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Interview: Im Gespräch mit dem Schauspieler und Regisseur Branko Tomovic erzählt er mehr über seinen zweiten Kurzfilm „The Smell of Petrol“, zu sehen auf der 25. Internationalen Regensburger Kurzfilmwoche, den wahren Begebenheiten, welche hinter der Geschichte stehen und wie er die Umsetzung angegangen ist.
Wie ist das Drehbuch zu Deinem zweiten Regie-Kurzfilm „The Smell of Petrol“ entstanden? Gab es eine wahre Begebenheit zu der Geschichte?
Die Idee kam mir durch einen Zeitungsartikel, es gab einen Vorfall in Österreich, irgendwo in der Nähe der Grenze, wo ein LKW aufgefunden wurde. Vom Fahrer keine Spur, aber hinten acht Leichen und es stellte sich heraus, dass das alles Flüchtlinge waren. Es gab mehrere solcher Vorfälle auch in Deutschland, England, ganz Europa. Dann bei der Recherche hörte ich so krasse Geschichten, wie man versucht bei der Grenzüberschreitung unbemerkt vorbeizukommen, in dem man z.B. Plastiktüten übers Gesicht zieht, um den Atemdetektoren zu entgehen. Und ich hörte von dieser vietnamesischen Frau, die wochenlang via Landwege von Asien nach England geschmuggelt wurde, und an der Grenze mit Benzin übergossen wurde, damit sie von den Schnüffelhunden nicht aufgespürt werden konnte. Daher auch der Titel des Filmes.
Du hast Dich dafür entschieden, das Thema der Flüchtlingskrise von der Täterseite aus zu zeigen. Kannst du mir mehr zu dieser Entscheidung erzählen?
Du arbeitest eigentlich in Deutschland. Wie kam es dazu, dass Du den Film in Großbritannien realisiert hast?
Ich arbeite viel in Deutschland als Schauspieler, da ich auch in Berlin von einer Agentur vertreten werde, wohne aber bereits seit 14 Jahren in London. Dina Vickermann, meine Produzentin, und ich haben bereits vorher an meinem ersten Film zusammengearbeitet und wollten auch wieder auf Englisch drehen. Auch wenn wir in London gedreht haben, ist es absichtlich so gefilmt, dass es überall spielen könnte, egal in welchem Land Europas. Denn das Problem ist grenzüberschreitend.
Erzähl mir mehr von der Wahl deiner Schauspieler – du konntest mit Cosima Shaw ein bekanntes Gesicht gewinnen.
Cosima ist lustigerweise meine Nachbarin in London, aber wir haben uns in Deutschland kennengelernt, da wir von derselben Agentin, Inka Stelljes, in Berlin vertreten werden. Wir hatten so gut wie keine Kohle für den Film, deswegen sind eigentlich alle, die mitgespielt haben, Freunde von mir. Das ist natürlich hilfreich wenn man selber Schauspieler ist. Niemand wurde aber nur deswegen besetzt, sondern weil sie absolut passten für die Rolle. Casting ist mit das wichtigste beim Film, eine falsche Besetzung kann den ganzen Film ruinieren. Es geht mir vor allem immer um Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Natürlichkeit im Spiel. Alle unsere Schauspieler haben schon richtig fette Sachen gedreht, von „Game of Thrones“ bis hin zu Bond-Filmen, und wir hatten echt das Glück, dass jeder sofort zugesagt hatte und einfach bei dem Film mitmachen wollte.
Die Inszenierung ist geprägt von grauen und authentischen Bildern. Was lag Dir bei der Umsetzung am Herzen?
Mir war wichtig dem dunklen Thema treu zu bleiben und es so authentisch wie möglich umzusetzen. Deswegen sollte es fast den Stil haben, den man von Dokumentarfilmen kennt. Alles, vom Spiel bis hin zu den Locations, musste natürlich sein. Wir haben alles mit der Handkamera gedreht, um die Nervosität besser einzufangen und die Anspannung zu unterstreichen. Und auch farblich sollte alles stimmig sein, nur Erdtöne. Da der Film ohne viel Dialog auskommt, war es mir sehr wichtig diese graue und bedrückende Atmosphäre zu erzeugen.
Kannst du mir zum Schluss mehr von Dir und Deinem bisherigen Weg erzählen?
Seitdem ich als Kind David Lynchs „Blue Velvet“ gesehen hatte, wusste ich, dass ich zum Film wollte. Ich war dann auf der Schauspielschule und hab immer irgendwie als Schauspieler gearbeitet, sowohl in Deutschland als auch international. Ich hatte das Glück mit wundervollen Regisseuren wie z.B. Ken Loach [Anm. d. Red.: „Ich, Daniel Blake“ (2016)], Paul Greengrass [Anm. d. Red.: „Jason Bourne“ (2016)], Sönke Wortmann [Anm. d. Red.: „Das Wunder von Bern“ (2003)] und David Ayer [Anm. d. Red.: „Suicide Squad “ (2016)] zusammenzuarbeiten und hab über die Jahre natürlich viel gelernt was mir jetzt als Regisseur sehr nützlich ist. Mein Regiedebüt war der Thriller „Red“, der in der düsteren Unterwelt des illegalen Organhandels spielt. Der Film was sehr erfolgreich auf internationalen Filmfestivals und ich wollte diesen Weg als Regisseur unbedingt weiterverfolgen. „The Smell of Petrol“ ist mein zweiter Kurzfilm und wir hatten unsere Premiere damit in Oldenburg [Anm. d. Red.: Internationales Filmfest Oldenburg].
Welche nachfolgenden Projekte stehen an?
Derzeit arbeite ich an meinem Langfilmdebüt, der Film heißt „Crimson“ und ist eine Erweiterung von „Red“ sozusagen, aber mehr Richtung Genrefilm – ein psychologischer Thriller mit einer komplett weiblichen Besetzung. „Susperia“ von Argento [Anm. d. Red.: Drehbuch von Dario Argento, Regie: Luca Guadagnino], „Black Swan“ von Darren Aronofsky oder „Repulsion“ von Roman Polanski sind wahrscheinlich gute Referenzfilme. Das Drehbuch steht bereits und nun fängt die Finanzierung an, was so oft der schwierigste Teil des Filmemachens ist.
Die Fragen stellte Doreen Matthei
Lies auch die Rezension des Kurzfilms „The Smell of Petrol“
2 Gedanken zu “Sieben Fragen an Branko Tomovic”