“The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” (2017)

Doreen Kaltenecker
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2018 / 90. Oscarverleihung / 13 Nominierungen / 4 Auszeichnungen

Poster zum Film "The Shape of Water"Filmkritik: Der mexikanische Filmemacher Guillermo del Toro (*1964) hat bisher sehr vielseitige Projekte verwirklicht. Darunter waren Filme wie der Monster-Clash “Pacific Rim” (2013), die etwas andere Superheldensaga “Hellboy” (2004) und der von Kritikern und Zuschauern hochgelobte “Pans Labyrinth” (2006), der auch drei Oscars erhielt. Nur der Regie-Oscar war damals nicht dabei, doch den konnte er nun, neben drei weiteren goldenen Männern, für seinen neuesten Film “The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” (OT: “The Shape of Water”, USA; 2017) gewinnen.

© Twentieth Century Fox

Die stumme Elisa (Sally Hawkins) arbeitet in Baltimore der 60er Jahre als Putzfrau in einem geheimen Militärstützpunkt. Ihr Leben verläuft in den immer gleichen Bahnen. Sie verbringt die Tage mit Giles (Richard Jenkins), ihrem Nachbarn, und wischt zusammen mit Zelda (Octavia Spencer) nachts die Böden der Laboratorien und Toiletten. Als der Sicherheitschef Strickland (Michael Shannon) und der Wissenschaftler Dr. Hofstetler (Michael Stuhlbarg) ein Wesen (Doug Jones), halb Mensch halb Amphibie, ins Labor bringen, erkennt Elisa die Schönheit der Kreatur und verliebt sich in sie. Der Amphibienmann soll als biologische Waffe eingesetzt werden. Aus diesem Grund wird er gefoltert und misshandelt, was Elisa nicht zulassen kann und so plant sie ihre gemeinsame Flucht.

© Twentieth Century Fox

Dem Drehbuchautor Daniel Kraus kam bereits 2011 die Idee zu diesem Film. Zusammen mit dem befreundeten Regisseur Guillermo del Toro (*1964), welcher dann schlussendlich zusammen mit der Autorin Vanessa Taylor (*1970) das Drehbuch schrieb, wurde die Geschichte immer weiterentwickelt. Sie fügten der Grundidee nicht nur Sinnlichkeit hinzu, sondern kehrten die Gut-Böse-Verteilung aus klassischen Monsterfilmen um. So entstand eine märchenhafte Geschichte mit zahlreichen Reminiszenzen an das alte Monster-Horror-Genre und seine Filme wie “Frankenstein” (1931), ”Wolfman” (1979) und natürlich “Der Schrecken des Amazonas” (1954), der die schöpferische Grundlage für das Wesen lieferte. Aus diesen Filmen übernahm del Toro die Grundstimmung des einsamen Geschöpfes, kehrte aber nicht nur die Sichtweise um, sondern änderte auch die vermeintliche Bedrohung. Doch trotz aller fantastischen Elemente, ist der Film in der Zeitgeschichte verhaftet. Durch die Ansiedlung der Geschichte zur Zeit des kalten Krieges wird nicht nur die starke Präsenz des Militärs erklärt, sondern auch das Auftreten eines russischen Spions. Durch das Märchenhafte blitzt an vielen Stellen immer wieder die Realität durch, so wird hier unaufdringlich die Diskriminierung von Schwulen und Schwarzen thematisiert und angeprangert. Mit seinem erfolgreichen Film “Pans Labyrinth” (2006) schuf del Toro schon einmal einen funktionierenden Genremix, der zwischen Zeitgeschichte und Fantasie angesiedelt ist. Dies gelingt ihm hier erneut und er baut noch viele weitere Themen wie sexuelle Bestimmung, Emanzipation, Einsamkeit und vor allem die Liebe an sich ein, welche in den unterschiedlichsten Formen hier zu Tage tritt: die unmögliche Liebe, die Liebe zum Vaterland, die einsame Liebe und die undankbare Liebe werden von einzelnen Charakteren verkörpert. Die Botschaft, die am Ende steht, ist, dass die wahre Liebe keine Worte benötigt. Del Toro selbst sieht seinen Film als “eine wunderschöne, elegante Geschichte über Hoffnung und Erlösung als Gegengift zum Zynismus unserer Zeit”.

© Twentieth Century Fox

Die Mischung aus Märchen und Realität spiegelt del Toros Leidenschaft wieder, die Menschen gleichzeitig zu bezaubern und zu gruseln. Das gelang ihm wunderbar ins Pans Labyrinth und nicht so überzeugend in seiner Horrormärchen “Crimson Peak” (2015). Mit “Shape of Water” gelingt es ihm abermals, die Zuschauer mit recht expliziten Gewaltdarstellungen zu schockieren, aber gleichzeitig mit den fantastischen Bildern zu verzaubern. Um dies möglich zu machen, wurde eine einheitliche Vision von dem Setdesignerin Austerberry, dem Kostümbildner und Maskendesigner Mike Hill, dem Kameramann Dan Laustsen (*1954) sowie der gesamten Crew geschaffen. Dabei ging es um eine homogene Optik, die geprägt ist von Blautönen. So wurden die Forschungseinrichtung und Elisas Wohnung in Wasserfarben getunkt, ganz im Gegensatz zu Giles Wohnung, welche ein Ort der warmen Töne ist. Alle Farben und alle Outfits unterstützen den jeweiligen Charakter aufs Beste. Hinzu kommt eine wunderbare Lichtregie und eine handwerklich gute Kameraarbeit ganz im Sinne del Toros. Abgerundet wird das Ganze von dem großartigen Score des Komponisten Alexandre Desplat (*1961), der dafür auch den Oscar erhielt. Im Gesamten ergibt der Film ein stimmiges Bild, das man klar als einen ‘Guillermo del Toro’-Film identifizieren kann und bei dem er all seine Stärken vereint hat.

© Twentieth Century Fox

Doch nicht nur die Ausstattung und die Geschichte überzeugen, sondern auch das hervorragende Ensemble. Dieses wurde bis in die kleinsten Nebenrollen wunderbar besetzt und sie spielen ihre Rollen mit viel Leidenschaft und stets überzeugend. Neben der fantastischen Sally Hawkins (*1976, auch großartig in “Blue Jasmine” (2013) und “Maudie” (2016)), welche die stumme Elisa so real macht, überzeugen vor allem Richard Jenkins (*1947) als alternder Nachbar, der trotz eines verfahrenen Leben die Schönheit der Dinge erkennt, und Michael Stuhlbarg (*1968). Diesen kann man in noch zwei weiteren Oscar-nominierten Filmen (“Call me by your name” (2017) und “Die Verlegerin” (2017)) sehen. Er überzeugte bereits in dem Coen-Brüder-Film “A Serious Man” (2009), gibt hier aber eine bewegende Darstellung eines fragilen Mannes, der sich zwischen Heimatliebe, wissenschaftlicher Neugierde und Menschlichkeit entscheiden muss. Das aber schutzbedürftigste Wesen, der Amphibienmensch, wird von Doug Jones (*1960) gespielt, welcher bereits das sechste Mal mit del Toro zusammenarbeitet. Er war u.a. bei “Pans Labyrinth” und  bei “Hellboy” (2004) als Abe Sapien zusehen. Dieser wurde mit einem stimmigen, aufs genaueste angepasste Kostüm und bernsteinfarbenen Augen versehen, durch die er zeitweise sogar blind agieren musste. Er spielt Elisas Objekt der Begierde mit Charme und Grazie und kann so auch die Zuschauer davon überzeugen, dass man sich in ein solches Wesen ohne Probleme verlieben kann. Abgerundet wird der Cast von der schwatzhaften Zelda, gespielt von Octavia Spencer (bekannt aus “The Help” (2011) und “Hidden Figures: Unerkannte Heldinnen” (2016)), welche ein Sinnbild für die Zeit darstellt, aber gleichzeitig zeigt, dass es möglich ist den Mut aufzubringen etwas zu verändern. Michael Schannon (“Shelter”), der den Bösewicht-Antagonisten spielt, kehrt wunderbar Helden- und Rollenklischees ins Negative um und rundet das hervorragende Ensemble ab.

© Twentieth Century Fox

Fazit: Der Spielfilm “The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” gewann auf der Oscar-Verleihung vier Trophäen, darunter die Preise für den ‘Besten Film’, die ‘Beste Regie’, die ‘Beste Musik’ und das ‘Beste Szenenbild’. Jede davon hat Guillermo del Toros neuester Film mehr als verdient. Mit großem handwerklichen Geschick, fantastischen Schauspieler und einer berührenden Musik entführt uns del Toro in ein Märchen, das Hoffnung spenden soll, und trotzdem die Realität mit seiner harten Wirklichkeit einfängt. So ist der Film ein Schauermärchen mit Happy End, das berühren und vor allem durch und durch fesseln und entzücken kann.

Bewertung: 9,5/10

Kinostart: 15. Februar 2018, DVD-Start: 31. Juli 2018

Der Trailer zum Film “The Shape of Water”:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

Diese Rezension ist als Teil der Oscar-Reihe der Testkammer erschienen.

7 Gedanken zu ““The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers” (2017)

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