„Elvis“ (2022)

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Filmkritik: Der australische Regisseur Baz Luhrmann hat ein Händchen für große theatralische Stoffe und Leben, die sich auf Bühnen abspielen, so liegt es nahe, dass er sich nach den Verfilmungen von Werken von William Shakespeare und F. Scott Fitzgerald dem Leben eines der größten Künstler unserer Zeit widmet: „Elvis“ (OT: „Elvis“, USA, Australien, 2022) ist zugleich ein Biopic (aus einem unbekannteren Blickwinkel) und doch durch und durch ein Luhrmann-Film.

Als der Entertainer-Manager Colonel Tom Parker (Tom Hanks) zum ersten Mal den jungen Künstler Elvis (Austin Butler) auf einer Bühne sieht, ist ihm klar, dass der Junge die Welt verändern wird. Mit seinen Songs, aber auch mit seinen Bewegungen, schafft er sich bei seinen ersten Auftritten eine enorme Fangemeinde. Zusammen mit seinem neuen Manager mausert er sich von einer Vorband zu einem Phänomen, bei dem regelmäßig die weiblichen Fans in Ohnmacht fallen. Parker zieht dabei die Strippen und bestimmt den Kurs von Elvis, der immer nur das Beste für seine Familie will und so auch ins Filmbusiness einsteigt, obwohl ihm das keine Freude macht.

Austin Butler, Helen Thomson, Tom Hanks und Richard Roxburgh

Mit nur wenigen Filmen hat sich der australische Regisseur Baz Luhrmann (*1962) einen Namen gemacht. Vor allem seine halb-moderne Adaption von William Shakespeares Stück „Romeo und Julia“ (1996) mit Leonardo DiCaprio und Claire Danes in den Hauptrollen sowie das großartige Musical „Moulin Rouge“ (2001) haben seinen Ruf gefestigt und beweisen, dass er für das Musikalische wie auch für das Theaterhafte ein Händchen hat. Der dramatische Bühnenstoff liegt ihm im Blut. So verwundert es gar nicht, dass er sich nun des amerikanischen Sängers Elvis (1935-1977), geboren als Elvis Aaron Presley, annahm. Er war der erste Sänger, der einen absoluten Starruhm verursachte und auch bis heute zu den Großen gehört. Doch abseits von all den Best-Of-Alben und Liedern, die man immer wieder in Originalversion oder als Cover gehört hat, weiß man nicht unbedingt viel von Elvis und seiner Karriere. 

Austin Butler

Damit räumt der 159-minütige Spielfilm, der nach einem Drehbuch von Baz Luhrmann selbst sowie Craig Pearce, Sam Bromell, Jeremy Doner entstand. Abseits der klassischen Stationen von Elvis’ Leben, wie den Anfängen seiner Karriere, der Militärzeit, als Hollywood-Star und Las-Vegas-Entertainer, verschiebt der Fokus des Films die Geschichte noch in zweierlei Hinsicht. Zum einen stellt er eine Verbindung der Musik zu der musikalischen Bewegung der Black Music mit Little Richard (dargestellt von Alton Mason) und B. B. King (Kelvin Harrison Jr.) als prominente Vertreter her und zum anderen gibt es hier einen Bösewicht, wie er im Buch steht. Colonel Parker, der Stripperzieher und Übeltäter, übernimmt nicht nur die Erzählerrolle, sondern verkörpert auch alles Verachtenswerte. So wird Elvis als beinah willenloses Opfer stilisiert und genau dieser Aspekt macht den Film unangenehm und evoziert auch ein gewisses Maß an Desinteresse und Fragen nach der Richtigkeit der Darstellung. Natürlich handelt es sich um einen Spielfilm, doch zu sehr wirkt die Geschichte in Schwarz-Weiß gezeichnet. Die größte Kraft besitzt der Film in der ersten Hälfte. Dort wird mit einer grandiosen Inszenierung sein Karrierebeginn gezeichnet. Die Energie seiner Auftritte wird dabei genauso spürbar wie das Gefühl von Aufbruch. Danach geht es immer wieder rasend schnell durch die Stationen und Jahrzehnte. Luhrmann nimmt sich die Freiheit vorzuspulen und manchmal nur kurz innezuhalten. So entsteht ein wilder Ritt durch Elvis’ Leben, der die Zuschauer:innen von Zeit zu Zeit atemlos zurücklässt.

Austin Butler und Kelvin Harrison Jr.

Eine Eigenart von Baz Luhrmanns Filmen war immer die Verwendung eines ganz besonderen Stils. Dabei kann man nicht sagen, dass alle Filme einem bestimmten Stil  folgen, wie es beispielsweise bei Woody Allen („Der Stadtneurotiker“ (1977), „Wonder Wheel“ (2017)) oder Wes Anderson („Isle of Dogs – Ataris Reise“ (2018), „The French Dispatch“ (2021)) ist, sondern er passt sich seinen Sujets immer an. Beim „Großen Gatsby“ (2013) lebt der Film von Prunk und Glitzer, während er bei „Australia“ (2008) eher Weiten einfängt und gesättigte Farben bevorzugt. So findet er auch für „Elvis“ den passenden Stil, überhöht das Zeitkolorit und schwelgt in seinen Kulissen, Ausstattungen und Kostümen. Dabei passen sich die Umgebung und der Look stets den Stationen in Elvis’ Leben an. Aber nicht nur, weil sich die Jahre und die Mode verändern, sondern auch das Innenleben des Protagonisten. Dieser wird fantastisch verkörpert von dem bisher eher unbekannteren Darsteller Austin Butler, der hier mit all seinen Bewegungen, Habitus und auch mit seinem grandiosen Mimenspiel den Künstler einfängt. Er ist die absolute Sensation des Films und lässt auch die Längen durchhalten, welche die 159 Minuten mit sich bringen. Unangenehm ist die Figur, welche von Tom Hanks verkörpert und noch zusätzlich durch den wirklich nicht gelungenen Fatsuit unterstrichen wird. Das Böse hier in dieser Person zu vereinen, wirkt zu stereotyp, zu klischeebeladen und ihn dann noch zum Erzähler zu machen, birgt das Risiko, dass man als Zuschauer:in das Interesse verlieren kann. Aber Austin Butler ist eine absolute Entdeckung und die Inszenierung schafft es, den Mythos Elvis wunderbar einzufangen. Großartig sind hier auch die inszenierten Auftritte und die eingebauten Songs, so dass man danach Lust hat, wieder Elvis’ Musik zu hören und dabei neben den Klassikern auch Neues zu entdecken. Doch die Längen des Films gehen mit der zweiten Hauptfigur einher und man wünschte sich, dass Luhrmann sich mehr auf Elvis selbst und auch die Ursprünge seiner Musik konzentriert hätte, als dem Bösen ein Gesicht zu geben.

Austin Butler und Olivia DeJonge

Fazit: Der Spielfilm „Elvis“ von Baz Luhrmann widmet sich dem Ausnahmekünstler von seinen Anfängen bis zu seinem Ende, zeigt dessen musikalische Einflüsse auf und wie sein Manager ihn aufgebaut und vernichtet hat. Der Hauptdarsteller Austin Butler ist eine Sensation, macht die Legende in einem gelungenen Setting mit viel überhöhtem Zeitkolorit lebendig und schafft es so auch Schwächen und Längen des Films auszugleichen. 

Bewertung: 7,5/10

Kinostart: 23. Juni 2022 / DVD-Start: –

Trailer zum Film „Elvis“:

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

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