- Jetzt Online! – Der Kurzfilm „Polka-Dot Boy“ - 3. Dezember 2023
- Zehn Fragen an Stéphane Manchematin und Serge Steyer - 2. Dezember 2023
- „Suzanne from Day to Day“ (2023) - 2. Dezember 2023
Da ihre Mutter (Fiona O’Shaughnessy) Gretel (Sophia Lillis) und Hänsel (Sammy Leakey) nicht mehr ernähren kann, weil Gretel einem wohlhabenden Mann keine sexuellen Gefälligkeiten erweisen wollte, schickt sie sie in den Wald. Mit der alten Legende über ein bösartiges, vertriebenes Mädchen im Kopf streunen sie um her. Durch einen Jäger (Charles Babalola) bekommen sie eine Orientierung, doch trotzdem verlieren sie ihr Ziel aus den Augen, als sie auf ein Haus mitten im Wald stoßen. Ein reich gedeckter Tisch lockt die beiden hungrigen Geschwister an. Bewohnt wird das Haus von einer alten Frau (Alice Krige), welche großes Interesse an Gretel entwickelt. Doch während ihr Bruder sich nur den Magen vollschlägt, wird sie von Visionen heimgesucht und möchte schnellstmöglich diesen Ort wieder verlassen.
Hinzu kommt eine Inszenierung zwischen Drama, Horror und übertrieben gewollter Modernisierung des Märchenstoffes. Dabei kombiniert der Filmemacher die Elemente zu einem düsteren Cocktail, welcher aber gar nicht in diesem Maße (es kommen dabei auch ein paar ekligen Szenen vor) notwendig gewesen wäre. Alles ist hier dunkel, kalt, feucht und die Orte, welche Wärme ausstrahlen sollten, sind unangenehm gelblich ausgeleuchtet. Dazu kommen moderne Symbole und eine Ausgestaltungen (mit eher mittelmäßigen SFX-Effekten), welche überhaupt nicht dazu passen. Hier wurde zu viel Drumherum erzeugt, um ja eine abgrundtiefe Stimmung hinzubekommen. Das ist auch das Hauptanliegen des Musikansatzes, welcher unnachgiebig Schrecken verbreiten will, wo keiner ist. Obwohl der Film als Horror deklariert wurde, birgt er keinerlei Grusel. Aber als düstere Neuinterpretation des Stoffes mit Fokussierung auf Gretel funktioniert er leider ebenfalls nicht. Obwohl sie für die Besetzung die denkbar beste Darstellerin ausgewählt haben. Lillis, zuerst bei „Es“ (2017) und dann Hauptdarstellerin der Netflix-Serie „I Am Not Okay with This“ (2020) ist der große Gewinn des Films und der Grund, weswegen man länger an der Geschichte festhält, als eigentlich nötig. Doch die nicht nachvollziehbaren Entwicklungen in ihrem Charakter machen es dann doch unmöglich, dem Film genügend abzugewinnen und so beweist „Gretel & Hänsel“ leider nur, dass nicht jeder Genre-Mix funktionieren muss.
Fazit: Der amerikanische Spielfilm „Gretel & Hänsel“ bedient sich des alten Märchens, ordnet die Strukturen neu und macht daraus eine dunkle Coming-of-Age-Geschichte angereichert mit vielen Horrorelementen. Doch trotz seiner großartigen Darstellerin Sophia Lillis, die im Zentrum der Geschichte steht, funktioniert die Erzählung so nicht. Zu offensichtlich sollte hier Düsterkeit erzeugt werden, zu achtlos wurde dafür die Geschichte ausgefeilt und die Inszenierung setzt falsche Prioritäten. Zwischen Neo-Noir-Bildern, seltsamen zu modernen Elementen und dröhnender Musik bleibt kein Platz für eine gelungene Plotentwicklung, so dass der Film nicht einmal als purer Schocker funktioniert. Trotz einer guten Anfangsidee krankt der Film so nur an seinen Idealen.
Bewertung: 5,5/10
Kinostart: 9. Juli 2020 / DVD-Start: 13. November 2020
Trailer zum Film „Gretel & Hänsel“:
geschrieben von Doreen Matthei
Quellen:
- Pressematerial von capelight pictures
- Christopher Diekhaus, ‚Gretel & Hänsel (2020) | Film, Trailer, Kritik‘, kino-zeit.de, 2020
- Wikipedia-Artikel über den Film „Gretel & Hänsel“
- Daniel Kothenschulte, ‚„Gretel & Hänsel“ im Kino: Fleisch ist der neue Lebkuchen‘, fr.de, 2020
- ‚„Gretel und Hänsel“: So finster und auch so grimmig kalt‘, orf.at, 2020