„By Flávio“ (2022)

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Kurzfilm / Portugal/Frankreich / Fiktion / 2022

Filmkritik: Der portugiesische Kurzfilm „By Flávio“ von Pedro Cabeleira, der seine Weltpremiere auf der 72. Berlinale im Rahmen des ‚Berlinale Shorts‘-Programms feierte, ist eine gelungene Geschichte über den Umgang mit sozialen Medien und wie sie unser Verhalten und unsere eigene Wahrnehmung verändern.

Márcia (Ana Vilaça) hat das Internet und vor allem Instagram für sich entdeckt und setzt sich gekonnt für ihre Followers in Szene. So wird auch der Rapper Chullz (Tiago Costa) auf sie aufmerksam. Er fragt nach einem Treffen und sie wittert ihre Chance. Nur ihren Sohn Flávio (Rodrigo Manaia), der fast alle Bilder von ihr macht, muss für das Treffen noch bei jemanden unter bekommen, denn Márcia ist alleinerziehend. 

Der Regisseur Pedro Cabeleira (*1992), der zusammen mit Diogo S. Figueira und Ana Vilaça das Drehbuch für seinen 27-minütigen Kurzfilm „By Flávio“ schrieb, schuf ein zeitgenössisches Portrait über die menschliche Natur. Ausgehend von einer beobachteten Begebenheit entwickelten sie die Geschichte über eine alleinerziehende Mutter, welche für ihren Sohn da ist, aber gleichzeitig immer wieder in die sozialen Medien, hier im Speziellen Instagram, abtaucht. Dabei ergründen sie die Dynamiken und Beweggründe präzise. Wunderbar ist, wie das Medium selbst eingebaut wurde. Nicht als kurze amüsante Popups wie man es in anderen Filmen sieht, sondern wie ein Störobjekt, was sich ins Bild drängt und die reale Zeit frisst. Zudem wird es durch eine eindringliche Soundkulisse noch zusätzlich untermalt, welche beim Publikum bei diesen Szenen ein dumpfes Gefühl hinterlässt. So gelingt Cabeleira ein eindringliches Bild davon, wie es sich anfühlt, in seinem Handy zu versinken. Gleichzeitig spricht er in dem Film an, wie sich gesellschaftliche Dynamiken durch die soziale Medien verändern und wie sich die eigene Wahrnehmung ebenfalls massiv gewandelt hat. Was passiert mit dem eigenen Bild, wenn man es nur als nächsten Post und nicht als pure Erinnerung im Blick hat? Doch all diese ernsten Themen und auch die Kritik, die darin steckt, verpackt er mühelos und leichtfüßig. Das gelingt ihm zum einen durch seine gelungene Inszenierung und visuelle Umsetzung, zum anderen durch seine fantastische Hauptdarstellerin Ana Vilaça, welche es schafft, dass sich die beiden Seiten Marcias wunderbar in Waage halten. So ist „By Flávio“ einer der stärksten Beiträge des diesjährigen ‚Berlinale Shorts‘-Programms und besticht mit seinem präzisen Blick auf die heutige Gesellschaft.  

Fazit: „By Flávio“ ist ein Kurzfilm des portugiesischen Regisseurs Pedro Cabeleira, der sich mit einer gelungenen Bildsprache, einer fantastischen Hauptdarstellerin und seiner stimmigen Geschichte mit der Gesellschaft und deren Umgang mit sozialen Medien auseinandersetzt, dabei kritisiert, aber nicht belehrt ist und so ein einfühlsames Portrait einer modernen Mutter schuf.

Bewertung: 8,5/10

Trailer zum Kurzfilm „By Flávio“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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