„Stumm“ (2020)

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Kurzfilm / Deutschland / Dokumentation / 2020

Filmkritik: Auf dem 63. DOK Leipzig lief im ‚Kids‘-Programm der Animadok „Stumm“ von Anna Theil. Er erzählt eine sehr persönliche Geschichte und ist gleichzeitig ein gelungenes Zeitportrait der DDR.

Als sich die Grenze zum Westen öffnet, beginnt für den Teenager Anna eine andere Zeit. Aber die neue Welt gerät schnell aus den Fugen, als eines Tages ihr Vater wegen Mord verhaftet wird.

In nur sieben Minuten erzählt die Filmemacherin Anna Theil (*1977), welche auch das Drehbuch dazu schrieb, von einem Wendepunkt in ihrem Leben. Nicht nur dass sich die Grenze zur BRD öffnete und so alles Alte und Bekannte keinen Bestand mehr hatte und ein neues Leben auf sie hereinbrach, sondern auch, dass ihr Vater wegen Mordverdachts verhaftet wurde. Erst in diesem Moment beginnt sich die junge Frau Gedanken über die Stasi-Vergangenheit ihres Elternteils zu machen. So wie ihr ging es vielen Stasi-Kindern nach der Wende 1990. Wie geht man mit der Schuld und der Rolle seiner Eltern um? Noch heute scheint das Thema stigmatisiert zu werden. All diese Gedanken bringt Anna Theil mit ihrem kurzen Animadok zum Ausdruck. Visuell entschied sie sich für eine Mischtechnik aus realen Andenken wie Fotos und Zeitungsausschnitten, welche dann animiert und collagiert zusammengefügt wurden sowie 2D-Zeichnungen, welche mehr die Handlungen um sie selbst herum einfangen. Mit der großartigen Animatorin Daniela Gast hat sie dafür die perfekte Partnerin gefunden, so dass hier ein rundum gelungener Kurzfilm entstand, der nicht nur eine sehr persönliche Geschichte erzählt, sondern auch ein Stück jüngerer Geschichte aus einem neuen Blickwinkel beleuchtet. 

Fazit: Der Kurzfilm „Stumm“ ist ein empfehlenswerter, animierter Dokumentarfilm über die familiären Hintergründe der Filmemacherin. Gleichzeitig gewährt der Film auch einen Einblick in die Gedanken der Kinder von Stasi-Mitarbeitern. Mit einem gelungenen Mix aus Originalmaterial und 2D-Zeichnungen bebildert sie ihre Geschichte und lädt zum Nachdenken und Reflektieren ein. Damit würde sich der Kurzfilm „Stumm“ auch sehr gut für einen Einsatz u.a. an Schulen anbieten.

Bewertung: 7,5/10

geschrieben von Doreen Matthei

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