Zehn Fragen an Areum Parkkang

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit der südkoreanischen Filmemacherin Areum Parkhang konnten wir mehr über ihre Dokumentation „Areum Married“ (OT: „박강아름 결혼하다“), der seine deutsche Premiere auf dem 63. DOK Leipzig feierte, erfahren, wie es sich anfühlte sein eigenes Leben zu verfilmen, was ihr visuell wichtig war und wie weit ihr Ehemann selbst im Film involviert war.

The original english language interview is also available.

Der Stoff Deines Films ist Dein eigenes Leben. Du hattest bereits mit „Areum“ Deine eigene Geschichte verfilmt – jetzt geht es mit „Areum Married“ weiter. Kannst Du mir zur ersten Idee von den beiden Filmen erzählen? Und ob Du vielleicht gezögert hast, Dein Leben noch einmal auf Film zu bannen.

Die ursprüngliche Idee für „Areum“ ist im Film selbst zu sehen, als ein Mann, der mich um ein Date bat, mein Aussehen bewertete. Ich habe mich am Ende nicht mit dem Mann verabredet, und danach wurde ich immer wütender und fing an, die Kamera drauf zu halten. Aber als ich darüber nachdachte, stellte ich fest, dass nicht nur dieser Mann mich bewertete, sondern auch enge Bekannte um mich herum. Als ich sagte, dass ich mir eine Beziehung wünsche, antworteten die meisten von ihnen, dass mein Aussehen ein Problem sei. Aber dieses Thema fing nicht erst an, als ich in meinen 20ern war. Von klein auf wuchsen wir damit auf, für unser Aussehen bewertet zu werden. Ich hielt es für wichtiger, darüber im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Zuneigung zu sprechen. Damit alles angefangen.

Der Titel von „Areum Married“ lautete ursprünglich „Oegil Restaurant“, und das Thema war ein ganz anderes als das heutige. Die Hauptfigur von „Oegil Restaurant“ war Seongman, und der Film war ein mit Seongman geplantes Projekt über einen asiatischen Mann, der neue Leute in einem französischen Haushalt kennenlernt, in dem er ein Pop-up-Restaurant betreibt. Das Thema änderte sich während der Dreharbeiten zu dem, was jetzt ist.

Ich zögere nicht, mein Leben in meinen Film zu stecken.

Wie weit hast Du Deine Pläne mit dem zukünftigen Ehemann im Vorfeld geteilt? Wie nahm er auf, dass auch sein Leben verfilmt wird?

Er wusste es von Anfang an, weil ich mit seinem Einverständnis gefilmt habe.

Seongman ist nicht nur mein Ehemann, sondern gleichzeitig auch ein Gestalter des Films und verstand die Richtungsänderung, die wir einschlugen. Als ich die Richtung zum jetzigen „Areum Married“ änderte, um meine Geschichte durch die Ehe von Seongman und mir in Frankreich zu erzählen stimmte er zu, weil er selbst beteiligt war. Er hat meine Arbeit respektiert.

Wie fühlt es sich an, sich selbst zu beobachten?

Es ist schmerzhaft, aber es gibt auch ein Gefühl der Freude.

Hattest Du bei der Entwicklung von „Areum Married“ einen roten Leitfaden – gab es einen Endpunkt, den Du erreichen wolltest?

Ich glaubte nicht, dass dieser Film eine Lösung bieten könnte. Aber ich wollte die Frage stellen: Was ist die Ehe? Ich glaube, dass ich viel erzählen kann, indem ich mich mit meinen ehrlichen Wünschen konfrontiere und sie in einen Film packe. Während des Entwicklungsprozesses wollte ich vor allem über das Umstürzen der Geschlechterrolle sprechen. Aber als ich gefilmt habe, habe ich mich selbst gesehen.

Wie trifft man die Entscheidung, welche Momente man festhalten möchte? Oder entsteht der eigentliche Film erst im Schnitt?

Zu bestimmten Zeiten war die Kamera fast jeden Tag an. Ich denke jedoch, dass Dokumentarfilme die Erzählung durch den Schnitt vervollständigen. Ich hatte Angst, im Frühjahr 2019 in mich hineinzuschauen, also habe ich den Schnitt hinausgezögert und zwei Monate lang weiter gedreht, aber am Ende habe ich keine dieser zusätzlichen Aufnahmen verwendet. Denn in Wirklichkeit war zu dem Zeitpunkt die Erzählung bereits zu Ende.

Hast Du Deinen Film selbst geschnitten – wie schwierig ist es da sich zu entscheiden, was in den Film kommt?

Ja, ich habe ihn selbst geschnitten. Meine Gedanken darüber, welche Szenen in den Film kommen sollten, verbanden sich schließlich mit der Erzählung. Der Prozess, eine Geschichte zu machen, ist ziemlich schwierig, weil es darum geht, sich selbst komplett zu sehen. Denn ich muss mich immer wieder selbst sehen, was schwer zu sehen ist. Außerdem muss ich mich vor der Kamera sehen. Das war eine Tortur.

Hattest Du visuelle Vorstellungen von den Aufnahmen?

Ja, wie ein Tagebuch, aber im Gegensatz zum vorherigen gibt es jetzt eine Hauptfigur mehr, also habe ich versucht, mehr Totalen zu nutzen.

Wie geht es euch jetzt – vor allem in Zeiten der Pandemie?

Ich habe letztes Jahr meinen Bachelor-Abschluss an der französischen Kunstschule gemacht und plane meine nächste Arbeit in Frankreich. Seit letztem Sommer ist es wirtschaftlich schwierig, aber glücklicherweise haben mich Filmemacherinnen in Korea beauftragt, einige kleine Videos zu schneiden. Auf diese Weise überlebe ich.

Gibt es bereits Pläne, ob und wann man den Film international zu sehen bekommen kann?

Es gibt noch keine andere Möglichkeiten als Festivals. Ich bin auf der Suche nach einer internationalen Vertriebsgesellschaft.

Wirst Du diese Dokumentarfilmreihe fortsetzen? Wird es einen dritten Areum-Film geben?

Ich bin mir auch nicht sicher. Aber ich werde weiter an dem autobiografischen Dokumentarfilm arbeiten. Und als nächste Arbeit bereite ich eine Dokumentation über Na He-sok vor, eine koreanische Feministin und Künstlerin des 20. Jahrhunderts.

Die Fragen stellte Doreen Matthei
Übersetzung von Michael Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Films „Areum Married


Interview:  In a conversation with South Korean filmmaker Areum Parkhang, we were able to learn more about her documentary “Areum Married” (OT: “박강아름 결혼하다“), which had its German premiere at the 63rd DOK Leipzig, how it felt to film one’s own life, what was important to her visually and to what extent her husband himself was involved in the film.

The subject of your film is your own life. You had already filmed your own story with “Areum” – now it continues with “Areum Married“. Can you tell me about your initial ideas for the two films? And whether you might have hesitated to capture your life on film again?

The initial idea for “Areum” appears in the movie, but when a man who asked me to date me ok, he evaluated my appearance. I didn’t end up dating the man, and after that, I kept getting angry and started holding the camera. But when I thought about it, not only this man but also close acquaintances around me were evaluating my appearance. When I said that I wanted to be in a relationship, most of them answered that their appearance was a problem. But this topic didn’t start when I was in my 20s. From a very young age, we grow up being evaluated for our appearance. I thought it was more essential to talk about this in connection with the desire for affection. That’s how I started.

The title of “Areum Married” originally was Oegil Restaurant, and its theme was a lot different than what it is today. The main character of Oegil Restaurant was Seongman, and the film was a project planned with Seongman about an Asian male meeting new people in France household where he runs a pop-up restaurant. The theme changed to what is now during the filming process.

I don’t hesitate to put my life into my film.

How far did you share your plans with your future husband in advance? How did he receive the fact that his life was also being filmed?

He knew from the beginning because I filmed with his consent.

While Seongman is my husband, he is a creator at the same time and understood the change in direction the film took. When I changed the direction to the current “Areum Married” to share my story through Seongman and I’s marriage in France, I think he agreed because he is a creator himself. He respected my work.

How does it feel to watch yourself, so to speak?

It’s painful, but there is also a sense of pleasure.

Did you have a common thread in the development of “Areum Married” – was there an end point you wanted to reach?

I didn’t think this film could provide any solution. However, I wanted to ask the question: what is marriage? I think that I can talk a lot just by confronting my honest desires and putting them in a film. During the development process, I was primarily trying to talk about overthrowing the gender role. But when I was filming, I saw myself.

How do you make the decision about which moments to capture? Or does the actual film only emerge in the editing process?

At certain times, the camera was turned on almost every day. However, I think that documentary films complete the narrative through editing. I was afraid to look into me in the spring of 2019, so I delayed editing and continued shooting for two months, but in the end, I didn’t use any of those extra shots. Because in reality, it was after the narrative was over.

Did you edit your film yourself? How difficult is it to decide what to put in the film?

Yes, I edited it myself. My thoughts about what scenes to put in the movie eventually connected with the narrative. The process of making a story is quite difficult because it’s about looking at myself completely. Because I have to keep seeing myself, which is hard to see. Besides, I have to see myself in front of the camera. I was a torture.

Did you have visual ideas about what and how to film?

Yes, like a diary, but unlike the previous one, there is now one more main character, so I tried to shoot more full shots.

How are you doing now – especially in times of the pandemic?

I got my bachelor’s degree from the French art school last year and I’m planning my next work in France. It has been difficult economically since last summer, but fortunately, female filmmakers in Korea commissioned me to edit some small videos. I am alive like that.

Are there already plans if and when you can see the film internationally?

There is still no other window other than the festival. I’m looking for an international sales company.

Will you continue this documentary series? Will there be a third Areum film?

I’m not sure either. But I will continue to work on the autobiographical documentary. And as my next work, I am preparing a documentary about Na He-sok, a Korean feminist and artist in the 20th century.

Questions asked by Doreen Matthei

Read on the german review of the film “Areum Married“.

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