Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
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Filmkritik: In ihrem Debüt-Langfilm „Nothing More Perfect“, gesehen auf dem 30. Filmfestival Cottbus 2021, erzählt die deutsche Filmemacherin Teresa Hoerl, deren Kurzfilme wie „Familienzuwachs“ bereits mehrfach ausgezeichnet wurden, eine authentische Geschichte von Jugendlichen, sozialem Druck und dunklen Gedanken, die sich nicht abschütteln lassen.
Die 16-jährige Maya (Lilia Herrmann) führt ein behütetes Leben. Wie andere Teenager ist sie zwar unsicher über ihr Äußeres, was von ihren Freundinnen noch unterstützt wird, aber eigentlich fehlt es ihr an nichts. Doch trotzdem ist sie unendlich traurig und besitzt eine starke Todessehnsucht. Im Internet findet sie auf der Webseite ‚Death Lovers‘ Gleichgesinnte und tauscht sich mit den Menschen dort aus, wie man sich am besten das Leben nimmt. Als sie mit ihr zwar getrennten Eltern Henri (Mira Partecke) und Dieter (Thorsten Merten) zusammen in den Urlaub nach Prag fährt, erscheint diese Stadt wie der perfekte Ort sich das Leben zu nehmen.
Die aus Deutschland stammende Filmemacherin Teresa Hoerl schaffte es schon mit ihrem Kurzfilm „Familienzuwachs“ ein gesellschaftsrelevantes Thema in einen gelungenen Kurzfilm zu packen. Auch bei ihrem Langspielfilm, für den sie auch das Drehbuch geschrieben hat und der zur Zeit auf einigen Festivals (z.B. auf den Internationalen Grenzland-Filmtagen in Selb) zu sehen ist, widmet sie sich wichtigen Themen. Zunächst ist „Nothing More Perfect“ eine beinah klassische Coming-of-Age-Geschichte. Die Protagonistin muss zu sich selbst finden, erkennen was schlechter Einfluss ist, den richtigen Umgang mit ihren Eltern finden und eine innere Stärke entwickeln. Doch Hoerl packt noch zwei weitere relevante Themen in den Film. Zum einen beschäftigt sie sich mit der Todessehnsucht von Teenagern, die auch gerne in Gemeinschaft über ihre Suizid-Fantasien sprechen. Was bringt junge Menschen zu solchen Gedanken? Wie weit würden sie gehen? Ist es immer ein Hilferuf? Solche Fragen evoziert der Film und auch wenn Hoerl mit ihrer Figur Maya keine direkten Antworten gibt, lässt sie die ZuschauerInnen in die jungen Köpfe schauen. Das andere wichtige Thema ist der Stellenwert von Sozialen Medien bei der heutigen Jugend. Junge Menschen sind ständig und überall vernetzt und stehen dabei immer auch in einer Art Konkurrenz, sei es bei der sportlichen Auslebung oder auch wie in dem Fall bei den Suizidfantasien und -versuchen. All das verspinnt Hoerl in einen realitätsnahen Film, der spannend und einfühlsam gleichermaßen ist. Hinzu kommen noch kleine Nebengeschichten wie die Feierlaune von deutschen Touristen in Prag, welche das Filmerlebnis abrunden.
Gedreht wurde der Film u.a. an Live Locations wie den touristischen Hotspots von Prag und besticht mit einer gelungenen Mischung aus Authentizität und cineastischen Bildern. Zudem wechselt der Film regelmäßig auf die Smartphonesicht, gefilmt von den DarstellerInnen selber, und fängt so die soziale Medienwelt im Hochformat ein. Getragen wird der Film von der perfekt ausgewählten Jungdarstellerin Lilia Herrmann. Aber auch die Nebenrollen, wie Thorsten Merten („Deutscher“ (2020)) als feierwütiger Vater, wurden gut besetzt, so dass Besetzung, Filmaufnahmen und die Geschichte hier wunderbar Hand in Hand gehen. So entstand ein Debüt, das gut unterhalten kann, wichtige Themen anspricht und definitiv neugierig auf weitere Filme der Regisseurin macht.
Fazit: Der deutsche Spielfilm „Nothing more Perfect“ ist das Langspielfilm-Debüt der Filmemacherin Teresa Hoerl und überzeugt als gelungenes Drama. Die Regisseurin fühlt sich in ihren jungen Protagonistin ein und macht den sozialen Druck, den Einfluss sozialer Medien sowie die Gedankenwelt von Teenagern zum Thema und schafft es sich in ihre Figuren gut einzufühlen. So entstand ein filmisch hervorragend umgesetzter und gut besetzter Film, der eine zeitaktuelle Coming-of-Age-Geschichte erzählt.