Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)
2-6 Spieler / ab 10 Jahren / King Racoon Games / 14,99 €
Spielkritik: Standardmäßig stammen die meisten Spiele aus bekannten Verlagen, auch die meisten Namen von Spieleautoren liest man immer mal wieder. Doch das Spiel “Schäferstündchen”, welches im Eigenverlag erschienen ist, stammt aus der Hand des Comiczeichners Felix Mertikat und frischt damit den Spielemarkt etwas auf.
Die Schafe haben im Tal zwischen den Bergen, wo die Räuber wohnen, und dem Dorf ihre Koppel. Dort fressen sie friedlich Gras bis sie von der einen oder anderen Partei geraubt werden. Die Spieler kämpfen entweder als Einzelkämpfer oder als Teams (Dorf / Räuber) gegeneinander und versuchen mehr Schafe als die anderen zu erbeuten. Durch Spezialeigenschaften, verankert auf den Charakterkarten, Unterstützungs- und Sabotagekarten macht man sich so schnell auf den Weg zu den Schafen und kämpft um seinen Gewinn. Das Spiel endet wenn es keine Schafe mehr auf der Koppel gibt.
Das Brettspiel mit dem leicht verruchten Titel “Schäferstündchen” ist das Gegenteil von dem harmonischen Zusammensein von Verliebten. In Teams oder als Einzelkämpfer treten die Spieler gegeneinander an, um die meisten Schafe zu erbeuten. Jeder bekommt dazu einen der Charakter verpasst, der meist sowohl Vor- als auch Nachteile aufweist. Gerade beim Einzelspiel fällt eine unterschiedliche Verteilung der Stärken besonders auf, so dass die Teamspielervariante ab vier Personen weniger Ärgerpotenzial bereithält. Aber auch das Einzelspiel ist lohnenswert. So muss zwar manchmal der haushohe Sieg des Gegenübers akzeptiert werden, aber in der nächsten Partie, keine davon dauert länger als 30 Minuten, ist das Glück einem vielleicht selbst wieder hold. Besonders schön bei diesem Spiel ist, dass es wenig vertraute Elemente bereithält. Ja bei “Igelz” (erschienen 2005 im Pegasus-Verlag) hat man auch schon um einen Vorrat in der Mitte gekämpft und Charakterkarten sah man schon in vielen Spielen wie “Ohne Furcht und Adel” (2000, Hans im Glück), aber hier wird alles zusammengeworfen und durch ein möglichst temporeiches und wildes Ablegen der Unterstützungskarten wird das Spiel noch um einiges interessanter. Die einzige Hürde, die vor Beginn zu nehmen ist, ist die Anleitung, die komplizierter daher kommt, als notwendig, und wichtige Fragen nicht beantwortet (doch dafür gibt es mittlerweile mehrere FAQs im Internet zu finden).
Interessant ist, aus wessen Hand das Spiel stammt. Im Eigenverlag hat es der Illustrator und Comiczeichner Felix Mertikat (*1983), der 2011 vom Rolling-Stone-Magazin als Hoffnungsträger der deutschen Comicszene bezeichnet wurde, das Brettspiel herausgebracht. Als Illustrator unterstützte er bereits das durch Crowdfunding finanzierte Spiel “Steam Noir” (2013, Cross-Cult-Verlag) und konnte damit viele Fans für sich gewinnen, die sich beim Lesen seines Namens besonders auf das Spiel “Schäferstündchen” in seiner Eigenverantwortung freuen. Aus finanziellen Gründen wurde das Spiel vermutlich insgesamt recht klein gehalten, aber auf den Charakterkarten, die verhältnismäßig groß sind, hat sich der Künstler ausgetobt. Dabei bedient er sich munter an Klischees, spielt mit ihnen und schafft für sein Spiel typische, kantige Figuren, wie auch die amüsanten Schafköpfe, die viel zum Charme des Spiels beitragen. So bietet dieses Spiel eine gelungene Mischung aus Illustrationen und einem andersartigen Spielprinzip, was knackige und erfrischende Unterhaltung an den Spieletisch bringt.
Fazit: Das im Eigenverlag erschienene kleine Brettspiel “Schäferstündchen” von Felix Mertikat wartet mit einem amüsanten und spannungsreichen Spielprinzip auf, bei dem Glück und Ungerechtigkeit auch ein wenig die Finger im Spiel haben. Zudem besitzt er überzeugende Comic-Illustrationen und lädt mit kurzen Partien als Einzel- und Teamspiel zum wiederholten Spielen ein.
Bewertung: 4/5
geschrieben von Doreen Matthei
Quellen:
Website des Gesellschaftsspiels “Schäferstündchen” beim Verlag King Racoon Games