Acht Fragen an Ivana Bošnjak Volda und Thomas Johnson Volda

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Interview: Im Gespräch mit den beiden Filmemacher:innen Ivana Bošnjak Volda und Thomas Johnson Volda konnten wir mehr über ihren Animationsfilm „Remember How I Used to Ride a White Horse“, der auf dem 65. DOK Leipzig 2022 seine Europapremiere feierte, erfahren, warum sie sich wieder für die Stop-Motion-Technik entschieden haben und wie sie es geschafft haben, Apathie über Bilder und Sound zu transportieren.

The original english language interview is also available.

Wie kam es zu der Geschichte über Apathie?

Das ursprüngliche Konzept für den Film „Remember How I Used to Ride a White Horse“ entstand aus einem Gefühl der Apathie und der Melancholie, die entsteht, wenn man nicht weiß, wie es weitergehen soll. Das sind Gefühle, die uns in der Vergangenheit geplagt haben und die unseren kreativen Antrieb blockieren oder behindern. Ich nehme an, dass dies unser Ausgangsthema war, aber wir entwickeln unsere Filme in der Regel von einem visuellen Standpunkt aus. Neben der Idee der Apathie haben wir also Bilder zu bestimmten Momenten oder Szenen im Film geschaffen, die sich später verzweigen und die Struktur des Films bilden. 

Wieder habt ihr euch für einen Stop-Motion-Puppentrick mit einer sehr hohen Stofflichkeit entschieden. Warum habt ihr das Medium wieder gewählt?

Dies ist unser dritter Film, bei dem wir gemeinsam Regie geführt haben, und wie bei den beiden vorherigen haben wir die Technik der Stop-Motion-Animation verwendet. Es ist eine Technik, die uns beide so sehr anspricht. Vielleicht ist es eine Abhängigkeit, die nur schwer zu stoppen ist. Die Physikalität der Stop-Motion-Technik trägt dazu bei, den Film zu festigen und zu erden. Wenn man sich Stop-Motion-Filme anschaut, kann man die Materialität wirklich spüren, der Zuschauer wird sich der Realität der Objekte und ihres Raumes bewusst, und bei diesem Film war es uns wichtig, diese Realität zu ‘korrumpieren’ und das Unheimliche zu stören.  

Was lag euch visuell am Herzen? Bezieht ihr euch auf Vorbilder? Ich fühlte mich beim Sehen sehr an Andrej Tarkowski erinnert.

Die Atmosphäre des Films ist für unser visuelles Design von zentraler Bedeutung. Im Gegensatz zu unserem vorherigen Kurzfilm „Imbued Life“ hatten wir bei diesem Film nicht das Bedürfnis, die Szenografie mit reichhaltigen Details zu überfrachten. Dieser Film ist in seinen szenografischen Details eher minimal. Außerdem waren wir durch die Größe unseres “Studios” eingeschränkt, das nur etwa zwei Quadratmeter Platz für die Kulissen bot, da wir den gesamten Film in unserem Wohnzimmer gedreht haben. Wir sind beide große Fans von Andrej Tarkowskijs Filmen, und obwohl „Stalker“ keine bewusste Inspiration für die Zuckerszene im Film war, freuen wir uns, dass das Publikum eine Ähnlichkeit bemerkt hat. Ein Regisseur, dessen Arbeit uns bewusster für diesen Film inspiriert hat, ist Roy Andersson [Anm. d. Red. „Eine schwedische Liebesgeschichte“ (1970)]. Wir wollten, dass sowohl die Atmosphäre der Café-Szene als auch die Farbpalette unseres Films eine Hommage an Anderssons Stil ist.

Warum spielt die Sprache keine große Rolle in dem Film?

Es ist interessant, dass du das herausgestellt hast. In der Tat war in einem frühen Stadium der Filmidee ein Dialog oder besser gesagt ein Monolog vorgesehen, der in diesem Film viel stärker zum Tragen kommen sollte. Die Figur, die dem Mann mit den Kopfhörern gegenübersitzt, sollte ursprünglich in ihren Szenen ununterbrochen schwafeln und eine Art Tirade über das Thema Apathie halten. Wir nannten die Figur auch dann noch “Talker”, als wir beschlossen, seinen Monolog zu streichen. Während der Entwicklung entschieden wir, dass seine Sprechrolle zu viel gewesen wäre und eher eine wörtliche Auseinandersetzung mit dem Thema gewesen wäre. Wir haben uns stattdessen für eine poetische und minimalistische Prosa entschieden, die den Fokus mehr auf die Protagonistin des Films, die Kellnerin, legt.

Das Sounddesign ist fantastisch. Erzählt mir ein bisschen mehr dazu?

Ich danke dir. Wir haben sehr eng mit dem Sounddesigner Hrvoje Nikšić zusammengearbeitet. Der Ton spielt in diesem Film eine wesentliche Rolle, nicht nur, weil wir eine Figur haben, die die diegetischen Geräusche des Cafés aufnimmt, den Rhythmus der sich wiederholenden surrealen Ritterszenen und auch als Störfaktor für die Atmosphäre. Wir waren beide sehr glücklich, mit Hrvoje zu arbeiten, und als wir die komplette Komposition im Tonstudio sahen und hörten, ergaben die Fragmente des Films zusammen einen Sinn. 

In welchem Rahmen habt ihr den Film umgesetzt? Wie lange habt ihr daran gearbeitet und wie groß war euer Team?

Die Filmproduktion dauerte nur etwa 18 Monate. Ivana und ich sind ziemlich geschickt darin geworden, unsere Kurzfilme zu organisieren und zu animieren. Da dieser Film keine großen Landschaften beinhaltete, war er viel überschaubarer als unsere vorherigen. Wir haben fast das gleiche kleine Team für alle unsere drei Kurzfilme beibehalten. Außer uns beiden gibt es noch ein kleines Produktionsteam, darunter unseren Kameramann Ivan Slipčević und die Cutterin Iva Kraljević. Unser guter Freund Bruno Razum (der auch Stop-Motion-Filmregisseur ist) hat uns beim Clean-up und Compositing geholfen, und unsere liebe Freundin Kata Gugić hat die Puppenkostüme gemacht. Es ist so wunderbar, mit unseren Freunden an diesen Filmen zu arbeiten, die Animationsgemeinschaft in Kroatien liegt uns sehr am Herzen.

Wie ist es euch seit unserem letzten Interview vor zwei Jahren ergangen?

Wir haben unglaublich viel zu tun gehabt. ” Remember how I used to ride on a white horse” wurde hauptsächlich während der Pandemie gedreht. Zu unserem Glück waren die Einschränkungen überschaubar, denn die Animationen wurden ausschließlich von Ivana und mir sowie von Ivan Slipčević für die Beleuchtung gemacht. Vielleicht haben Gefühle von Isolation und Einsamkeit unsere Themen für diesen Film beeinflusst. Es war manchmal sehr schwierig, die Motivation zu finden, etwas zu schaffen, vor allem, wenn man Figuren animiert, die mit ihrem eigenen apathischen Zustand zu kämpfen haben.

Sind bereits neue Projekte geplant?

Neben verschiedenen anderen Projekten, an denen wir beteiligt sind, plane ich (Thomas) einen neuen Kurzfilm zu drehen. Es wird ein Stop-Motion-Puppenfilm sein, aber ganz anders als unsere bisherigen Arbeiten. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht dazu sagen. Wir haben beschlossen, unsere nächsten Filme als Einzelregisseure zu machen, aber wir werden an den Werken des jeweils anderen mitarbeiten. Wir sind immer noch sehr verliebt, und vielleicht werden wir eines Tages einen weiteren Film unter gemeinsamer Regie drehen.

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker
Übersetzung von Michael Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Remember How I Used to Ride a White Horse


Interview: In our conversation with the two filmmakers Ivana Bošnjak Volda and Thomas Johnson Volda, we were able to learn more about their animated film “Remember How I Used to Ride a White Horse“, which celebrated its European premiere at the 65th DOK Leipzig 2022, why they decided to use the stop-motion technique again and how they managed to convey apathy through images and sound.

How did the story about apathy come about?

The initial concept for the film “Remember How I Used to Ride a White Horse” came about from a feeling of apathy and the melancholia brought upon when one doesn’t know how to move forward. These are feelings which have troubled us in times of the past, disabling or hampering our creative drive. I suppose this was our starting theme but we usually create our films, starting from a visual place. So, alongside the idea of apathy, we were creating imagery relating to particular moments or scenes in the film which later branch out and spread to form the film’s structure. 

Again, you chose stop-motion puppet animation with a very high materiality. Why did you choose this medium once again?

This is our third co-directed film and akin to the previous two we have used stop-motion animation technique. It is a technique which appeals to us both so much. Perhaps an addiction which would be difficult to stop. The physicality of stop-motion helps to cement and ground the film. When watching stop-motion films one can really sense the materiality, the viewer becomes aware of the reality of the objects and their space, and with this film it was important for us to ‘corrupt’ this reality and upset the uncanny.  

What did you care about visually? Do you refer to any inspirations? I felt very much reminded of Andrei Tarkovsky while watching.

The film’s atmosphere is central to our visual design. Unlike our previous short “Imbued Life” with this film we didn’t feel a need to overwhelm the scenography with rich details, this film is more minimal in its scenography detailing. Also, we were restricted by the size of our ‘studio’ space, which limited us to about 2 square meters of set space, because we shot the whole film in our apartment living room. We are both huge fans of Andrei Tarkovsky’s films and whilst “Stalker” wasn’t a conscious inspiration for the sugar scene in the film, we are delighted that audiences have noticed a similarity. A director whose work was more consciously inspiring for this film is Roy Andersson. We wanted the atmosphere of the cafe scene as well as the color palette of our film to pay homage to Andersson’s style.

Why doesn’t language play a big role in the film?

It’s interesting that you’ve high-lighted this. In fact, at an early stage of the film idea dialogue or rather a monologue was going to feature much more in this film. The character sat opposite the man with the head-phones, was originally going to ramble continuously in their scenes, spouting out a sort of diatribe upon the subject of apathy. We actually continued to label the character the Talker even after deciding to remove all of his monologue. During the development we decided that his spoken role would have been too much and more of a literal examination of the theme. We choose to instead create a more poetic and minimal prose which puts the focus more upon the film’s protagonist, the Waitress.

The sound design is fantastic. Tell me a bit more about it.

Thank you. We were working very closely with the sound designer Hrvoje Nikšić. Sound plays an integral role in this film not only because we have a character who is recording the diegetic sounds of the cafe, the rhythm of repeating surreal knight sequences and also as a disruptor of the atmosphere ambience. We were both so happy working with Hrvoje and when we saw and heard the complete composition in the sound studio the fragments of this film made sense together. 

In what framework did you realize the film? How long did you work on it and how big was your team?

The film production was only about 18 months. Ivana and I have become quite adept at organizing and animating our short films. Because this film didn’t involve any vast landscapes it was a lot more manageable than our previous. We’ve kept almost the same small team for all of our three short films now. There is a small production team besides us two, including our DOP Ivan Slipčević and editor Iva Kraljević. Our good friend Bruno Razum (who is also a stop-motion film director) helped us to do the clean-up and compositing, and our dear friend Kata Gugić made the puppet costumes. It is so wonderful to work alongside our friends on these films, the animation community in Croatia is close to our hearts.

How have you been since our last interview two years ago?

We have been incredibly busy. “Remember how I used to ride on a white horse” was made mostly during the pandemic. Fortunately for us it was manageable during the restrictions because the animation was all done by Ivana, myself and with Ivan Slipčević setting the lighting. Perhaps feelings of isolation and loneliness aided our themes for this film. It was a huge struggle at times to find the motivation to create especially when animating characters battling with their own apathetic conditions.

Are there any new projects planned?

Aside from various other projects which we are involved with, I (Thomas) am planning to make a new short film. It will be a stop-motion puppet film, but very different to our previous works. I can’t say anything more at this time about it. We’ve decided to create our next films as individual directors but we will collaborate on each other’s works. We are still very much in love and perhaps one day in the future we will make another co-directed film.

Questions asked by Doreen Kaltenecker

Read on the german review of the short film “Remember How I Used to Ride a White Horse

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