch mit diesem Bild im Kopf fing ich an mir Gedanken zu machen. Die ganze Tiefe der Geschichte, alles was sie mit mir verbindet, weshalb sie diese und jene Gefühle in mir auslöst und was sie vermitteln soll, fand ich erst nach und nach heraus.

Auf den 28. Bamberger Kurzfilmtagen 2018  wurde Dein Film als Experimentalfilm eingeordnet. Wo würdest Du Deinen Film selber verorten? Er besitzt ja auch eine starke narrative Struktur.

Gute Frage! Ich weiß es leider selbst nicht so genau und wenn ich andere danach fragte, so waren die Antworten meist sehr unterschiedlich. Wenn er nicht als Experimentalfilm gesehen wurde, so ging das wahrgenommene Genre von Horror über Drama bis hin zum Kinderfilm. Aber als Experimentalfilm sehe ich ihn wohl eigentlich nicht so wirklich, am ehesten wohl als kleines Drama. Am Ende ist es aber einfach „der Elefant“.

Deinen Film hast Du in schwarz-weiß realisiert. War es eine Vorgabe oder eine bewusste Entscheidung dafür? Allgemein ist Dir auch eine sehr dichte Atmosphäre gelungen – was war Dir bei der Ausgestaltung wichtig?

Das war eine sehr bewusste Entscheidung, die zum einen inhaltlicher und zum anderen visueller Natur war. Unter anderem unterstreicht das kontrastreiche schwarz-weiß die ambivalente Gefühlswelt der Protagonisten, die zwar nach Nähe und Kommunikation schreit, doch stur in Stille und Distanz verharrt, bis etwas heranwächst, dass sowohl anzieht, als auch abstößt. Auf der visuellen Ebene verschaffen die starken Kontraste dem Krabbeln und Kriechen ein wenig mehr Abstraktheit, wodurch die Tiere ästhetischer und leichter zu betrachten sind, als in ihrer gelb-rosigen Natur. Außerdem heben sie sich so besser vom Hintergrund ab und verschwinden nicht im Chaos der Farben.  Selbst die Entscheidung, auf Film zu drehen, das Filmkorn über die Leinwand krabbeln zu lassen, beruhte auf dem Wunsch, die Tiere und ihre rasche Vermehrung, mehr als ein aus den Umständen heraus entstandenes Gefühl, zu verdeutlichen. Etwas, das ohnehin da war, und dank der Käfer bloß sichtbar wurde.

Wie war es mit Insekten zu drehen – für Dich und für die Schauspieler?

Es war sowohl witzig und aufregend, als auch nervenaufreibend! Vor allem die Tatsache, dass der Elefant auf Film gedreht wurde, brachte uns manchmal zum Schwitzen, da wir nur wenig Filmmaterial hatten und die Tiere einfach sehr schnell und sehr unberechenbar sind. Bei der Badezimmerszene z.B. waren zwischen „Ruhe bitte“ und „Action“ schon die Hälfte der Tiere davon gekrochen! Die Schauspieler hingegen hatten erstaunlich wenig Probleme. Fiona [Anmerk. d. Red. Schauspielerin Fiona Zawieja] war ganz im Gegenteil absolut begeistert und behielt Schaben & Co. anschließend sogar als Haustiere!

Mich hat er persönlich sehr an frühere David Lynch Filme erinnert. Was sind Deine Vorbilder?

Das höre ich tatsächlich häufiger und fühle mich dementsprechend sehr geschmeichelt! Ich mag gern Filme mit Erzählweisen, die mich überraschen oder irgendwie verzaubern und diese können durchaus sehr verschieden sein oder meinen eigenen Filmen sehr unähnlich. Besonders verzaubert bin ich von Bela Tarr. Seine Filme haben eine atemberaubende Bildsprache! Zu meinen Lieblingsfilmen gehören aber auch Darren Aronofsky ́s „Pi – System im Chaos“ (1998), Hal Ashbys „Harold und Maude“ (1971), Tomas Alfredsons „So finster die Nacht“ (2008) und viele viele weitere wunderbare Filme!

Wie geht es bei Dir weiter? Kannst Du uns mehr über folgende Projekte erzählen?

Im Augenblick habe ich gleich zwei Filme in der Postproduktion. Der 30 Minuten lange Kurzfilm „Madensinfonie“ ist mein Diplomfilm an der Kunsthochschule für Medien in Köln und handelt von einem unglücklichen Musiker, fiesen Fliegen, einem lebensmüden Wurm und einem Glas voller Maden. Der Kurzfilm „Fliege“ sollte im Sommer 2019 fertig sein und ist ein kleines, narrativ erzähltes Familiendrama! Nebenbei schreibe ich an meinem ersten Langfilm „Motte“.

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Die Filmkritik zu dem Kurzfilm “Elefant” gibt es ebenfalls auf der Testkammer.

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