Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)
Filmkritik: Nur zwei Kurzfilmen gelang es bei dem 18. Landshuter Kurzfilmfestival 2017, gleich zwei Preise zu gewinnen. Der Preis für die beste Komödie und der Publikumspreis gingen an den Kurzfilm “Obst & Gemüse” des Filmemachers Duc Ngo Ngoc, der mit seinem 30-minütigen Film eine warmherzige Geschichte über den Aufprall zweier Kulturen erzählt.
Als der Sohn Duc (Tutty Tran) beschließt, zum Studieren nach Leipzig zu gehen, braucht sein Vater Nguyên (Long Dang Ngoc) in seinem Berliner Obst- und Gemüseladen Hilfe. Der Prolet Harry (Patrick Heinrich), der seine Zeit vor allem mit Saufen und Fußball schauen verbringt, scheint zunächst die beste Wahl zu sein. Als Duc abreist, prallen die unterschiedlichen Mentalitäten von Harry und Nguyên aufeinander, doch nach und nach erkennen sie Gemeinsamkeiten und stärken einander den Rücken.
Ursprünglich plante der Filmemacher Duc Ngo Ngoc (*1988), der seit 2015 an der Babelsberger Filmuniversität Konrad Wolf studiert, einen Dokumentarfilm über seinen Vater Nguyên und dessen Laden-Aushilfe zu drehen. Weil dieser kamerascheu ist, verarbeitete der Regisseur zusammen mit dem Autor Johannes Rothe die Geschichte zu einem Spielfilm. Dabei blieben autobiographische Elemente vorhanden, sie bauten aber auch Details aus dem Leben der Darsteller mit ein. Beispielsweise stammt die Gitarren-Leidenschaft des Ladenbesitzers von dem Schauspieler Long Dang Ngoc. Der YouTube-Star Tutty Tran brachte seine Fitness-Affinität mit ins Spiel. Entstanden ist im Gesamten eine Geschichte, welche mit ihrem treffsicheren Humor trotzdem ein authentisches Bild liefert. Vor allem mit dem Mittel der Übersteigerung und einem liebevollen Blick für Details schuf Duc Ngo Ngoc die stimmige Komik in dieser Dramödie. Dafür besitzt er das richtige Feingefühl und kann so die Zuschauer in die Geschichte einbinden mit seinen beiden liebenswerten Figuren, welche zwar stereotyp angelegt sind, aber dann doch genug von der Norm abweichen und viel Herz besitzen. Dazu packt er auch etwas Gesellschaftskritik in den Film mit hinein, vor allem was die Problematik der Gentrifizierung angeht. Diese ist aber subtil eingewebt und nie aufdringlich oder störend. Abgerundet wird das Ganze durch die sehr gut gewählten Darsteller, die alle das richtige Gespür für Komik besitzen. Auch der wunderbar überzeichnete Laden, welcher wirklich in Besitz von Duc Ngo Ngocs Vater ist und mit diversen kitschigen Dingen ausgestattet wurde und der souveränen Kameraarbeit von Valentin Selmke ergänzen das stimmige Bild..
“Obst und Gemüse”-Filmregisseur Duc Ngo Ngoc und seine Produzentin Lisa Bayer
Fazit: Mit seinem zweiten Kurzfilm “Obst & Gemüse” schuf Duc Ngo Ngoc eine amüsante Geschichte, welche mühelos mit Stereotypen und Klischees spielt und es dabei schafft, nie ihren realitätsnahen Grundton zu verlieren. Zudem ist der 30-minütige Kurzfilm ein stimmiges Gesellschaftsstück, das zwei Kulturen aufeinander prallen lässt und damit die heutige Zeit mit ihren Problemen auch wunderbar widerspiegelt. Mit seiner stimmigen Inszenierung, dem pointierten Humor und seinen sehr gut ausgewählten Darstellern besticht “Obst und Gemüse” in jeder Hinsicht und hat sich wahrlich die beiden Trophäen verdient.
4 Gedanken zu ““Obst & Gemüse” (2017)”