„Bernadette“ (2019)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Nachdem der Regisseur Richard Linklater sich mit der “Sunset”-Trilogie (1995, 2004, 2013) einen Namen gemacht hat und mit dem Langzeitspielfilm „Boyhood“ (2014) einen großen Achtungserfolg feierte, zeichnet er in seinem neuesten Film – „Bernadette“ (OT: „Where’d You Go, Bernadette“, USA, 2019) – ein Portrait einer außergewöhnlichen Persönlichkeit.

Die einst gefeierte Stararchitektin Bernadette Fox (Cate Blanchett) hat sich nach der Geburt ihrer Tochter Bee (Emma Nelson) aus dem Geschäft zurückgezogen. Seitdem führt sie ein Leben in Abgeschiedenheit. Sie hält sich meistens in ihrem außergewöhnlichen Haus auf, wo die Natur mehr willkommen ist, als andere Menschen. Der Kontakt zu ihrem Mann Elgie (Billy Crudup), ihrer Tochter und ihrer virtuellen Assistentin Manjula, die ihr von Indien aus in allen Lebenslagen behilflich ist, reichen ihr vollkommen. Als die Situation mit ihrer Nachbarin Audrey (Kristen Wiig) überhand nimmt, zudem noch ein Betrugsfall die Familie viel Geld kostet, scheint die Aussicht auf einen klinischen Aufenthalt zu bestehen und so macht sich Bernadette aus dem Staub und ihr Weg führt sie in die Antarktis.

Cate Blanchett

Der Roman „Wo steckst du Bernadette?“ (OT: „Where’d you go, Bernadette“, 2012) von Maria Semple (*1964) erzählt von einer ungewöhnlichen Frau, die nicht so richtig in die bestehenden Schubladen passen will. Damit wurde er damals zum Bestseller und wurde in über 20 Sprachen übersetzt. Der Regisseur Richard Linklater (*1960) wandelte zusammen mit zwei Co-Autoren den Stoff in ein Drehbuch um, denn er erkannte die Faszination, welche diese Person ausstrahlt. Während manche Stimmen bestimmt Bernadette und ihre Soziophobie als fast krankhaft bezeichnen würde, kann man als Zuschauer erkennen, dass es keine Krankheit oder Wahnsinn ist, unter der sie leidet. Eine kluge, leicht manische Frau, welche durch das Schicksal so gebeutelt wurde, dass sie sich selbst zum Teil aufgegeben hat. Die alte Bernadette leuchtet hin und wieder mal durch und da erkennt man ihre ganze Kraft. Auch dass sie es nicht schafft, sich in die klassische Vorstadtidylle einzuleben, ist ein sympathischer Zug und führt zu den witzigsten Auseinandersetzungen mit ihrer Nachbarin, die wunderbar von Kristen Wiig dargestellt wird. Denn Humor, kein laut schallender, sondern subtiler, ist der eine Grundpfeiler für den Film, der andere ist die faszinierende Persönlichkeit Bernadettes. Diese ist erfrischend anders und man möchte auf der einen Seite mehr von ihrem Leben erfahren und andererseits auch mehr Zeit mit ihr verbringen. Man kann sich gut in die Faszination und Liebe der Tochter hinein versetzen, denn Bernadette ist besonders, und das im besten Sinne.

Kristen Wiig und Zoe Chao

Das dies so gut funktioniert, liegt auch an dem großartigen Cast, den Linklater hier zusammengestellt hat. Billy Crudup („20th Century Women“ (2016), „Alien: Covenant“ (2017)) spielt den verständnisvollen Ehemann äußerst charmant und Emma Nelson als kümmernde Tochter mit einer starken Persönlichkeit ist großartig. Kristen Wiig („Brautalarm“ (2011), „Downsizing“ (2017)) ist die amüsante Version einer Vorstadtmama und sogar Laurence Fishburne kann man in einer Nebenrolle sehen. Aber natürlich allen voran überzeugt die großartige Darstellerin Cate Blanchett, die in vielen Rollen ihr Talent zur Schau getragen hat und für ihre Darstellung in „Blue Jasmine“ (2013) von Woody Allen einen Oscar als ‚Beste Hauptdarstellerin‘ gewann. Auch hier schafft sie es die störrische Persönlichkeit Bernadettes zum Leben zu erwecken und ihre Langeweile, ihre Unruhe, aber auch ihre wunderbare Begeisterungsfähigkeit in Szene zu setzen. Unterstützt werden die schauspielerischen Leistungen durch die perfekte Umgebung. Das Haus, in dem die Natur stets willkommen ist, ist genauso ein Ausdruck ihrer Psyche und ihres kreativen Denkens, wie die die Eiswelten der Antarktis, die ihre Einsamkeit ausdrücken. Im Gesamten entstand eine gelungene Romanumsetzung, die sich mit einer ungewöhnlichen Frau beschäftigt. Wenn man sich auf sie einlassen kann, ist es ein wundervoller, ja auch berührender Film voll realer Magie, der zeigt, dass der richtige Weg nicht im angepassten Mainstream liegen muss und das ist wunderbar.

Billy Crudup, Emma Nelson und Cate Blanchett

Fazit: Der amerikanische Spielfilm „Bernadette“ ging hierzulande in den Kinos etwas unter.  Leider zu Unrecht, denn Richard Linklater zeichnet in seiner Romanadaption das Bild einer außergewöhnlichen Frau, der man gerne auf ihren Wegen folgt. Zudem offeriert der Film eine große Bandbreite an Themen und auch Gefühlen, so dass der Film am Ende seiner Reise den Zuschauer tief berührt hat und zeigt, dass man auch abseits von Schubladen denken kann und sogar sollte.

Bewertung: 8/10

Kinostart: 21.11.2019 / DVD-Start: 24.04.2020

Trailer zum Film „Bernadette“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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