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Kannst Du mir zu den Anfängen Deiner Coming-of-Age-Geschichte erzählen?
Jahrelang habe ich beobachtet und mich daran gestört, wie einseitig die Darstellung junger BIPoCs [Anm. d. Red.: Black, Indigenous and People of Color] in deutschen Filmen ist. Meistens werden sie entweder von ihren Eltern, deren Glauben oder ihren Geschwistern unterdrückt und müssen sich von diesen befreien. Natürlich gibt es diese Fälle in der Realität, auch müssen diese dargestellt werden, aber: Eine so einseitige Zeichnung von „Kulturen“ bestärkt weiter Vorurteile und Rassismus. Und es gibt daher leider viele junge BIPoCs in Deutschland, die es wirklich schwer haben als ein Teil der ‚deutschen‘ Gesellschaft anerkannt zu werden. Unterbewusst macht das viel mit einem jungen Menschen, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. So entstand dann die Idee und das Bedürfnis diesen Film zu machen.
In Deinem Film steckt viel drin – u.a. die eigene Entwicklung, der Umgang mit Anderen und der eigenen Familie – was war Dir wichtig und worauf wolltest Du Deinen Fokus setzen?
Mir war wichtig, genau diese Bandbreite an Herausforderungen darzustellen, denen sich eine junge Frau im Prozess des Erwachsenwerdens stellen muss. Das sollte sich auch in der Dramaturgie widerspiegeln. Der Fokus sollte nicht auf dem einen ganz bestimmten Problem liegen, sondern auf der Überforderung durch Gleichzeitigkeiten: Im Moment leben zu wollen, aber an die Zukunft denken zu müssen, Konsequenzen für sich und sein Handeln zu (er-)tragen und sich zu einer emanzipierten Frau zu entwickeln – und das alles als PoC in Deutschland.
Wie Du Deine Geschichte inszeniert hast, ist wunderbar cineastisch, wirkt aber trotzdem sehr lebensnah. Wie wichtig war Dir Authentizität? Was lag Dir im Allgemeinen visuell am Herzen?
Vielen Dank! Mein Kameramann Felix Pflieger und ich haben uns im Vorfeld viele Gedanken darüber gemacht, wie wir mit der Bildgestaltung Elahas Charakter eben möglichst authentisch zeichnen können. Elaha ist eine laute und spontane Figur, die sich von einer Situation in die nächste hineinmanövriert. Daher sollten sich die verschieden Szenen mit ihrer Farb- und Lichtgestaltung voneinander unterscheiden und ihre persönliche Wahrnehmung widerspiegeln, mal ‚schrill‘ und ‚dramatisch‘ oder ‚einfach“ und ‚normal‘.
Wie hast Du Deine großartige Besetzung zusammengestellt? Klassisch über ein Casting?
Teilweise haben wir klassisch gecastet. Andere Schauspieler*innen wiederum hatte ich schon beim Drehbuchschreiben im Kopf und war dann auch natürlich sehr glücklich, dass es meistens geklappt hat.
Die Rolle der Mutter war am schwierigsten zu besetzen, da es nicht viele Schauspielerinnen in diesem Alter gibt, die Dari/Farsi sprechen. Am Ende konnten wir durch einen Aufruf unsere tolle Schauspielerin finden – sie stand bei uns dann das erste Mal vor der Kamera!
Der Musikeinsatz ist auch sehr gut – kannst Du etwas mehr darüber erzählen?
Die meisten Titel habe ich auch schon beim Drehbuchschreiben gehört. Deshalb habe ich schon vor Drehbeginn die Künstlerin Ebow kontaktiert und sie hat mir glücklicherweise ihre großartige Musik für den Film zur Verfügung gestellt. So hat uns ihre Musik im gesamten Entwicklungsprozess des Films begleitet. Das hat uns natürlich total geholfen – auch um dann mit meinem Editor Adrian von der Borch den Humor des Filmes mit den Musikeinsätzen weiter herauszuarbeiten.
Wo wird man in Zukunft vielleicht die Möglichkeit haben Deinen Kurzfilm zu sehen?
Als nächstes wird „Yallah Habibi“ im Rahmen der Kurzfilmwoche Regensburg online zu sehen sein. Pandemiebedingt dann hoffentlich zum ersten Mal im Kino auf dem Filmfest Dresden im Juli.
Kannst Du am Schluss noch ein bisschen mehr von Dir erzählen und wie Du zum Film gekommen bist?
Sind bereits neue Projekte geplant?
Momentan arbeite ich an meinen Abschlussfilm, den ich kommendes Jahr drehen möchte. Eine Komödie über eine Familie, deren jüngstes Mitglied inmitten ihrer Identitätskrise versucht, afghanische Traditionen wieder aufleben zu lassen, und dabei in ihrer Familie auf Widerstände stößt.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Yallah Habibi“