„Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ (2020)

Doreen Kaltenecker
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Emilia Schüle und Günther Maria Halmer

Filmkritik: Der Spielfilm „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen” (Deutschland, 2020) von Nadine Heinze und Marc Dietschreit, der auf dem 42. Filmfestival Max Ophüls Preis seine Weltpremiere feierte, erzählt mit Einfühlungsvermögen und im Gewand des deutschen Unterhaltungskinos mit hochkarätiger Besetzung von dem Leben einer 24-Stunden-Pflegekraft in Deutschland.

Wie viele andere Frauen kommt Marija (Emilia Schüle) nach Deutschland, um hier ihren Lebensunterhalt zu verdienen und lässt dafür ihre Familie insbesondere ihren kleinen Sohn in der Ukraine zurück. Sie wird von Almut (Anna Stieblich) als 24-Stunden-Pflegekraft für ihren demenzkranken Vater Curt (Günther Maria Halmer) engagiert. Nur schwer lebt sie sich in dem streng geführten Haushalt ein, doch als Alma auf einmal nicht mehr vor Ort sein kann und auch der Sohn Philipp (Fabian Hinrichs) sich nicht um seinen Vater kümmern will, ist Marija auf sich allein gestellt. Als Curt sie dann noch für seine verstorbene Frau hält, wird die Situation noch schwieriger.

Emilia Schüle und Günther Maria Halmer

Deutschland gehört zu den Ländern, die sich den Luxus leisten, Pflegekräfte meist aus dem Ausland komplett als 24-Stunden-Kraft einzustellen. Die meist osteuropäischen Frauen verschreiben sich dann ganz der Pflege und lassen dafür oft ihre eigene Familie zurück. Diesen monströsen Fakt greifen die beiden FilmemacherInnen Nadine Heinze (*1980) und Marc Diezschreit (*1975), welche auch zusammen das Drehbuch geschrieben haben, auf und packen dies in das Gewand eines klassischen Drama gewürzt mit einer Prise Humor. Am Anfang bleibt sich der Film seinem Realitätsbezug sehr treu und berichtet von der Situation der Pflegerinnen und vor allem wie mit ihnen umgegangen wird. Doch nach und nach verändert sich der Ton des Films, wird cineastischer, legt mehr Wert auf die emotionalen Aspekte seines Films und benutzt dafür die eine oder andere Übertreibung und so kommen hier ein Autounfall, ungewollte Avancen und eine Verwechslung zusammen und machen den Film auf klassische Kinomanier leichtfüßiger. Doch darauf lässt man sich als ZuschauerIn gern ein. Was vor allem auch an der glatten Inszenierung und dem großartigen Cast liegt. Denn Emilia Schüle („Freche Mädchen“ (2008), „Jugend ohne Gott“ (2017), „Traumfabrik“ (2019)), selbst mit russischen Wurzeln, überzeugt als anfänglich schüchterne Pflegerin, welche mit der Zeit immer mehr Selbstbewusstsein entwickelt. An ihrer Seite als gebildeter, aber demenzkranker Rentner überzeugt Günther Maria

Emilia Schüle und Günther Maria Halmer

Halmer mit seinem ambivalenten Spiel. Durch und durch passt sich die Inszenierung, welche vor allem im Inneren des Hauses spielt, der Geschichte an und rundet das Filmerlebnis ab. So entstand hier ein Wohlfühl-Film mit ernsten Hintergründen, der auch ein größeres Publikum erreichen kann, und so auch zum Nachdenken über diese Berufe einlädt und die richtigen Fragen evoziert.

Fazit: Der Spielfilm „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ beschäftigt sich mit den ernsten Themen Demenz und 24h-Pflegekräfte und beweist mit cineastischem Einfühlungsvermögen, dass sich solche Themen auch als Mainstream-Unterhaltung funktionieren. Dabei schafft der Film es, nie kitschig zu werden, auch wenn er hier und da sehr emotional wird. Zusammen mit dem hervorragenden Cast, allen voran Emilia Schüle, besticht der Film als gelungenes Unterhaltungskino mit ernstem Background. 

Bewertung: 7,5/10

Trailer zum Film „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“ 

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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