Sechs Fragen an Matthias Huber

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Interview: Im Gespräch mit dem Filmemacher Matthias Huber konnten wir mehr über seinen Kurzfilm „Anscht“ erfahren, der auf dem 65. DOK Leipzig 2022 seine internationale Premiere feierte. Er erzählt darin, warum er alle Schritte selbst übernommen hat, wie die Idee von den Kinderängsten aufkam und ob er seinen eigenen Stil bereits gefunden hat.

Anscht“ ist Deine Abschlussarbeit an der Hochschule Luzern. Wie bist du auf die Idee gekommen und wie viele Situationen davon hast Du in Deiner Kindheit selbst erlebt?

Die Idee zu meinem Abschlussfilm ist mir tatsächlich wie aus dem Nichts in den Sinn gekommen. Im September 2017 war ich am Fantoche Animationsfilmfestival in Baden (CH) und habe mir ganz viele unterschiedlichste, animierte Kurzfilme angeschaut und mich inspirieren lassen. Eines Abends im Bett ist mir die Idee mit den Kinderängsten für meinen Masterfilm gekommen und sie hat mich seitdem nicht mehr losgelassen.

Tatsächlich hat sich die ursprüngliche Idee von damals bis zur Fertigstellung des Filmes im Januar 2022 kaum mehr verändert. Von den gezeigten Situationen habe ich selber keine erlebt als Kind, oder zumindest kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Gefürchtet habe ich mich aber vor jeder dieser Situationen.

Erzähl mir mehr zur Realisierung des Projekts. Du hast ja viele Rollen selbst übernommen. Wie lange hat die Umsetzung gedauert?

Ich habe mir für mein Masterprojekt zwei Hauptziele gesetzt. Eines davon war, dass ich einen 3D animierten Kurzfilm produziere, von A-Z alle Produktionsschritte repetiere und damit Sicherheit für den Arbeitsalltag nach dem Masterstudium gewinnen wollte. Daher kommt es, dass ich eben praktisch alle Rollen im Produktionsverlauf selbst übernommen habe. Das ganze Projekt hat sich über eine sehr lange Zeit erstreckt. Wie gesagt hatte ich die Idee dazu im September 2017, im Januar 2022 habe ich meinen Master mit dem Film „Anscht“ abgeschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass ich in diesen viereinhalb Jahren immer an diesem Film gearbeitet habe. Mein Masterstudium habe ich erst im September 2018 begonnen. Außerdem habe ich nur Teilzeit studiert und daneben gearbeitet. Im ersten Studienjahr habe ich vor allem Theoriemodule besucht. Und neben der Produktion des Filmes musste ich natürlich auch eine theoretische Masterthesis schreiben und die Recherchen und Experimente dazu haben ebenfalls viel Zeit in Anspruch genommen. Die eigentliche Umsetzung des Filmes, also vom ersten Animatic bis zum finalen Film inklusive Filmmusik und Sounddesign, hat von Mai 2020 bis Januar 2022 gedauert.

Dein Hauptaugenmerk galt den 3D-Animationen. Kannst du mir etwas über den Stil erzählen? Und würdest Du sagen, Du hast schon Deinen persönlichen Stil gefunden?

In meiner theoretischen Masterthesis habe ich mich mit der Frage auseinandergesetzt, ob ich den Eindruck der Materialität, wie ich ihn aus den 3D-Stop-Motion-Animationsfilmen kenne, in den 3D-CGI-Animationsfilm transferieren kann. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, gewisse Aspekte der 3D-Stop-Motion-Technik in mein Projekt einfließen zu lassen. Beispielsweise habe ich den Film mit nur 12 Bildern pro Sekunde animiert. Eine weitere, mir selbst auferlegte Vorgabe war, dass ich alle Objekte und Figuren im Film so modellieren wollte, wie ich sie für einen Stop Motion Film mit echten Materialien gebaut hätte. Sprich, bei jedem Objekt habe ich mir überlegt, wie und aus welchen Materialien ich dieses gestalten würde. Die Oberflächen bzw. Texturen sollten dementsprechend die jeweiligen Materialien imitieren.

Im Verlauf meines Projektes habe ich sicher versucht, einen eigenen Stil zu entwickeln und ich kann mir gut vorstellen, dass ich auch in Zukunft Projekte in diesem oder ähnlichen Stil umsetzen werde. Daneben habe ich aber sicher auch Lust, andere Stile auszuprobieren. Das ist ja das Schöne an der 3D-Animation. Sie kann sehr vielfältig sein und grundsätzlich ist alles möglich. 

Die Musik fand ich großartig. Darüber würde ich gerne mehr erfahren. Wie hast Du sie entwickelt?

Danke für die schöne Rückmeldung. Das freut mich natürlich sehr. Zu Beginn des Projektes habe ich mir den Film eigentlich ohne Musik vorgestellt, habe aber im Verlauf der Arbeiten gemerkt, dass ich die einzelnen Szenen einfach nicht schön verbinden kann. Irgendwie war es einfach nie ein rundes Ganzes. Daher habe ich versucht, das ganze mit Musik zu verbinden. Inspirieren lassen habe ich mich von der Musik des Videospiels „Little Big Planet“. Ich wusste ziemlich schnell, mit welchen Instrumenten ich eine Komposition machen möchte und habe mir dann immer wieder das Animatic des Filmes angeschaut und dazu mit diesen Instrumenten gespielt und mich so langsam ans Ziel herangetastet. Die Musik sollte dem Film eine Art roter Faden geben, den Film vorantreiben, irgendwie unterhaltsam und amüsant sein, ohne aber den Eindruck zu erwecken, dass ich mich über die Kinder lustig machen möchte. Das war nie das Ziel. Die Zuschauenden sollten die Kinder nicht auslachen, sondern an eigene Kinderängste erinnert werden und im besten Fall darüber schmunzeln können.

Kannst Du mir noch ein bisschen mehr von Dir erzählen?

Ich bin 40 Jahre alt, wohne in Luzern in der Schweiz. Ursprünglich war ich Primarschullehrer, habe nach ein paar Jahren im Beruf aber komplett eine neue Richtung eingeschlagen, habe an der Hochschule Luzern Design & Kunst den gestalterischen Vorkurs absolviert und im Anschluss daran meinen Bachelor in 3D Animation im Jahr 2015 abgeschlossen. Von 2018 – 2022 habe ich berufsbegleitend noch den Master in Film mit Schwerpunkt Animation gemacht. Im Moment arbeite ich als Teilzeitangestellter und Selbständiger an verschiedenen Projekten im Bereich Animation und Graphic Design.

Hast Du vor, weiterhin Kurzfilme zu realisieren und sind bereits neue Projekte geplant?

Lust dazu hätte ich auf jeden Fall. Im Moment fehlt mir dazu aber leider die Zeit und auch noch eine passende Idee. Ich hoffe aber fest, dass „Anscht“ nicht mein letzter Kurzfilm bleiben wird.

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Anscht

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