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Serienkritik: „Das Damengambit“ (OT: „The Queen’s Gambit“) erzählt in sieben Folgen, basierend auf einer literarischen Vorlage, die Geschichte aus der Welt eines bekannten Spiels, einer starken Persönlichkeit und einer vergangenen Zeit. Die Serienschöpfer Scott Frank und Allan Scott schaffen es alles in eine wunderbare Balance zu bringen und so nicht nur Freunde des Schachspiels anzusprechen.
Nachdem ihre Mutter (Chloe Pirrie) bei einem Autounfall stirbt, kommt Elisabeth Harmon (Anya Taylor-Joy, als Kind: Isla Johnston) in ein Waisenhaus. Sie kann nicht viel mit den anderen Kindern anfangen, nur unten im Keller beim Hausmeister Mr. Shaibel (Bill Camp) und seinem Schachspiel findet sie Glück. Schnell entwickelt sich hier ihr Talent, so dass sie als Teenagerin ihr volles Potential bei Schachturnieren ausspielen kann. Doch die fehlende Liebe, die Abhängigkeit von Tabletten und dass sie Probleme scheinbar magisch anzieht, stellen sich ihrem größten Traum in den Weg – den russischen Großmeister Vasily Borgov (Marcin Dorociński) zu schlagen. Bis dahin findet sie eine Art Ersatzmutter in Alma Wheatley (Marielle Heller) und Gleichgesinnte, wie den gewieften Spieler Benny (Thomas Brodie-Sangster), welche sie auf ihrem schwierigen Weg begleiten.
Die Serie basiert auf dem Roman „The Queen’s Gambit“ (OT: „The Queen’s Gambit“, 1983) von Walter Tevis (1928-1984), der seine Geschichte auf eigenen Erfahrungen als C-Schachspieler aufbaut. Er fing an mit seinen Schwestern und Nachbarskinder selbst spielen zu lernen, nahm an Turnieren teil und tauchte immer weiter in diese Welt ein. Darauf fußt sein Roman, der so von einer Materie spricht, mit der er sich wahrlich auskennt. Bereits in den 90er Jahren sicherte sich der Bühnenautor Alan Scott die Rechte und plante mit dem Schauspieler Heath Ledger eine Filmadaption, in welcher der bekannte Darsteller zum ersten Mal Regie führen sollte. Doch sein Tod vereitelte das Projekt, so dass es danach wieder auf Eis lag. Der Regisseur Scott Frank, der u.a. die Drehbücher zu „Minority Report“ (2002) und „Logan – The Wolverine“ (2017) schrieb, nahm sich in Zusammenarbeit mit Netflix dieser Geschichte an und schuf eine siebenteilige Miniserie. Mit einem gelungenen Blick für die Zeit, mit der Liebe zum Schachspiel und mit einer Fokussierung auf eine ungewöhnliche, auch sperrige Hauptfigur erzählt er die Geschichte. Dabei entfaltet sich die Serie langsam, arbeitet mit vielen Rückblenden und bringt manche Enden erst später zusammen. Wunderbar sind die gelungene Figurenkonstellationen wie auch die Konsequenz, wie bestimmte Sachen zu einem Ende kommen. Dabei reißt Scott nach einem eigenen Drehbuch viele Themen wie Feminismus, Drogen- und Alkoholsucht, Depressionen und problemhafte familiäre Strukturen an. Doch trotzdem bleibt der Fokus auf dem Schachspiel, das hier mit so einer starken Präsenz eingefangen wird, dass nach dem Genuss der Serie bestimmt der Eine oder Andere das Schachbrett wieder aus dem Schrank holen wird.
Das die Serie auch so wunderbar funktioniert verdankt sie ihrem hervorragenden Cast. Allen voran spielt Anya Taylor-Joy („Vollblüter“ (2017), „The New Mutants“ (2020) und „Emma“ (2020)) ihre Beth mit der perfekten Mischung aus Arroganz und Verletzlichkeit. Ihr und auch der Kinderdarstellerin Isla Johnston folgt man gern auf der Reise zu einer möglichen Schachweltmeisterin und tadelt sie ebenso, wie man mitfühlt. Der sie umgebende Nebencast ist ebenfalls hervorragend besetzt – sei es Marielle Heller als alkoholkranke Adoptivmutter, Thomas Brodie-Sangster („Maze Runner“ (2014, 2015 und 2018)) als arroganter, aber doch warmherziger Gegenspieler und Bill Camp („Vergiftete Wahrheit“ (2019)) als ihr erster Schachlehrer. Natürlich lebt eine Serie, welche in der Vergangenheit angesiedelt ist, immer auch von ihrem gelungen Zeitkolorit. Hier stimmt gefühlt einfach alles, beginnend bei den Locations und der Ausstattung, welche die Welt der Schachturniere einfangen. Aber vor allem die Frisuren und die Kleidung sprechen ihren Charakteren aus der Seele und zeigen auch den Wandel auf. So ist die Serie eine spannende Geschichte aus der Welt des Schachs, die zudem auch noch wunderbar aussieht und die es schafft, mit einem recht sperrigen Charakter zu berühren.
Fazit: Die amerikanische Miniserie „Das Damengambit“ aus der Hand von Scott Frank und Allan Scott, welche bereits kurz nach Erscheinen viel internationale Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, inszeniert Schach so spannend wie einen Thriller und kann damit und auch dank seiner eigenwilligen Hauptfigur die ZuschauerInnen über die gesamte Spieldauer fesseln.
Bewertung: 5/5
Trailer zur Miniserie „Das Damengambit“:
geschrieben von Doreen Matthei
Quellen:
- Wikipedia-Artikel über die Serie „Das Damengambit“
- Gereon Asmuth, ‚Berlin als Drehort in „Das Damengambit“: Eine Stadt spielt die ganze Welt‘, taz.de, 2020
- Hannah Pilarczyk, Christian Buß, Jonas Lages und Oliver Kaever, ‚Streaming-Tipps fürs Wochenende: “Das Damengambit”, “Fireball”, “#heuldoch” – DER SPIEGEL‘, spiegel.de, 2020
- Oezguer Anil, ‚“Damengambit”: Die wahre Geschichte hinter dem Netflix-Hit‘, film.at, 2020
- Theresa Hein, ‚Das Damengambit auf Netflix: Quadratisch, logisch, gut – Medien – SZ.de‘, sueddeutsche.de, 2020
- Arabella Wintermayr, „Das Damengambit”: Zug um Zug in den Netflix-Olymp (Kritik)‘, musikexpress.de, 2020