„Paradies ’89“ (2018)

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Filmkritik: Der für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geeignete Spielfilm „Paradies ‘89“ (OT: „Paradīze ’89“, Lettland, Deutschland, 2018) von Madara Dišlere erzählt von dem großen Umbruch des Landes und wie ihn die Bevölkerung und speziell die Kinder wahrgenommen haben.

Die beiden Schwestern Paula (Magda Lote Auziņa) und Laura (Līva Ločmele) besuchen im Sommer 1989 ihre Cousinen Maija (Marta Ģertrūde Auzāne) und Linda (Evelīna Ozola) auf dem Land. Da ihre Eltern viel arbeiten müssen, sind diese Sommerferien für die vier Mädchen wie ein Paradies, in dem sie so viel machen, essen und entdecken können, wie sie wollen. Dabei geht Paula auf Erkundungstour im Dorf und trifft den jungen Rebellen Jonas (Mantas Bendziu), von dem sie fasziniert ist. Nebenbei bekommen die Mädchen vor allem Paula die Aufbruchstimmung im Lettland des Jahres 1989 mit, welches nach dem Sommer und einer friedlichen Demonstration ein anderes sein wird.

Die Filmemacherin Madara Dišlere (*1980) verarbeitet in ihrem Film, für den sie auch das Drehbuch schrieb, eigene Erfahrungen aus ihrer Kindheit und gibt so aus kindlicher Sicht die Ereignisse jener Zeit wieder. In diesem Geschichte steckt viel drin. Es ist nicht nur eine autobiographische Wiedergabe und eine Coming-of-Age-Geschichte, sondern auch ein politischer und historischer Film. Diese Bereiche fügt sie mühelos zusammen und so eignet sich der Stoff auch schon für junge Zuschauer, welche so mehr von der lettischen Geschichte und den umwälzenden Ereignissen des Jahres 1989 erfahren. Dazu kommt das Lebensgefühl eines schönen Sommers, in dem alles möglich erscheint und man sich weiterentwickelt, in welches sich viele junge Zuschauer hineinversetzen können und manche Ältere noch aus der Erinnerung kennen. Diese Mischung macht den Film „Paradies 89“ zu einem gelungen Geschichts-Coming-of-Age-Genremix, welcher alle Altersklassen anspricht.

Dazu trägt auch viel die Optik des Films bei. In warmen Farben, die einem den Sommer spürbar machen, und mit idyllischen, ländischen Bildern fängt Dišlere die Szenerie ein. Aus eigenen Erinnerungen gespeist entstehen Filmaufnahmen voller Harmonie, die die Entdeckungsfreude der Kinder bestärken. Trotz aller Lieblichkeit achtet Dišlere darauf, dass das Zeitkolorit authentisch bleibt und entführt die Zuschauer so in eine vergangene Zeit. Auch die politischen, vor allem friedlichen Aktionen durchbrechen die Optik nicht, sondern gehen mit ihrer Hand in Hand. Das unterstreicht die friedlichen Absichten der Revolution, welche in der zwei Millionen Menschen langen Menschenkette quer durch die drei baltischen Staaten ihren Höhepunkt fand. In fast klassischer Hollywoodmanier untermalt Dišlere die Geschehnisse mit passender Musik und hat zudem die richtigen Kinderdarsteller, welche die Charaktere zwischen Putzigkeit, Hartnäckigkeit und Entdeckerfreude gut einfangen und zeigen wie es sich anfühlt, einen Sommer lang die Erwachsenen im Haus zu sein.

Fazit: Madara Dišleres Jugendfilm „Paradies 89“, welcher für große und kleine Zuschauer gleichermaßen geeignet ist, erzählt von einem mit autobiographischen Erinnerungen ausgeschmückten Sommer, welcher nicht nur vom Erwachsenwerden handelt, sondern auch von den politischen Veränderungen im Land. Dabei fängt sie die Stimmung, das Zeitkolorit und die Ereignisse gut ein und macht daraus einen stimmigen Film, der scheinbar mühelos die verschiedenen Genre vereint.

Bewertung 7,5/10

Kinostart: 22. Februar 2018

Trailer des Films „Paradies ’89“

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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