Sechs Fragen an Lucija Mrzljak und Morten Tšinakov

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Interview: Im Gespräch mit den beiden estnischen und kroatischen Regisseur:innen Lucija Mrzljak und Morten Tšinakov konnten wir mehr über ihren Animations-Kurzfilm „Eeva“, der seine im Rahmen des ‚Berlinale Shorts‘-Programm der 73. Berlinale 2023 seine Internationale Premiere feierte, erfahren, wie es zu ihrer Zusammenarbeit kam und wie ein Traum am Beginn des Projekts stand. 

The original english language interview is also available.

Der Kurzfilm entstand aus einem Traum heraus, oder? Könnt ihr mehr zur Entstehung erzählen?

Ja, die erste Idee für die Geschichte stammt tatsächlich aus Mortens Traum. Er träumte von einer Szene, die wir im Film sehen – eine Szene, in der ein Specht mit seinem Schnabel eine Nachricht im Morsecode schreibt. Diese Szene erschien uns so interessant, dass wir eine Geschichte darum herum entwickelt haben.

Was würdet ihr sagen, ist der Kern eurer Geschichte?

Es ist in erster Linie eine Geschichte über den Verlust eines geliebten Menschen, über die Stadien der Trauer, aber auch eine Geschichte, die von der Komplexität menschlicher Beziehungen und den Geheimnissen der menschlichen Psyche handelt. Im Film verfolgen wir einen Tag in Evas Leben, wir folgen ihrer subjektiven Sicht auf die Welt und werfen sogar einen Blick in ihre Träume, die einige beunruhigende Geheimnisse offenbaren. Dennoch ist es ein Film, der offen für Interpretationen ist und keine Antworten gibt, sondern vielmehr Fragen aufwirft. Die Thematik des Films ist etwas schwierig, aber mit einer guten Portion Humor versehen.

Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit? Habt ihr eine klare Arbeitsteilung?

Morten und ich lernten uns an der Fakultät für Animation an der Estnischen Akademie der Schönen Künste kennen und merkten bald, dass wir etwas gemeinsam haben: Wir mögen den estnischen Sinn für Humor und Surrealismus. Nach unserem Abschluss führten wir bei unserem ersten gemeinsamen professionellen Film Regie, „Demonstration of Brilliance in Four Acts“, bei dem wir zum ersten Mal eine Koproduktion zwischen den beiden Studios Eesti Joonisfilm und Adriatic Animation machten. Dieser Film war unser erstes großes und ernsthaftes Projekt, bei dem wir wirklich viel gelernt haben. Er gewann den Grand Prix auf dem Etiuda & Anima Festival in Krakau und den Preis für den besten kroatischen Film auf dem Animafest Zagreb. So bildeten wir ein kreatives Team um uns herum, und danach führten wir Regie bei „The Stork“, der neben vielen Auszeichnungen auch den Publikumspreis beim Zagreber Animafest gewann und beim EFTA (National Estonian Film and Television Award) zum besten Animationsfilm gewählt wurde. Und so entstand im Jahr 2022 der Film „Eeva“.

Normalerweise schreibt Morten die erste Fassung des Drehbuchs, und danach arbeiten wir gemeinsam an jedem Aspekt des Films. Die Geschichte änderte sich im Laufe der Produktion und erhielt neue Varianten, wir planten jedes Detail der Szenen, das Design der Figuren, die Inszenierung der Bewegungen, den Rhythmus, den Schnitt usw. Der Film wird wie ein Mosaik oder eine Collage aufgebaut, die erst im Laufe der Zeit ihre endgültige Form annimmt. Neben der visuellen Seite sind auch Musik und Sounddesign in den Filmen sehr wichtig für uns. In den frühen Stadien der Animationsentwicklung denken wir darüber nach, welche Art von Sound die visuellen Bilder begleitet. Bei den letzten beiden Filmen zeichnet Morten für die Musik verantwortlich, und in einigen Teilen begleite ich ihn mit Geige und Stimme.

Erzählt mir bitte mehr zu den Animationen und was euch dabei am Herzen liegt.

An dem Projekt waren vier Animateure beteiligt, darunter ich und Morten. Normalerweise planen wir die Bewegungen der Figuren bis ins kleinste Detail. Rhythmus und Tempo sind sehr wichtig, und auch die Musik und der Ton beeinflussen die Art und Weise, wie sich die Figuren bewegen. Die schönsten und interessantesten Szenen sind für mich die Traumsequenzen, weil sie so surreal sind und eine seltsame Atmosphäre haben.

Würdet ihr sagen, ihr habt euren Stil gefunden? Werdet ihr diesen in Zukunft treu bleiben?

Ich kann sagen, dass ich mit diesem Film sehr zufrieden bin und es scheint, als hätten wir einen persönlichen Stil entwickelt, aber natürlich geht die Reise weiter und jedes neue Projekt ist eine Chance, etwas Neues auszuprobieren.

Sind bereits neue Projekte – allein oder zusammen – geplant?

Im Moment arbeite ich (Lucija) an einem Musikvideo in Zusammenarbeit mit einem estnischen Musiker und schreibe langsam ein neues Drehbuch. Es ist schön, mit „Eeva“ zu einigen Filmfestivals zu reisen, bevor wir uns in ein neues Filmprojekt stürzen. Morten hat ein neues Studium begonnen, er studiert im Moment Computerprogrammierung, wir werden sehen, wohin ihn das führen wird.

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker
Übersetzung von Michael Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Eeva


Interview: In our conversation with the two Estonian and Croatian directors Lucija Mrzljak and Morten Tšinakov, we were able to learn more about their animated short film “Eeva“, which celebrated its International Premiere as part of the ‘Berlinale Shorts’ program of the 73rd Berlinale 2023, how their collaboration came about and how a dream stood at the beginning of the project.

The short film arose out of a dream, didn’t it? Can you tell me more about how it came about?

Yes, the first idea for the story actually came from Morten’s dream. He dreamed a scene that we see in the movie – a scene where a woodpecker writes a message in morse code with its beak. That scene seemed so interesting that we then created a story around it. 

What would you say is the core of your story?

It is primarily a story about the loss of a loved one, about the stages of grieving, but also a story that deals with the complexity of human relationships and the mysteries of the human psyche. In the film, we closely follow one day in Eva’s life, we actually follow her subjective view of the world and even peek into her dreams, which reveal some disturbing secrets.

Nevertheless, it is a film that is open to interpretation and does not provide answers but rather raises questions. The subject matter of the film is somewhat difficult, but with a good dose of humor.

How did you come to work together? Do you have a clear division of labor?

Morten and I met in the animation department at the Estonian Academy of Fine Arts and soon realized that we have something in common, we like the Estonian sense of humor and surrealism. After graduation, we directed our first professional film together, “Demonstration of Brilliance in Four Acts”, where we made a co-production between the two studios Eesti Joonisfilm and Adriatic Animation for the first time. That film was our first big and serious project where we really learned a lot. It won the Grand Prix at the Etiuda & Anima festival in Krakow, and the award for the best Croatian film at Animafest Zagreb. So this is how we formed a creative team around us and after that, we directed “The Stork”, which, in addition to many awards, also won the audience award at the Zagreb Animafest and was chosen as the best  animated film at the EFTA (National Estonian Film and Television Award). And so, in 2022, the film “Eeva” was created.

Usually Morten would write the first version of the script and after that we would work together on every aspect of the film. The story would change throughout the production and get new solutions, we would plan every detail of the scenes, character design, movement orchestration, rhythm, editing, etc. The film would be built like a mosaic or collage that only took its final form over time. Also, in addition to the visual side, music and sound design in the films are very important to us. In the early stages of animatics development, we think about what kind of sound accompanies the visuals. Morten signs the music in the last two films and in some parts I  accompany him with violin and voice.

Please tell me more about the animation process and what was close to your heart.

There were four animators on the project including me and Morten. Usually we plan the character’s movements in meticulous detail. Rhythm and pacing is very important, also we the music and sound affects the way characters move. To me the favorite and most interesting scenes are the dream sequences, because they are so surreal and have a strange atmosphere.

Would you say you have found your style? Will you stay true to it in the future?

I can say I’m quite happy with this film and it seems like we developed a personal style, but of course the journey continues and every new project is a chance to try something new.

Are there already new projects – alone or together – planned?

At the moment I (Lucija) am working on a music video in collaboration with an Estonian musician and slowly writing a new script. It’s nice to travel to some film festivals with “Eevabefore jumping into a new film project. Morten started a new MA, he’s studying computer programming at the moment so we will see where this will take him.

Questions asked by Doreen Kaltenecker

Read on the german review of the short film “Eeva

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