Sechs Fragen an Carlo Oppermann

Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)

Interview: Im Gespräch mit dem Regisseur und Werbefilmer Carlo Oppermann konnten wir mehr über seinen Kurzfilm „The Art of Authenticity“, der auf der Eröffnung des 38. Interfilm Berlin 2022 unter großem Applaus lief, erfahren, wie er zu dem Thema kam und warum sich eine Mockumentary am besten dafür geeignet hat. 

Wie kam es zu Deiner Mockumentary „The Art of Authenticity“?

Ich habe schon vorher Mockumentaries gedreht. Ich mag die damit einhergehende Arbeit: Auf der einen Seite hat man eine klare Figur im Kopf und auf der anderen Seite lässt man zu, improvisieren und kreativ zu sein. Zudem arbeitet man da sehr frei von technischen Limitationen, da nicht alles perfekt inszeniert sein muss. So kann der Kameramann auch mal versehentlich das Falsche filmen oder der Protagonist ist nicht gut ausgeleuchtet. Man improvisiert. Diese mögliche Kreativität macht am meisten Spaß und dort entsteht auch die Comedy.

Außerdem laufe ich seit acht Jahren durch Berlin und frage mich schon manchmal: „Ist das quasi eine Installation?“, denn das sieht nach Aufwand aus. Also fragte ich mich ob hinter dem ein oder anderen Müllberg eine Geschichte steht und fand es absurd, skurril und lustig. Und da wir in Deutschland sind, kann es kein freier Künstler sein, sondern es gibt direkt eine Behörde dafür. Behörden besitzen an sich schon was Skurriles mit ihrer Art, wie ernst sie sich und ihre Haltung nehmen. So war die Idee geboren. Seitdem ich dann auch noch einen Hund hatte und ständig aufpassen musste, dass er keine Döner ist oder man nicht in Scherben tritt, war mir klar, dass ich einen Film machen muss, um die Idee mit der Behörde aus meinem Kopf zu bekommen.

In welchem Rahmen ist Dein Film entstanden?

Randolph Herbst

Eigentlich ganz einfach: Ich bin Werbefilmregisseur und mache immer Werbung. Aber einmal im Jahr gönne ich mir ein Projekt fürs Herz. Als die Idee dann stand, brauchte ich nur noch einen Partner, denn alleine macht es keinen Spaß. Ich wollte schon lange mal mit Jannik Nolte zusammenarbeiten, einem guten Freund und Kameramann. Hinzu kam noch die Produktionsfirma EASYdoesit, mit der man sich über die Jahre ebenfalls angefreundet hat. Vor ihnen habe ich dann die Idee gepitcht und konnte sie davon überzeugen. So mache ich neben meinem normalen Alltag als Werbefilmregisseur immer wieder kleine, freie Projekte, um auch etwas für mich selbst zu schaffen.

Was lag Dir visuell am Herzen? 

Das ist eine der spannenden Fragen zu dem Film, denn wir haben uns ganz bewusst nicht für die Stilmittel einer Mockumentary entschieden. Also keine Zoomoptik, keine Schulterkamera wie beim Fernsehen. Eine Reportage mit Zooms und mit wildem Gerenne hätte womöglich auch funktioniert. Aber unsere Idee war es, da sich der Film, ebenso wie der Protagonist, so ernst nimmt, einen schönen Stil zu wählen. So wie eine Netflix-Dokumentation oder wie eine ‚Vimeo Staff Picked Dokumentation‘, die sich in ihren eigenen Bildern schön findet. Es gehört zum Storytelling dazu. Wir wählen hier ganz bewusst eine Bildsprache, die dem Zuschauer suggeriert, dass es ernst sein muss. Hier redet wirklich ein Künstler. Dass es sich aber um Comedy handelt, lösen wir erst nach und nach auf. Ich mag es generell, wenn eine Story visuell erzählt wird, also all das, was das Filmemachen ausmacht, wie die Wahl der Kamera, der Objektive sowie der Schnitt und die Musik, einer übergeordneten Idee zugeordnet werden kann. Diese suggeriert in jedem Frame Wichtigkeit und ich finde, dass das ganz gut gelungen ist mit anamorphotischen Objektiven, also mit einer Bildsprache, die sehr auf Ästhetik setzt. 

Wie hast Du Deinen Hauptdarsteller Randolph Herbst gefunden? 

Randolph Herbst

Auch ihn kannte ich bereits. Ich hatte zwar vorher ein Casting gemacht und mir bestimmt 15 Leute angeschaut, die aber nicht so recht passen, obwohl sie sich zum Beispiel optisch ins Bild einfügen, aber der Funke einfach nicht übersprang. Ich hatte bereits am Skript gezweifelt. Doch dann habe ich nochmal den Schauspieler Randolph, den ich bereits von anderen Projekten kenne und der mein Freund ist, angeschrieben. Er hat zehn Minuten die Rolle des Harris am Handy improvisiert und das hat mich überzeugt, obwohl er optisch nicht diesem älteren weißen Mann bei der deutschen Behörde entspricht. Doch zusammen mit ihm als Koautor habe ich die Story weiterentwickelt. Er hat eigene Ideen eingebracht und überzeugend improvisiert, was den Film besser gemacht hat. So habe ich mich für ihn entschieden, obwohl meine anfängliche Vorstellung eine andere war.

Hast Du schon Feedback von Berlinern, oder auch von anderen Großstädtern bekommen?

Randolph Herbst

Ja, ich habe den Eindruck, außerhalb Berlins kommt der Film fast besser an als in Berlin. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mich auch über Kunst lustig mache. Denn Berlin sieht sich als Stadt für Künstler aller Art und möchte so auch ernsthaft wahrgenommen werden, obwohl es vermutlich nur ihrem Bild in ihrer Bubble entspricht. Deswegen belustigt der Film Zuschauer von außerhalb mehr. Aber es gibt auch Leute aus Berlin, die mir immer wieder sagen, dass sie sich in dem Film wiedergefunden haben. 

Kannst Du mir am Schluss noch ein bisschen mehr von Dir erzählen und wie Du zum Film gekommen bist?

Grundsätzlich mache ich gerne Projekte für mich und habe nicht unbedingt Filmfestivals o.ä. im Sinn. Es sind Projekte fürs Herz. Wenn mich eine Idee amüsiert und ich merke, dass es auch andere entertaint, denen ich davon erzähle, dann denke ich, dass der Film an sich schon einen Wert hat. Ob sich das dann finanziell oder karrieremäßig auszahlt, ist vollkommen irrelevant, solange man Menschen zum Lachen bringt. Und ob man zehn Menschen zum Lachen bringt oder 5000 ist auch egal. So versuche ich, einmal im Jahr einen Film zu realisieren und damit auch meinen eigenen Stil zu finden.

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „The Art of Authenticity

Kommentar verfassen