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Interview: Im Gespräch mit dem österreichischen Regisseur Christoph Schwarz konnten wir mehr über seinen Kurzfilm „Civilization“, der auf den 55. Hofer Filmtagen lief, erfahren, wie er in diesem Film auf sehr humorvolle Weise viele Themen miteinander verschmelzen lässt und für seine Geschichte eine Mischform aus Dokumentation und Inszenierung wählt.
Dein Kurzfilm „Civilization“ erzählt aus Deinem Leben – halb fiktional, halb dokumentarisch. Wie kam es zu dem Projekt?
Ich habe den ersten Lockdown mit meiner Familie in Kärnten im Elternhaus verbracht- und dort kam mir der Gedanke, dass dieses eigentümliche Szenario einen guten Hintergrund für die Geschichte über meine Faszination für „Civilization I.“ hergeben würde: der Weltenlauf schien für mich und meine Familie auf Pause zu schalten, ideal um in dieses dokumentarische Setting die Geschichte einer geheimen Computerabhängigkeit zu erzählen.
Warum erzählst Du Deine Geschichte in dieser Mischform?
Ehrlicherweise: weil ich meine Geschichten immer so erzähle: Ich glaube nicht an die eine, einzige Wahrheit, und mir ist bewusst, dass die Anwesenheit einer Kamera das Leben so stark beeinflusst, dass es so etwas wie ‚dokumentarisches Kino‘ im besten Sinne des Wortes nicht geben kann. Ich verwende mich selbst als Protagonisten, greife auf eigene Erfahrungen zurück und bewege mich immer in einem mir selbst glaubwürdigen, authentischen Bereich.
In dem Film stecken viele Themen – wie Vaterschaft, Künstlerdasein und natürlich Computerspielsucht und der Lockdown – wo würdest Du selber den Kern Deines Filmes verorten?
All diese Themen spielen gleichberechtigt mit rein. Ich denke viel über die Parallelexistenzen nach, die wir mit unseren digitalen Geräten führen- und bin mir schmerzhaft bewusst, wie oft wir dieser Welt eine größere Bedeutung beimessen als dem Überleben auf diesem Planeten, den wir gerade mit einer beispiellosen Gleichgültigkeit an die Wand fahren. Außerdem ist mir die Selbstironie in der Geschichte sehr sehr wichtig, und eine Form der schonungslosen Ehrlichkeit, die das Publikum ein Stück weit über die eigenen Begierden und Schummeleien nachdenken lässt. Ich finde es gut, wenn die ZuseherInnen darüber nachdenken, wo die Grenze zwischen Fakt und Fake liegt, wenn man sich mit dem Gedanken anfreundet, dass man es möglicherweise mit einer ‚unzuverlässigen Erzählerin‘ zu tun hat, und man selbst das Spannungsverhältnis zwischen Ton und Bildebene bewertet. Man sieht hier ja offensichtlich einen Vater, der mit seiner Tochter gemeinsam einen Film dreht- das steht ja in einem gewissen Widerspruch zu der Behauptung, ganz in der eigenen Sucht aufzugehen und keine Zeit für die Familie zu haben.
Kannst Du mir mehr zur visuellen Umsetzung erzählen?
Wie war das Feedback auf den Film – vor allem von Deiner Familie und der Civ-Community?
Meine Familie kennt meinen filmischen Ansatz und alle kamen schon immer wieder in Filmen vor. Ich glaube, sie freuen sich, wenn der Papa zufrieden ist und spielen deswegen bereitwillig mit, obwohl es ihnen eigentlich widerstrebt, sich vor einer Kamera zu präsentieren. Feedback aus der Civ-Community gab es nur im Austausch mit den sogenannten ‚Civ-Addicts‘. Eine Sache wurde bemängelt: klär gäbe es dieses immense Suchtpotential hinter „Civilization“, aber Tenor war, ich würde ein zu kritisches Bild zeichnen. Man könne dieses Spiel lieben, und trotzdem nur 1x im Jahr ein Wochenende durchzocken. Denn ab dem Moment, wo man ein neues Spiel beginnt, kann man tatsächlich nicht mehr aufhören.
Nein. Dieser Film war meine öffentliche Beichte, ich hoffe, ich bleibe weiterhin standhaft. Es ist ein tolles Spiel, aber es führt halt zu nix.
Welche neue Projekte sind in Planung?
Ich befinde mich 2021 in einem Geldstreik und drehe über diese Erfahrung meinen ersten Langfilm.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Civilization“