Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
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Filmkritik: Im Nationalen Wettbewerb des 30. Filmfest Dresden 2018 lief der Kurzfilm „Nikotyna“ der in Polen geborenen Filmemacherin Ewa Wikieł. Der Film schafft es mit wenigen Worten und einer ausdrucksstarken Hauptdarstellerin eine vergangene Zeit in Polen und ein authentisches Lebensgefühl nachzuzeichnen.
Die 15-jährige Marta (Paulina Walendziak) lebt ein armes Leben mit ihrer Familie in Lodz Anfang der 80er Jahre. Nach einem Streit mit ihrem Vater flieht sie in die Nacht und schließt sich kurzerhand einer Art Widerstandsgruppe an.
Die in Berlin studierende Regisseurin Ewa Wikieł (*1989), welche bereits das Vergnügen hatte von großen Regisseuren wie Haneke, Anderson und Campion zu lernen, erzählt hier eine historische Geschichte, welche auf den ersten Blick nicht als diese erkennbar ist. In einer gewissen Zeitlosigkeit spielen sich die Ereignisse ab. Die Armut zeichnet hier mehr die Atmosphäre aus, als es die Zeit selbst tut. So setzt sie den Fokus geschickt auf die junge Frau und ihr angespanntes Verhältnis zu ihren Eltern. Es ist eine Coming-of-Age-Geschichte, welche aber durch die Verlagerung in die 80er Jahre einen subtilen politischen Ton besitzt. Fast scheint die Frage nach den Unterschieden von damals und heute beabsichtigt zu sein und zeigt, dass sich manche Dinge, vor allem familiäre Strukturen, nicht geändert haben müssen zwischen heute und damals. All das erzählt Wikieł in einem überzeugenden Gewand und mit Paulina Walendziak hat sie ihre perfekte Marta gefunden, deren Gesicht viel mehr erzählt, als es Worte tun würden. Der Übergang zwischen Kind und Erwachsener wird bei ihr auf fragile und starke Art zugleich deutlich. So ist der Regisseurin ein wunderbarer Kurzfilm gelungen, der schwierig zu fassen ist und mit seinen starken Bildern ein schwermütiges Gefühl im schönsten Sinne hinterlässt.
Fazit: Der deutsch-polnische Kurzfilm „Nikotyna“ erzählt eine fast klassische Coming-of-Age-Geschichte in einer vergangenen Zeit. Mit wenigen Worten, aber einer wunderbaren Hauptdarstellerin und treffsicheren und starken Bildern gelingt der Regisseurin Ewa Wikieł ein schönes Jugend- und gleichzeitig Gesellschaftsportrait.
Ein Gedanke zu “„Nikotyna“ (2018)”