„The Adults“ (2023)

Doreen Kaltenecker
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Sophia Lillis und Michael Cera

Filmkritik: Der amerikanische Independent-Film „The Adults“ (OT: „The Adults“, USA, 2023) von Dustin Guy Defa, der auf der 73. Berlinale 2023 im Programm ‚Encounters‘ lief, ist ein Portrait dreier Geschwister, die sich entfremdet haben, und funktioniert vor allem als Schauspielerkino, in der die drei Hauptdarsteller:innen ihr vielfältiges Talent zeigen können.

Eric (Michael Cera) möchte nur auf einen kurzen Besuch in seine Heimat zurückkehren. Dabei hat er kein großes Interesse daran, mit seinen beiden Schwestern etwas zu unternehmen, sondern frönt lieber seiner Liebe zum Pokern. Doch seine ältere Schwester Rachel (Hannah Gross), die jetzt im Haus der verstorbenen Eltern lebt, besteht auf gemeinsamer Zeit. Sie möchte das Treffen, auch um der kleinen Schwester Maggie (Sophia Lillis) gut zuzureden, was ihre Pläne für die Zukunft betrifft. 

Hannah Gross und Michael Cera

Der Independent-Filmemacher Dustin Guy Defa (*1978), der bisher Filme wie „Person to Person“ (2017) realisierte, bewegt sich in seinen Filmen gerne zwischen Komödie und Drama und beschäftigt sich mit dem Zwischenmenschlichen. Hier geht es um ein familiäres Band, das das Erwachsenenleben beschädigt, ja beinahe zerstört hat. Er fängt dabei wunderbar die Ohnmacht ein, die entsteht, wenn man sich über die Zeit hinweg entfremdet hat. Wie knüpft man an alte Geschwisterbande an? Wie funktioniert ein Leben ohne die Eltern? Defa findet dafür Antworten. Die drei Hauptfiguren schaffen es nicht, sich real oder emotional einander zu nähern. Stattdessen flüchten sie sich in die Spiele ihrer Kindheit. Diese sollen die eigentlichen Themen und Probleme kaschieren. Doch das funktioniert genauso wenig wie ein finaler Schlussstrich. Auch wenn der Film keine Auflösung für diese doch typischen Dilemmas gibt, regt er an, darüber nachzudenken. Doch trotz der guten Grundidee verliert der Film im Verlauf seiner 91 Spielminuten an Schwung: Die Ohnmacht wird zwar greifbar, überträgt sich aber unangenehm auf den Film, so dass ein Gefühl von Schwere und auch von Langeweile aufkommt.

Michael Cera und Sophia Lillis

Warum der Film trotzdem einen gewissen Schauwert besitzt, liegt an dem Spiel der drei Hauptdarsteller:innen: Michael Cera („Juno“ (2007), „Year One“ (2009)) sieht man hier in einer ernsthaften Rolle. Er verkörpert seine Hauptfigur mit einer Schlurfigkeit und Ungeschicktheit, dass man gewillt ist, ihn aufzurütteln. An seiner Seite geben Hannah Gross („Joker“ (2019), „Tesla“ (2020)) und Sophia Lillis („Es“ (2017), „Gretel & Hänsel“ (2020), „I Am Not Okay with This“ (2020)) die Schwestern, die gegen das Schweigen und den Elefanten im Raum ankämpfen. Dabei entfalten alle drei ihre ganze Spielfreude und erwecken die Kindheitsspiele mit viel Herzblut zum Leben. So entstand hier ansprechendes Schauspielerkino in einem Setting, das von Defa mit hohem Authentizitätsanspruch inszeniert wurde. Leider kann das gute Spiel die Schwächen im Drehbuch nicht komplett ausgleichen. Doch trotzdem ist es wunderbar, dass es auch kleinere, unabhängig finanzierte Filme in die hiesigen Kinos schaffen und so ihr Publikum finden.

Sophia Lillis und Michael Cera

Fazit: „The Adults“ ist ein Drama von Dustin Guy Defa, der darin von den Hürden des Erwachsenseins genauso erzählt wie von verlorenen familiären Beziehungen. Auch wenn das Drehbuch ein paar Schwächen und Längen aufweist, ist das Spiel der drei Hauptdarsteller:innen Cera, Gross und Lillis hervorragend und offenbart ihr Talent auch für solche Stoffe.

Bewertung: 6/10

Kinostart: 8. Juni 2023

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

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