„Rehearsal“ (2021)

Doreen Kaltenecker
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Kurzfilm / Nigeria / Fiktion / 2021

Filmkritik: Der nigerianische Kurzfilm „Rehearsal” von Michael Omonua, gesehen im Rahmen des Berlinale Shorts Programms 2021, lässt die Grenzen in seinem Film absichtlich verschwimmen und lädt die Zuschauer:innen dazu ein, über Religion und deren zum Teil inszenierten Charakter nachzudenken.

Eine Gruppe von Menschen probt unermüdlich die Inszenierung von religiösen Motiven. Dafür wirbt der Pastor-Darsteller (Brutus Richard) eine neue Schauspielerin (Ruby Akubueze) an und spielt alle Themen von der Wunderheilung bis zum Exorzismus mit allen durch, denn jedes Detail muss stimmen.

Chimezie Imo, Ruby Akubueze, Brutus Richard

Der mittlerweile vierte Kurzfilm des 1985 in London geborenen Filmemachers Michael Omonua, der viele seiner Filme in Nigeria realisiert hat, beschäftigt sich mit einem gesellschaftsrelevanten Thema und spielt gleichzeitig mit der Wahrnehmung der Zuschauer:innen. Denn der Regisseur lässt sie absichtlich im Unklaren darüber, wo sie hier genau zuschauen. Sehen wir die Probe eines Theaterstücks oder werden hier mit größter Ernsthaftigkeit im Verborgenen religiöse Riten vorbereitet? Die durchgeführten Handlungen erinnern dabei nicht an normale religiöse Zeremonien, sondern an Effekt-Prediger, welche Menschen Dämonen austreiben und sie auf wundersame Weise von ihren Leiden befreien. Hervorragend besetzt hält dieser Film die aufgebaute Ambivalenz bis zum Schluss aufrecht und überlässt dem Publikum die Einordnung der Ereignisse. Dieser Interpretationsfreiraum hat ebenso seinen Reiz wie die spielerisch verpackte Kritik an der Religion selbst. So wird auch ein Missbrauchsfall in Szene gesetzt. All das inszeniert Omonua, der für seine Geschichte auch das Drehbuch schrieb, in dunklen Räumen, mit gedämpftem Licht und farblich abgestimmter Kleidung. So entsteht eine Kühle, welche die Wirkung der Handlung noch verstärkt. Der 14-minütige Kurzfilm geht unter die Haut und hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, ohne dabei anzuprangern. Stattdessen schafft es der Film, aufgrund der Absurdität mancher Szenen, das Publikum sogar zum Schmunzeln zu bringen. 

Fazit: In „Rehearsal“ wohnen die Zuschauer:innen Proben für eine religiöse Zeremonie bei oder ist es doch nur Theaterstück? Der Regisseur und Drehbuchautor Michael Omonua erzählt in dichter Atmosphäre, mit perfekt ausgewählten Darsteller:innen und einer absichtlichen Unklarheit von diesen Vorbereitungen und schuf so einen kritischen Kurzfilm, der das Publikum mit seiner Ambivalenz in den Bann zieht.

Bewertung: 7/10

Den Kurzfilm „Rehearsal“ hier anschauen:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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