„Taste“ (2021)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Der vietnamesische Regisseur Lê Bảo debütierte mit seinem 97-minütigen Spielfilm „Taste“ (OT: „Vị“, Vietnam, Singapur, Frankreich, Thailand, Deutschland, Taiwan, 2021) auf der 71. Berlinale 2021 und lieferte damit ein starkes expressives Werk mit düsteren Bildern, wenigen Worte und rohen animalischen Instinkten ab.

Der nigerianische Immigrant Bassley (Olegunleko Ezekiel Gbenga) lebt zusammen mit den vier vietnamesischen Frauen Mien (Thi Minh Nga Khuong), Trang (Thi Dung Le), Hanh (Thi Cam Xuan Nguyen) und Thuong (Thi Tham Thin Vu) in einer düsteren Wohnung in den Slums von Ho-Chi-Minh-Stadt zusammen. Dort verbringen sie ihre Tage abgeschieden von der Außenwelt und haben nur das Nötigste zum Leben. Ihr Alltag besteht aus gemeinsamem Kochen, schweigen, schlafen, putzen und körperlicher Befriedigung. 

Der Debütfilm des vietnamesischen Filmemachers Lê Bảo (*1990) bricht mit gängigen Erzähl- und Sehmuster, obwohl er in seinem Kern eine beinah alltägliche Geschichte erzählt. Sein 97-minütiger Film, für den er auch das Drehbuch schrieb, dreht sich um die Frage von Zugehörigkeit, Beziehungen und worauf es bei einem guten Leben ankommt. Was benötigt man wirklich dafür? Wie kann man sich in einem neuen Land eingewöhnen? Aber diese Fragen stehen nicht wirklich im Vordergrund, sondern die Betrachtung einer ungewöhnlichen Fünferbeziehung. Mit nur wenigen Worten und wenigen Schilderungen von außerhalb der Wohnung wird die Situation eingefangen. Sobald sich die fünf Personen in der düsteren Wohnung befinden, welche von dunklem Beton dominiert wird, konzentriert sich die Geschichte auf die Bedürfnisse der fünf BewohnerInnen. Dabei geht es hier nicht nur um körperliche Nähe, Essen und Schlafen. Alles wirkt, wie von der düsteren Umgebung beeinflusst. Nicht Freude sondern Überleben ist der Antrieb im Zusammensein. Als Kontrast befindet sich  ein rosa Schwein in der Wohnung, welches auf seine Weise das (hellere) Leben repräsentiert. Getragen wird der Film von einem gut ausgewählten Cast, welcher sich auch ohne Worte auf seine Art miteinander verständigt. So erzählt Bảo ein dunkle, fast deprimierende Geschichte über existentielle Belange und Bedürfnisse, zieht mit seiner ungewöhnlichen Inszenierung die ZuschauerInnen in den Bann und hinterlässt beim Publikum einen beinah alptraumhaften Abdruck und den Wunsch nach Licht und Sonne.

Fazit: Der mit dem ‚Spezialpreis der Jury Encounters‘ ausgezeichneten Spielfilm „Taste“ ist das Debüt des vietnamesischen Filmemachers Lê Bảo und erzählt von menschlichen Grundbedürfnissen, Beziehungen und Immigration. Das alles in einem düsteren Gewand voller Beton, Dunkelheit, Nacktheit und meist mit Schweigen versehen und schafft es vor allem über die Stimmung und den visuellen Stil seine Botschaft zu vermitteln.

Bewertung: 7/10

Trailer zum Film „Taste“:

geschrieben von Doreen Matthei

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