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Um sich auf seinen zweiten Roman konzentrieren zu können, fährt Leon (Thomas Schubert) zusammen mit seinem Freund Felix (Langston Uibel) in das Sommerhaus an der Ostsee von Felix’ Familie. Während in der Ferne Waldbrände toben, richten sich die beiden ein, um Ruhe zu finden und ihre jeweiligen Projekte zu beenden. Doch sie sind nicht allein in dem Haus. Die Eisverkäuferin Nadja (Paula Beer) wohnt auch über den Sommer dort. Während Felix sich schnell mit Nadja und dem Bademeister Devid (Enno Trebs) anfreundet, ist Leon eigentlich immer nur genervt und schiebt seine Arbeit stetig als Ausrede vor, wenn die anderen was unternehmen.
Während der Corona-Pandemie saßen der Regisseur Christian Petzold und die Schauspielerin Paula Beer, so erzählt er im Interview mit ‚Deutschlandfunk Nova – Eine Stunde Film‘, fest und haben zur Erheiterung eine Sammlung von Éric-Rohmer-Filmen bekommen. Der französische Regisseur Rohmer (1920-2010) gehörte zu den Filmemachern der Nouvelle Vague und war bekannt für leichte Sommerfilme, wie „Claires Knie“ (1970). So entstand bei Petzold die Idee, ebenfalls einen Sommerfilm zu machen, denn davon gibt es auf dem deutschen Markt eher wenig. So entstand ein seltenes Juwel in der deutschen Filmlandschaft. Denn oft sind die hiesigen Stoffe und die Umsetzung düster, wenn es nicht gerade unsympathische Hochglanz-Komödien aus dem Hause Schweiger sind. Auch für Petzold ist der Film ungewöhnlich. „Transit“ spielte zwar auch an heißen Tagen, besaß aber nicht die Leichtigkeit von „Roter Himmel“. Er erzählt hier die klassische Geschichte von Menschen, die sich annähern. Aber nicht nur das, es geht dabei auch um Menschen, die sich selbst finden müssen. Leon ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie miesepetrig und auch blind man für andere werden kann, wenn man zu sehr in seiner eigenen Suppe kocht.
Dass diese Geschichte so gut funktioniert, liegt auch an dem grandiosen Spiel der Hauptfiguren. Allen voran Thomas Schubert („Atmen“ (2011), „Jungwild“ (2016), „Die Waschmaschine“ (2020)) als Leon. Dieser schafft es mit seiner ganzen Körperhaltung, seinen Blicken und auch den wenigen Worten, seine Unzufriedenheit und in sich gefangen zu sein zu leben. Obwohl er unangenehme Züge besitzt, wird einem die Figur trotzdem nie gänzlich unsympathisch. So wünscht man der Hauptfigur, dass sie endlich über ihren Schatten springt, das Leben genießt und die Dinge anpackt, die geändert werden müssen. Doch nicht nur Schubert spielt seine Rolle grandios. Matthias Brandt („Polizeiruf 110“ (2011-2018)) als dessen Verleger überzeugt genauso wie die drei Mitbewohner:innen, gespielt von Paula Beer („Frantz“ (2016)), Enno Trebs („Tiger Girl“ (2017)) und Langston Uibel („Unorthodox“ (2020), „Digital Investigations“ (2022)). Diese drei stehen im Gegensatz zu Leon, denn sie wissen, dass das Leben mehr sein muss, als Selbstzweifel und Arbeit. Diesen Kontrast arbeitet auch Petzold immer wieder in seiner Inszenierung heraus, sei es das nächtliche Badmintonspiel oder der Wechsel der Schlafsituationen. Petzold überträgt dabei wunderbar das unbeschwerte Sommergefühl auf die Leinwand, das sich sofort auf die Zuschauer:innen überträgt. Hinzu kommt, dass er hier zum ersten Mal einen Song gleich dreimal im Film platziert hat, obwohl er ansonsten ohne Musik arbeitet. Das vertieft die Stimmung, die zum Ende hin noch tragisch und traurig wird. Trotzdem hält der Film an dem warmen Gefühl der Tage fest und so bleibt zu hoffen, dass dieser Film den deutschen Sommerfilm zum Leben erwecken kann, denn davon möchte man gern mehr sehen.
Fazit: „Roter Himmel“ ist der neueste Spielfilm des deutschen Regisseurs Christian Petzold. Es ist ein leichtfüßiger Sommerfilm geworden, der sich ganz klassisch mit dem Zusammentreffen und Verlieben junger Menschen beschäftigt, doch darüber hinaus vermag der Film noch so viel mehr zu erzählen, was sich auch alles in der Stimmung des Films und der gelungenen Inszenierung wiederfinden lässt, so dass man als Zuschauer:in glücklich und mit einem Hauch Melancholie das Kino verlässt.
Bewertung: 9/10
Kinostart: 20. April 2023
Trailer zum Film „Roter Himmel“:
geschrieben von Doreen Kaltenecker
Quellen:
- Wikipedia-Artikel über den Film „Roter Himmel“
- Tom Westerholt, ‚Sexszenen in “Roter Himmel” Kino: Wenn wir Sex nur hören‘, deutschlandfunknova.de, 2023
- Patrick Seyboth, ‚Kritik zu Roter Himmel‘, epd-film.de, 2023
- Alexandra Seitz, ‚Nahaufnahme von Thomas Schubert‘, epd-film.de, 2023
- Eintrag des Films „Roter Himmel“ bei der Berlinale