„The Wait“ (2023)

Doreen Kaltenecker
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Filmkritik: Der spanische Regisseur F. Javier Gutiérrez kehrt mit seinem Independent-Genre-Film „The Wait“ (OT: „La Espera“, Spanien, 2023), der auf dem 30. Oldenburger Filmfestival 2023 seine Weltpremiere feierte, zu seinen Wurzeln – dem Independent-Film – zurück und realisierte eine wilden Genre-Mix, der Wege abseits des Mainstream-Kinos betritt.

Eladio (Víctor Clavijo) lebt mit seiner Frau Marcia (Ruth Díaz) und seinem Sohn Floren (Moisés Ruiz) ein bescheidenes Leben im andalusischen Hinterland. Er arbeitet als Jagdaufseher für Don Francesco (Pedro Casablanc) und hält sich dabei immer an die Regeln seines Bosses für diese kräftezehrende Arbeit. Als ein ehemaliger Jagdaufseher (Manuel Morón) ihm ein Angebot macht, wie man mehr Gewinn hinter dem Rücken des Pächters erzielen könnte, lernt Eladio entschieden ab. Ab diesem Zeitpunkt wird seine kleine Familie von schrecklichen Ereignissen heimgesucht, die Eladio immer tiefer in einen Sumpf aus Korruption und Okkultismus zieht.

Víctor Clavijo

Europäische Western, die nicht aus Italien stammen, sind immer noch eine Seltenheit. Der Regisseur und Drehbuchschreiber F. Javier Gutiérrez entführt uns ins staubige Andalusien der 1970er-Jahre. Der Filmemacher kehrt damit in sein Heimatland und zu seinen Independent-Film-Wurzeln zurück, nachdem er Filme wie „Rings“ (2017) in Amerika verwirklicht hat. Seine Geschichte changiert zwischen dem bildgebenden Westerngenre sowie Versatzstücke der Genres Drama und Horror. Es erzählt die Geschichte eines gebeutelten Mannes, der nicht viel in seinem Leben hat, der seine Familie, die ihm am meisten bedeutet, in dieser harten Welt über alles stellt. So ist es im Kern eine Geschichte über Verlust, Ohnmacht, aber auch Zusammenhalt in schwierigen Zeiten. Hinzu kommen wie gesagt Elemente anderer Genres und diese bringen den Film teils in eine ganz andere Richtung. So gibt es auch eine handgemachte Spezial-Effekt-Szene, in der sich der Hauptdarsteller in ein Tier verwandelt. Immer wieder dringt das Okkulte in die eigentlich sehr authentische Kulisse ein und auch das Ende ist nur mit einem großen Maß an Interpretationsfreude komplett einordbar. So verliert sich Gutiérrez leider in dem guten Willen, all das nahtlos zu vereinen. Gut inszeniert und mit viel Dreck und Detailverliebtheit lässt er diese Jahre aufleben und vermittelt ein Gefühl für die Schwierigkeiten eines Lebens in so einer menschenfeindlichen Umgebung. Sein Hauptdarsteller – der marokkanische Schauspieler Víctor Clavijo – verkörpert das Leid sehr gut mit seinem ganzen Wesen. Doch trotzdem schleichen sich aufgrund der Schwächen des Drehbuchs und auch ein paar erzählerischen Lücken die eine oder andere Länge ein. Doch man möchte Gutiérrez bekräftigen, weitere solche Projekte auf die Beine zu stellen, damit es wieder mehr Vielfalt auf dem europäischen Filmmarkt gibt. 

Víctor Clavijo

Fazit: „The Wait“ ist ein authentisch dreckig aussehender Western aus Spanien. Die Regie übernahm F. Javier Gutiérrez, der in dem Film noch weitere Genre unterbringen will, sich damit aber leider etwas übernommen hat. Trotzdem ist der Film gut gemachtes Genre-Kino, das das Publikum in eine Zeit und in eine Landschaft entführt, die man in der Kombination selten im Kino sieht, und dort vor allem mit seinen Drama-Elementen überzeugen kann.

Bewertung: 6/10

Kinostart: –

Trailer zum Film „The Wait“:

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

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