Neun Fragen an Janina Lutter

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit der Regisseurin Janina Lutter konnten wir mehr über ihren 25-minütigen Kurzfilm „Die Schule brennt und wir wissen warum“, der auf dem 35. Filmfest Dresden im Jugend-Programm lief, erfahren. Sie erzählt darin, wie eigene Erfahrungen mit in die Geschichte hinein gespielt haben, wie glücklich sie mit ihrer Besetzung ist und wie es sich anfühlt, nachts in einer Schule zu drehen.

Kannst Du mir zur Entstehung der Geschichte erzählen und wie weit eigene Erfahrungen damit eingespielt haben?

Mir war früh klar, dass ich in meinem Bachelorfilm Teile meiner Schulzeit verarbeiten will. Ich habe damals oft Ungerechtigkeiten wahrgenommen, hatte aber nie den Mut, selbst einzugreifen. Diesen Konflikt hat nun auch meine Protagonistin Rita, die in dem Film ein anonymes Kunstprojekt macht, um auf die Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen.

Kannst Du mir zum Rahmen des Projekts erzählen – wie groß war euer Team, wie viel Zeit hattet ihr?

Joana Taskiran und Luna Kruse 2

Eigentlich mag ich es sehr gerne, im kleinen Team zu arbeiten. Für „Die Schule brennt und wir wissen warum“ waren wir aber in einer für studentische Produktionen relativ klassischen Teamgröße von etwa 20 Leuten pro Drehnacht. Wir haben in sechs Drehnächten und einem Drehtag gedreht und das ganze Projekt bis hin zur Premiere hat sich etwa über ein Jahr gezogen.

Was lag euch visuell am Herzen?

Da sich unsere Protagonistin selbst vor allem durch ihre Fotografien und Collagen ausdrückt, war uns wichtig, ihrer Kunst im Film viel Platz zu geben. Deshalb gibt es Sequenzen, in denen sie von ihren Erinnerungen an Mobbingvorfälle erzählt und wir nur ihre Fotos der leeren Tatorte dazu sehen. Das war für uns einerseits eine Möglichkeit, dass die Zuschauer*innen dazu aufgefordert sind, die leeren Orte mit eigenen Assoziationen zu füllen, andererseits ein guter Weg um die Reproduktion von Gewalt zu vermeiden. 

Bei allen Kunstformen, die uns im Film begegnen, hatte unsere Szenenbildnerin Clara Dörholt eine große Freiheit bei der Gestaltung, wodurch Ritas Kunst eine sehr individuelle künstlerische Handschrift trägt.

Ihr habt wirklich in einer realen Schule gedreht, oder? Wie war das?

Joana Taskiran und Luna Kruse 3

Das war sehr aufregend und ein riesiges Privileg, wie viel Vertrauen uns von Seiten der Schule entgegengebracht wurde. Schon in der Drehbuchphase konnte ich für Recherchezwecke Nächte in der Schule verbringen, mich inspirieren lassen und die Geschichte anhand der Location entwickeln. Und beim Dreh selbst fand ich es toll, wie viel Platz wir für alles hatten. Klassenzimmer wurden umfunktioniert zum Maskenraum, zum Techniklager oder zum Snack-Raum. Mittagessen gab es meistens so um ein Uhr nachts im Mensabereich und um zwischendurch wieder wach zu werden, konnte man im Computerraum Mario Kart auf der Wii spielen.

Der Cast ist ganz fantastisch – wie habt ihr die beiden Hauptdarstellerinnen gefunden? Wie gut haben sie sich in die Rollen hineinversetzen können?

Luna Kruse und Joana Taskiran

Joana Taskiran und Luna Kuse haben wir ganz klassisch über die Suche in Agenturen gefunden und in den Castings hat sich schnell herausgestellt, dass die beiden gut an ihre Figuren anknüpfen konnten und wunderschön miteinander harmonieren. Spannend war dabei auch der unterschiedliche Erfahrungswert, den die beiden mitbrachten: Joana stand für den Film zum ersten Mal vor der Kamera, während Luna vorher jahrelang bei „Schloss Einstein“ mitgespielt hatte. Das war aber auch eine spannende Dynamik, die wir gut für den Dreh nutzen konnten. In meiner Regiearbeit arbeite ich oft mit den Erfahrungen der Darsteller*innen, deshalb haben wir uns auch vorher viel über unsere Erinnerungen an unseren Schulalltag ausgetauscht und Mobbing ist ja leider ein Thema, dass uns an allen Schulen begegnet. 

Wie reagieren junge Menschen auf die Geschichte? Was habt ihr als Feedback aus dem Publikum mitbekommen?

Joana Taskiran

Beim Filmfest Dresden wurde das Programm ja von dem jungen Kuratorium zusammengestellt, deren junge Kurator*innen dann auch die Filmgespräche geführt haben. Das war sehr berührend von diesen jungen Menschen zu hören, dass ihnen der Film so viel bedeutet und ihnen vor allem die queere Repräsentation so gefällt. Das gibt mir unglaublich viel Kraft für meine nächsten Projekte.

Könntest Du Dir vorstellen, mit diesen Figuren weiterzuarbeiten? Ich würde den beiden auch über eine Langspielfilmdauer folgen.

Gerade gibt es noch keinen konkreten Plan, aus der Geschichte einen Langfilmstoff zu schreiben. Doch die Gefühlswelten von jungen Menschen und die Themen LGBTQIA+ und junger Aktivismus ziehen sich eigentlich durch alle meine Stoffe und in allen Figuren steckt auch immer ein Teil meiner ehemaligen Figuren.

Kannst Du mir noch etwas von Dir erzählen und wie Du zum Film gekommen bist?

Janina Lutter (Mitte) auf dem Filmfest Dresden

Ich habe – wie so viele – als Kind damals mit dem Camcorder angefangen und dann ein Jahr nach dem Abitur Film an der Hochschule Darmstadt zu studieren begonnen. „Die Schule brennt und wir wissen warum“ ist mein dortiger Abschlussfilm.

Sind bereits neue Projekte geplant – vielleicht auch gemeinsam mit Weggefährten aus der Uni?

Ohja, es sind immer Projekte geplant. Gerade sind wir in der Postproduktion unseres Kurzfilms „Wolke Z“, der das Thema der sexuellen Grenzüberschreitung zwischen Jugendlichen behandelt und sonst sind auch schon weitere Stoffe in der Entwicklung – immer in einem sehr ähnlichen Team wie von „Die Schule brennt und wir wissen warum“. Ich habe das Glück, dass ich im Studium eine tolle Gruppe gefunden habe und ich hoffe, dass wir uns auch auf dem Weg ins Berufsleben gegenseitig mitnehmen und unterstützen können.

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Die Schule brennt und wir wissen warum“

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