Sieben Fragen an Sean Lìonadh

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit dem britischen Regisseur Sean Lìonadh konnten wir mehr über seinen Kurzfilm „Too Rough“, der auf vielen Festivals, u.a. auch auf dem 38. interfilm Berlin 2022 Preise gewann, erfahren, wie seine eigene Biographie die Geschichte geformt hat und warum er sich dem schwierigen Thema des Alkoholismus annimmt.

The original english language interview is also available.

Erzähl mir mehr über die Idee für Deine Geschichte. Zum Teil stecken wahre Erlebnisse dahinter, richtig?

Einmal musste ich einen Freund heimlich rausschmuggeln – da waren wir in diesem kleinen Zimmer gefangen und warteten darauf, dass die Luft rein war, und ich war voller Wut auf ihn, weil er mir so viel Stress gemacht hatte! Aber ich hatte mir das alles selbst eingebrockt, und das war nicht fair gegenüber dem armen Jungen. Ich dachte, dass sowohl dieser physische als auch der psychologische Raum eine wunderbare Begrenzung für einen Kurzfilm darstellen würde.

Besonders außergewöhnlich fand ich Deinen Blick auf das Thema des Alkoholismus und wie Du Dich diesem Thema näherst. Kannst Du mir mehr darüber erzählen?

Ruaridh Mollica und Joshua Griffin

Das kann ich, aber du solltest wissen, dass ich meinen Therapeut bezahlen muss, um darüber zu sprechen. Als Kind konnte ich nicht verstehen, warum meine Eltern getrunken haben. Und als ich dann erwachsen wurde, erkannte ich, dass es eine Einstiegsdroge in die Liebe ist. Es ist wie ein Paar Arme, das einen festhält (das ist nicht mein Angebot, Texte für Smirnoff zu schreiben). Ich wollte die Eltern, die großen Antagonisten des Films, als das darstellen, was sie am Ende sind – Kinder, die Liebe brauchen.

Was lag Dir visuell am Herzen?

Ich habe mir immer Nicks Körper vorgestellt, zerschrammt und angespannt und gefangen und all diese Ängste in sich tragend. 

Dein Cast ist großartig! Wie hast Du sie gefunden? Wie sind sie ihre Rollen angegangen – wie gut konnten sie sich da hineinversetzen?

Ruaridh Mollica und Kevin O’Loughlin

Wir haben mit der wunderbaren [Casterin] Simone Pereira Hind zusammengearbeitet und durch sie Ruaridh Mollica und Joshua Griffin entdeckt. Ruaridh arbeitete viel mehr mit seinem Instinkt und Joshua mit Recherche und Intellekt, und das ergab ein wirklich wunderbares Gleichgewicht. Wie jeder sehen kann, haben sie sich leidenschaftlich und absolut in ihre Rollen hineinversetzt.

Kannst Du Dir vorstellen, aus diesem Stoff auch einen Langfilm zu entwickeln?

Nein, ich denke, es ist wichtig, dass Geschichten für ihre Formen geschmiedet werden, und diese Geschichte war als Kurzfilm gedacht. Ich entwickle jedoch einen Spielfilm, der ähnliche Themen behandelt – vor allem das zentrale Thema des Selbsthasses.

Kannst Du mir noch ein bisschen mehr von Dir erzählen und wie Du zum Film gekommen bist?

Ruaridh Mollica und Joshua Griffin

Ich bin fast 25, Wassermann und lese gerade „Große Erwartungen“ von Charles Dickens, was ziemlich wunderbar ist. Ich bin zum Film gekommen, in dem ich in den Guerilla-Gräben von Glasgow alles gemacht habe, was ich konnte, ohne Budget und mit viel Stress. Ich studierte, brach mein Studium ab, arbeitete bei der BBC, brach auch dort mein Studium ab – und als ich den Produzenten Alfredo Covelli bei einem Drehbuchseminar kennenlernte, begaben wir uns gemeinsam auf einen Weg, den wir immer noch gehen und von dem wir sehr begeistert sind. Ross McKenzie kam zu uns, um „Too Rough“ zu produzieren und wird gemeinsam mit Alfredo auch meinen Spielfilm produzieren.

Sind bereits neue Projekte geplant?

Ruriadh Mollica und Joshua Griffin

Ja, der Film ist ein psychologischer Horror, in dem das Monster die Liebe ist – zumindest scheint es so! (Ich werde immer wieder gegeißelt, weil ich zu viel darüber erzähle, und mein Masochismus erstreckt sich zum Glück nicht auf mein berufliches Ich, also höre ich hier auf).

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker
Übersetzung von Michael Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Too Rough“


Interview: In our conversation with Scottish director Sean Lìonadh, we were able to learn more about his short film „Too Rough,“ which won awards at many festivals, including the 38th interfilm Berlin 2022, how his own biography shaped the story, and why he tackles the difficult subject of alcoholism.

Tell me about the idea for your story. Part of it is based on true events, right?

I had to sneak a boyfriend out once – there we were trapped in this little room, waiting for the coast to clear and I was full of rage at him for the stress he had brought me! But I had brought it all on myself and it wasn’t fair on the poor boy. I thought both this physical space and this psychological space would make a wonderful limitation for a short film.

I found your view on the subject of alcoholism and how you approached it particularly striking. Can you tell me about it?

I can, though you should know my therapist charges me to talk about it! As a child, I couldn’t understand why my parents would drink. And then when I grew up, I realized it was a gateway drug to love. It’s like a pair of arms holding you (not my pitch to write copy for Smirnoff). I wanted to present the parents, the great antagonists of the film, for what they were in the end – children in need of love.

What was visually close to your heart?

I always imagined Nick’s body, bruised and tense and trapped and holding all of that anxiety inside. 

Your cast is great! How did you find them? How did they approach their roles – how well did they get into them?

We worked with the delightful Simone Pereira Hind, and through her discovered Ruaridh Mollica and Joshua Griffin.  Ruaridh operated a lot more on instinct, and Joshue on research and intellect, and that made for a really wonderful balance. As everyone can tell, they got into their character passionately and absolutely.

Can you imagine developing a feature film from this material?

No, I think it’s important that stories are forged for their forms, and this story was made to be a short film. I am, however, developing a feature film that shares similar themes – primarily that central theme of hating yourself.

Can you tell me a bit more about yourself and how you got into film?

I am nearly 25, an Aquarius and currently reading Great Expectations by Charles Dickens, which is pretty miraculous. I got into film by making anything I could in the guerilla trenches of Glasgow, with no budget and a lot of stress. I studied, dropped out, worked at BBC, also dropped out of that – and when I met producer Alfredo Covelli at a screenwriting residency, we ended up on a path together which we still walk, and we’re very excited by. Ross McKenzie joined us to produce Too Rough and is also producing my feature with Alfredo.

Are there already new projects planned?

Yes, the feature is a psychological horror where the monster is love – or so it seems! (I keep getting flagellated for telling everyone too much about it, and my masochism fortunately doesn’t extend to my professional self, so I’ll stop there.)

Questions asked by Doreen Kaltenecker

Read on the german review of the short film „Too Rough“

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