96. Oscarverleihung 2024

Doreen Kaltenecker
Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)
  1. März 2024 / Dolby Theatre in Los Angeles

© iStockphoto.com

Bericht: Am 10. März 2024 wurden im Dolby Theatre in Los Angeles zum 96. Mal die Academy Awards of Merit, kurz die Oscars, verliehen. Als Moderator führte Jimmy Kimmel durch den Abend, an dem 23 Preise an 13 Filme aus sechs Ländern vergeben wurden. Dabei waren die meisten Auszeichnungen durch andere Preisverleihungen wie Cannes und die Golden Globes schon vorgegeben, so dass es kaum große Überraschungen, aber klare Sieger gab. 

„Oppenheimer“ & „Barbie“

Während im letzten Sommer „Oppenheimer“ von Christopher Nolan und „Barbie“ von Greta Gerwig noch ein gleichwertiges Kinoergebnis erzielten und auch von vielen positiven Kritiken getragen wurden, wurde bereits bei den Nominierungen ersichtlich, dass es hier eine Ausdifferenzierung gegeben hat. Es fehlten nämlich die Nominierungen für Greta Gerwig für die Beste Regie und Margot Robbie als Beste Hauptdarstellerin. Bei der eigentlichen Zeremonie konnte der Film von seinen acht Nominierungen auch nur eine Trophäe für den Besten Filmsong gewinnen. Der Song „What Was I Made For?“ von Billie Eilish und Finneas O’Connell wurde mit dem Oscar ausgezeichnet. 

Oppenheimer“ dagegen konnte von seinen 13 Nominierungen sieben Oscars gewinnen. Dabei war keiner der Gewinne unverdient, denn der Film macht einiges richtig. So gewann Jennifer Lame die Trophäe für den Besten Schnitt und Hoyte van Hoytema, der seit „Interstellar“ mit Nolan zusammenarbeitet, für die Beste Kamera. Darüber hinaus ging der Oscar für die Beste Musik an Ludwig Göransson („Black Panther“ (2018)). Auch die beiden männlichen Darsteller hatten ihre Oscars redlich verdient. Robert Downey Jr. als Bester Nebendarsteller, der bereits für die Filme „Chaplin“ (1992) und „Tropic Thunder“ (2008) nominiert war, und Cillian Murphy als Oppenheimer selbst, erhielten beide ihren ersten Oscar. Schade nur, dass man so nicht auch Jeffrey Wright in der Hauptrolle bei „Amerikanische Fiktion“ auszeichnen konnte. Auch der britische Regisseur Christopher Nolan, der vorher schon fünf Mal nominiert war, konnte hier seinen ersten Regie-Oscar mit nach Hause nehmen. Die Krönung, wenn auch nicht besonders überraschend, war die Auszeichnung als Bester Film. Er setzte sich dabei gegen neun Konkurrenten durch, u.a. auch gegen die Netflix-Produktion „Maestro“, die zwar siebenmal nominiert war, aber dann komplett leer ausging. Das gleiche passierte auch dem Film „Killers of the Flower Moon“ von Martin Scorsese und dem einfühlsamen „Past Lives“ von Celine Song, der auch nur zweimal nominiert war.

„Poor Things“

Der Film, der die zweitmeisten Trophäen gewinnen konnte, war die Frankenstein-Saga „Poor Things“ des griechischen Regisseurs Giorgos Lanthimos, dessen Film „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“ bereits einen Oscar erhalten hatte. „Poor Things“ war elfmal nominiert und wurde nun vor allem für seine Optik ausgezeichnet. Er erhielt den Oscar für das Beste Szenenbild (Shona Heath, Zsuzsa Mihalek und James Price), das nur so von pittoresken Ideen strotzt, und setzte sich so gegen die Plastikwelt von „Barbie“ und die Schlachtengemälde von „Napoleon“ durch. Auch mit der Auszeichnung für das Beste Kostümdesign für Holly Waddington behauptete er sich gegen die gleichen Konkurrenten. Des Weiteren wurde der Film mit dem Oscar für Bestes Make-up und beste Frisuren (Mark Coulier, Nadia Stacey und Josh Weston) bedacht. Das war ungewöhnlich, da hier bisher eher Filme gewonnen haben, die historische Persönlichkeiten abbilden und davon waren gleich drei Filme (u.a. „Golda“ von Guy Nattiv) vertreten. Aber eine schöne Überraschung war, dass Emma Stone hier ihren zweiten Oscar als Beste Hauptdarstellerin mit nach Hause nehmen konnte. Man hatte in der Kategorie erwartet, dass Lily Gladstone für „Killer of the Flower Moon“ ausgezeichnet werden würde, wie bereits bei den Golden Globes. Emma Stones Performance wurde aber zu Recht prämiert, da sie alle Entwicklungsstufen ihrer Figur mit so viel Spiellust und Überzeugung zum Leben auf die Leinwände brachte, dass man sie einfach lieben muss. Schade nur, dass Annette Bening für „Nyad“ nie eine Chance zugerechnet wurde, obwohl ihre Darstellung der 60-jährigen Schwimmerin ebenfalls beachtenswert ist.

„The Zone of Interest“, „Die Anatomie eines Falls“, „The Holdovers“ und „Amerikanische Fiktion“

Das britische Drama „The Zone of Interest“ von Jonathan Glazer wurde als Bester internationaler Film ausgezeichnet, was im Vorfeld bereits als sicher galt. Auch wenn die Konkurrenz mit Filmen wie „Ich Capitano“, dem deutschen Beitrag „Das Lehrerzimmer“ und „Der Schneegesellschaft“ stark war. Er konnte sich außerdem in der Kategorie Bester Ton durchsetzen, da er all sein Grauen allein über die Tonspur vermittelt. Die Hauptrollen in „The Zone of Interest“ spielten die beiden Darsteller:innen Christian Friedel und Sandra Hüller. Seit „Toni Erdmann“ (2016) mauserte sich Hüller zum Star und festigte in diesem Jahr diesen Ruf gleich mit zwei Filmen: Dem britischen Film von Glazer, aber auch mit dem französischen Justizdrama „Anatomie eines Falls“ von Justine Trient, die auch in der Kategorie Beste Regie nominiert war. Nach Hause ging der Film dann mit der Auszeichnung Bestes Originaldrehbuch und setzte sich damit gegen den starken Film „The Holdovers“ durch. Dieser konnte nur eine seiner fünf Nominierungen gewinnen: Ausgezeichnet wurde die Schauspielerin Da’Vine Joy Randolph als Beste Nebendarstellerin. Zwei weitere Darstellerinnen hätten diese Auszeichnung ebenfalls verdient: Jodies Fosters Performance in „Nyad“ war ergreifend, authentisch und wunderbar hemdsärmelig und Danielle Brooks („Orange is the New Black“) in „Die Farbe Lila“ war eine Naturgewalt. Ihr Auftritt als willensstarke Sophia, die zeigt, dass Männer nicht die Macht über Frauen haben sollen, macht die Musicaladaption des bekannten Romans von Alice Walker noch ergreifender. Um Adaptionen dreht sich auch alles beim Oscar für das Beste adaptierte Drehbuch: Hier traten fünf starke Filme gegeneinander an. Erfreulicherweise ging die Auszeichnung an „Amerikanische Fiktion“ des Autors und Regisseurs Cord Jefferson, der eine ergreifende Rede für den Indie-Film hielt.

Filme aus Japan

Drei Beiträge aus Japan stachen bei der diesjährigen Oscarverleihung hervor. Zum einen war das Wim Wenders Werk „Perfect Days“. Der deutsche Regisseur schuf einen wunderschönen Film auf das Land und ihre Bewohner:innen und ist zugleich eine Hymne auf Entschleunigung. Im Gegensatz zu ihm gingen die anderen beiden japanischen Beiträge nicht leer aus. Mit den Preis für die Besten visuellen Effekte wurde der Monsterfilm „Godzilla Minus One“ ausgezeichnet, was gleichzeitig eine Huldigung für die lange Godzilla-Film-Tradition ist. So verwundert es nicht, dass Filme „Napoleon“, „Mission Impossible“ und „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ keine Chance hatten. Auch in der Kategorie Bester Animationsfilm, wo u.a. der herzerwärmende „Robot Dreams“ von Pablo Berger und der comicartige „Nimona“ nominiert waren, setzte sich der japanische Beitrag durch. „Der Junge und der Reiher“ ist der vermutlich letzte Animationsfilm des Großmeisters Hayao Miyazaki („Chihiros Reise ins Zauberland“ (2001)) und seine zweite Oscarauszeichnung. 

Kurz- & Dokumentarfilme

Wenn man in der Kurzfilmbranche bewandert ist, wird man immer wieder enttäuscht darüber sein, welche Wahl in den Kategorien getroffen werden. Schon die Vorauswahl ließ einen manchmal mit dem Kopf schütteln und gerade der mit Abstand schlechteste Animationsfilm („War Is Over! Inspired by the Music of John & Yoko“) gewann den Oscar als Bester animierter Kurzfilm. Dabei gab es mit „Our Uniforms“ und „Ninety-Five Senses“ wirklich starke, relevante Geschichten. Als Bester Kurzfilm wurde verdientermaßen der Wes Anderson Film „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle ausgezeichnet. Neben so einem etablierten Filmemacher hatten der großartige „Unbesiegbar“ von Vincent René-Lortie und der liebenswürdige, dänische Kurzfilm „Knights of Fortune“ keine Chance. Als Bester Dokumentar-Kurzfilm wurde „The Last Repair Shop“ von Ben Proudfoot, der bereits für the „Queen of Basketball“ (2021) den Oscar erhielt, ausgezeichnet. Die ukrainische Dokumentation „20 Tage in Mariupol“ holte als Bester Dokumentarfilm den ersten Oscar seines Landes und steuerte die politischste Rede an diesem Abend bei.

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

Kommentar verfassen