- „Die Sirene“ (2023) - 28. November 2023
- 57. Internationale Hofer Filmtage 2023 - 27. November 2023
- Jetzt Online! – Der Kurzfilm „Ghost Train“ - 26. November 2023
Wie kam es, dass Du Dich entschieden hast, die Geschichte Deiner Großmutter und ihre häuslichen Gewalterfahrungen zu erzählen?
Eigentlich haben ich und mein Kollege Jakob Krese darüber gesprochen, einen Langfilm über häusliche Gewalt zu machen. Bei meinen Recherchen habe ich dann darüber nachgedacht, ob es nicht wichtig wäre, meine Großmutter zu befragen (solange es noch geht). Dann sind meine Eltern umgezogen und meine Mutter meinte, sie entsorge das alte Super-8-Material von meinem Vater und seinen Eltern (das sie die ganze Zeit aufbewahrt hatte). Ich nahm das Filmmaterial an mich und beim Sichten erstaunte mich die Inszenierung der heilen Familie und die Ausgelassenheit meines Großvaters, den ich nicht so in Erinnerung hatte (er starb, als ich 10 Jahre alt war). So kam die Idee, mit meiner Großmutter das Material anzuschauen und gemeinsam dahinter zu blicken.
Wie konntest Du Deine Großmutter von diesem Projekt überzeugen und wie war es mit ihr, diese Super-8-Filme zu sehen?
Über welchen Zeitraum habt ihr zusammen geschaut und die Interviews mit ihr aufgenommen?
Ich hatte schon vor dem Dreh mit meiner Großmutter über die häusliche Gewalt und meinen Großvater gesprochen, aber wir haben vier Tage gedreht, in denen das Material im Loop über die Leinwand lief. So kamen dann auch immer wieder neue Bezüge zum Material auf.
Wie groß war Dein Team und wie lange hat der Film insgesamt für seine Realisierung benötigt?
Außergewöhnlich und gelungen finde ich es, dass ihr die Aufnahmen nachvertont habt. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Wir wollten im Sound Design einerseits die Zuschauer:innen eintauchen lassen in diese ‚heile‘ Welt der 50er und 60er Jahre. Andererseits haben wir durch die Verfremdung der Töne auf der auditiven Ebene anklingen lassen, dass etwas nicht stimmt mit dieser Idylle. Gaston hat viele Töne, die es auf der Bildebene gab oder die mit Haushalt verbunden waren (z.B. Wasser, Glas) als Ausgangspunkt genommen und damit nicht nur Soundeffekte erzeugt, sondern auch Musik komponiert. Uns war immer wichtig, die Zuschauer:innen nicht in einen emotionalen Zustand zu drängen, sondern ihnen Raum zu geben, über das, was sie sehen und hören, nachdenken zu können.
Wie hat Deine Familie den finalen Film aufgenommen?
Kannst Du mir noch ein wenig von Dir erzählen und wie Du zum (Dokumentar-)Film gekommen bist?
Ich habe Sozialanthropologie studiert und wir hatten im Studium einen Schwerpunkt auf visueller Anthropologie. Ich habe in diesem Rahmen viele Dokumentarfilme gesehen und diskutiert, mein Fokus lag aber damals auf Photographie. Dann habe ich während meiner Promotion – eher aus der Not heraus – einen Dokumentarfilm geschnitten und das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich wusste, dass ich nicht an der Uni bleiben will und habe dann nochmals Montage an der Filmuniversität in Babelsberg studiert. Dort habe ich Jakob kennengelernt, mit dem ich unsere Produktionsfirma Majmun Films gegründet habe, um unsere eigenen Stoffe zu realisieren. Die anthropologische Forschung hat viel mit dem Dokumentarfilme-Machen gemein und so bin ich bei dem gelandet, was mir sehr viel bedeutet.
Weißt Du schon, wann und wie man deinen Film in Deutschland sehen werden kann?
Der nächste Termin ist auf dem FilmZ Festival des Deutschen Kinos in Mainz und ich hoffe, dass der Film noch bei ganz vielen anderen Festivals in Deutschland läuft. Ich fürchte, er wird aber keinen Kinostart bekommen, da die Verleiher gerade sehr kämpfen müssen und nur Dokumentarfilme ins Kino bringen, bei denen sie sich große Besucherzahlen versprechen.
Anmerkung: Über unsere Facebook– und Instagram-Seite von Majmun Films posten wir immer die Festivalteilnahmen und Screenings.
Hast Du schon neue Projekte geplant?
Ich arbeite weiterhin an dem Langfilm zu den strukturellen Ursachen von häuslicher Gewalt, das Projekt ist aber noch in der Anfangsphase. Gerade schneide ich noch zwei Langfilme und produziere zwei Langfilme, es gibt also genug zu tun und ich hoffe sehr, dass wir noch lange Kino-Dokumentarfilme machen können.
Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker
Lies auch die Rezension des Films „Home Sweet Home“