30. Filmfest Dresden

Doreen Kaltenecker
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17.-22. April 2018 / in den Kinos Schauburg, Thalia & Programmkino Ost, Open-Air Neumarkt, Phase IV

Logo des 30. Filmfests DresdenFestivalbericht: Das internationale Kurzfilmfestival in Dresden wurde in diesem Jahr 30. Den runden Geburtstag feierte es, indem es vor allem an bewährten Traditionen festhielt, aber trotzdem nicht vor Neuerungen zurück schreckte. Im Thalia, dem Programmkino Ost, auf dem Neumarkt und vor allem in der neu renovierten, aber nicht ganz fertiggestellten Schauburg konnten die Besucher sechs Tage lang im April 2018 fast rund um die Uhr Kurzfilme aus 56 Ländern sehen, Filmemacher treffen und die Liebe zum Kurzfilm zelebrieren.

Fritz-Lang-Saal

Herzstück des Festival war auch in diesem Jahr der Nationale und Internationale Wettbewerb. Aus 2200 Einreichungen wurden 69 Kurzfilme aus den Bereichen Animation, Spielfilm und Experimentalfilm ausgewählt. Während der Internationale Wettbewerb in den letzten Jahren etwas abbaute, weil er sich zu stark auf Dramen und schräge Animationsfilme fokussierte, konnte man auch in diesem Jahr viele Kurzfilme mit qualitativen Anspruch bei den fünf Nationalen Programmen erleben. Den Goldenen Reiter für den besten Spielfilm im Nationalen Wettbewerb bekam der Kurzfilm „Joy von Abini Gold, welche von einem Zeitungsartikel inspiriert dem Zuschauer ein intensives Drama lieferte. Der Preis für den Besten Animationsfilm (3000 €) ging an den Mix-Technik-Film „Sog“ von Jonatan Schwenk, der damit bereits die Zuschauer auf den 29. Bamberger Kurzfilmtagen 2018 begeistern konnte. Den mit 20.000 € höchstdotierten Preis erhielt der wunderbar unterhaltsame Animations-Kurzfilm „Link“. Auch in diesem Jahr wurde ein Jugendjury-Preis („U Meduvrenenu – Meanwhile“ von Mate Ugrin) und der Defa-Förderpreis vergeben. Letzterer ging an den verspielten und sehr amüsanten „Mascarpone“ von Jonas Riemer. Doch der ungeschlagene Zuschauerliebling war die Mockumentary „Attak“, die es schaffte erschreckend echt zu wirken, aber mit guten Witz Vieles auf die Schippe nahm. Unter den Teilnehmern am Nationalen Wettbewerb fielen weiterhin der perfekt inszeniert und gespielte „Entschuldigung, ich suche den Tischtennisraum und meine Freundin“ von Bernhard Wenger und das Musikvideo „Nostalgic Love“ für die Band ‘Bergfilm’ auf.

Schauburg mit Baugerüst

In sieben Blöcken wurde im Internationalen Wettbewerb wieder eine bunte Mischung aus 28 Ländern präsentiert. Dabei blieb sich das Filmfest aber mit seinem Fokus treu. In diesem Sinne passt der Goldene Reiter für den Besten Spielfilm für den indischen Kurzfilm „Aaba“ wunderbar. Er bewegt mit einer Geschichte von Verlust und mit seinen starken Bildern und wenigen Worten. Das gefiel auch der Jugendjury äußerst gut, so dass er gleich noch einen zweiten Goldenen Reiter bekam. Der Animationsfilm „Lupus mit seiner außergewöhnlichen Mischung gewann den Animationsfilmpreis. Zudem hatte man die Möglichkeit im Internationalen Wettbewerb den oscarnominierten Kurzfilm „Negative Space“ und den heiteren „The Theory of Sunset“, der zum Publikumsliebling gewählt wurde, zu sehen Neben den Preisträger-Filmen brannten sich noch der sehr amüsante „Muteum“ aus Estland und der portugiesische „Coup de Grâce“ ins Gedächtnis ein. Im Internationalen Wettbewerb gab es auch Ausflüge ins Genre-Fach: Mit der mysteriösen Coming-of-Age-Geschichte „Aurore“ und dem Animationsfilm „The Absence of Eddy Table“, den man bereits auf dem 19. Landshuter Kurzfilmfestival 2018 genießen konnte, wurden Genrefreunde glücklich gemacht.

Schauburg nach der Eröffnung

Abseits des regulären Wettbewerbbetriebs verleiht das Filmfest schon seit einigen Jahren den Goldenen Reiter für den besten Filmton. Aus allen Wettbewerbsbeiträgen wählte die Jury das schwedische Musical „Min Börda“ aus, das mit seinem seltsamen Charme und seiner Handarbeit die Zuschauer verzauberte. In diesem Jahr wurde zudem ein neuer Preis für Geschlechtergerechtigkeit verliehen. Dieser ging an den deutsch-japanischen Animationsfilm „Neko No Hi“, der von einem kleinen Jungen erzählt, der möglicherweise doch eine Katze ist. Dieser entzückend gezeichnete Kurzfilm gewann außerdem den Arte-Kurzfilmpreis.

Thalia bei Nacht

Neben dem Internationalen und Nationalen Wettbewerb gab es auch in diesem Jahr wieder eine riesige Fülle an Sonderprogrammen, so dass es wie immer sehr schwer fiel, sich für die oft parallel laufenden Programme zu entscheiden. Nicht nur die etablierte ‘Panorama’-Reihe, in der auch in diesem Jahr wieder Außergewöhnliches aus den Einreichungen präsentiert wurde, wie der großartige Kurzfilm „Taking Stock“ von Duncan Cowles, sondern auch die temporeiche Zusammenstellung unter dem Titel „Lost in Time Lost in Space“ im ‘Experimente’-Block überzeugten in diesem Jahr. Einen besonderer Leckerbissen bot der ‘Griechenland’-Block „Lebenszeichen aus dem Limbus“, der mit „The Capsule“ den außergewöhnlichsten Genre-Film des Festivals präsentierte. Doch auch der ‘Fokus Quebec’ war in diesem Jahr besonders stark mit einer kleinen Retrospektive der kanadischen Filmemacher Joëlle Desjardins Paquette und Jean-Guillaume Bastien.

In diesem Jahr wurde zudem ein zusätzlicher Fokus auf das Filmland Georgien gelegt und es gab eine Sonderreihe zum Thema Europa. Die drei Veranstaltungen, kuratiert von Sven Pötting, spannten einen Bogen über 30 Jahre der Entwicklung Europas. Besonders spannend war der Blick in die Vergangenheit u.a. mit dem Kurzfilm „Blick von Außen mit der jungen Tilda Swinton, welche entlang der Mauer in Berlin radelt.

Jenni Zylka, Mitglied des jungen Kuratoriums und Uta Quietzsch

Immer wieder ist das Kinder- und Jugendprogramm ein kleines Highlight des Festivals. Kuratiert wird das engagiert und liebevoll von Uta Quietzsch. Zusammen mit Kindern und Jugendlichen der jeweiligen Altersklasse wurden Programme zusammengestellt, die auch die großen Zuschauer begeistern konnte. Unter den gezeigten Filmen war auch wieder der allseits beliebte Kinderkurzfilm „Ameise“ von Julia Ocker sowie der großartige „Mrs McCutcheon“. Der australische Film erhielt zudem eine lobende Erwähnung der Jury für Geschlechtergerechtigkeit. Auch das Jugendprogramm mit Filmen wie „Locker Room“, „Island“ und „Megatrick“ beeindruckte mit einer starken Mischung aus ernsten Themen und Humor.

Podium mit der 30 bei der Eröffnung

Fazit: Zu seinem runden Geburtstag von 30 Jahren gab das International Short Film Festival Dresden nicht nur ein gelungenes Jubiläumsheft heraus, sondern bestach mit seiner etablierten Mischung aus Wettbewerben und Sonderprogrammen. Dabei besitzen die Beiträge stets hohe Qualität, so dass man sich an den sechs Tagen kaum satt sehen kann. Mit 300 gezeigten Filmen schafft es das 30. Filmfest, einen Überblick über das aktuelle Kurzfilmschaffen zu geben und zudem Aus- und Rückblicke einzubauen. So war es auch in diesem Jahr eine große Freude, trotz schönstem Wetter, die Zeit in dunklen Kinosälen zu verbringen.

 

 

 

Der Trailer zum „30. Internationalen Kurzfilmfestival Dresden 2018“

Quellen:

  • 30. Internationales Kurzfilmfestival Dresden 2018 – Katalog
  • Webseite: Filmfest Dresden 

Alle im Bericht erwähnte Filme:

  • Aaba von Amar Kaushik (Indien, 2016)
  • Ameise von Julia Ocker (Deutschland 2017)
  • Attak von Ruben Meier (Deutschland, 2017)
  • Aurora von Diego Fandos (Tschechien/Spanien, 2017)
  • Coup de Grâce von Salomé Lamas (Portugal, 2017)
  • Entschuldigung, ich suche den Tischtennisraum und meine Freundin von Bernhard Wenger (Österreich, 2018)
  • Joy von Abini Gold (Deutschland, 2017)
  • Link von Robert Löbel (Deutschland, 2017)
  • Lupus von Carlos Gómez Salamanca (Frankreich/Kolumbien, 2016)
  • Mascarpone von Jonas Riemer (Deutschland, 2018)
  • Megatrick von Anne Isensee (Deutschland, 2017)
  • Min Börda von Niki Lindroth von Bahr (Schweden, 2017)
  • Mrs McCutcheon von Johny Sheedy (Australien, 2017)
  • Muteum von Äggie Pak-Yee Lee (Estland, 2017)
  • Negative Space von Max Porter, Ru Kuwahata (Frankreich, 2017)
  • Neko No Hi von Jon Frickey (Deutschland/Japan, 2018)
  • Nostalgic Love von Joscha Bongard (Deutschland, 2017)
  • Sog von Jonatan Schwenk (Deutschland, 2017)
  • Taking Stock von Duncan Cowles (Großbritannien, 2017)
  • The Absence of Eddy Table von Rune Spaans (Norwegen, 2016)
  • The Capsule von Jakob Mäsel (Deutschland, 2017)
  • The theory of sunset von Roman Sokolov (Russland, 2017)
  • U Meduvrenenu – Meanwhile von Mate Ugrin (Deutschland, 2017)

Folgende Kurzfilme haben wir auf dem Filmfest Dresden gesehen und rezensiert:

Interviews mit Filmemachern vom Filmfest Dresden

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