„Men – Was dich sucht, wird dich finden“ (2022)

Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)

Filmkritik: Der Regisseur, Drehbuchautor und Romanschriftsteller Alex Garland der uns Bücher wie „Der Strand“ (1996) und Filme wie „Ex Machina“ (2015) oder „Auslöschung“ (2018) schenkte, erzählt in seinem neuesten Film „Men – Was dich sucht, wird dich finden“ (OT: „Men“, UK, 2022) von der diffusen Bedrohung durch Männlichkeit, welcher sich Frauen ständig ausgesetzt sehen und wählt dafür den Weg des Horrorfilms.

Harper (Jessie Buckley), deren Ehemann James (Paapa Essiedu) vor kurzem gestorben ist, zieht sich in ein britisches Landhaus weitab der Stadt zurück. Sie braucht dringend Ruhe und lange Spaziergänge durch die Natur. Doch gleich der Vermieter Geoffrey (Rory Kinnear) ist seltsam daran interessiert, dass sie allein in diesem großen Haus bleiben will. Auch die anderen Männer des Dorfes, darunter ein vorlauter Junge, ein Pfarrer und ein nackter Stalker suchen den Kontakt zu ihr, sodass es immer unheimlicher wird.

Men Film Rights LLC.

Rory Kinnear

Alex Garland (*1970), der als Schriftsteller anfing, als Drehbuchautor seine Karriere erfolgreich aufbaute ( „28 Days Later“ (2002), „Sunshine“ (2007)) und sich dann als Regisseur einen Namen machte, erzählt in seinem neuen 100-minütigen Spielfilm von der toxischen Männlichkeit, deren Blick auf die Frauen und von dem Gefühl, das sich bei dem Objekt der Begierde breit macht. Dafür verwendet er verschiedene Genres: Es fängt als gefühlvolles Drama an, baut klassische Horrorelemente mit ein, wirkt stellenweise wie ein Provinzkrimi und schlägt einen extremen Haken zum Body Horror. Mit all dem rechnet das Publikum nicht, sodass der Film einen auf eine extreme Achterbahnfahrt mitnimmt. Dabei kann man interpretatorisch den Film vor allem auf zwei Arten lesen. Zum einen geht es dabei um die verletzliche Frau, die hier in vielen Formen den Blicken der Männer und ihrer Dominanz ausgesetzt ist. Die Gegenüber – die Männer, werden dabei von ein und demselben Darsteller verkörpert, dadurch entsteht eine gewisse Uniformität in all den verschiedenen Typen von Mann. So werden die Übergriffe und das Machtgebaren als geballte Masse dargestellt. Auch wenn sich die Hauptdarstellerin dann mal einem Mann anvertraut, wird dieses Vertrauen missbraucht und am Ende gebärt sich der toxische Mann aus dem toxischen Mann selbst. Die andere, stark vorgegebene Interpretation, die vor allem dafür da ist, die mysteriösen Elemente zu erklären, ist ein Trauma, was Harper belastet. Hier stellt sich die Frage, ob das nötig war, denn so wird gleichzeitig auch die Frage aufgeworfen, ob das alles nur die Einbildung einer traumatisierten Frau ist, was dem Film dadurch Stärke entziehen würde. So darf das Publikum selbst entscheiden, welche Geschichte hier erzählt werden soll. 

Men Film Rights LLC.

Jessie Buckley

Für seine Geschichte fand der Regisseur Garland die richtigen Drehorte. Es wurde in den St. Katherine’s Docks in London und in der Grafschaft Gloucestershire, u.a. im Forest of Dean, gedreht. Zum einen schafft es der Film, die Idylle und Beschaulichkeit des Landlebens einzufangen, aber gleichzeitig schwingt immer etwas Bedrohliches mit. So wurde auch auf das typische, britische Wetter zurückgegriffen, um eine diesige, so auch etwas mysteriöse Stimmung zu erzeugen. Harpers Waldspaziergang ist so gleichzeitig schön, doch wirkt der Übergang zu den unheimlichen Ereignissen nicht künstlich oder abrupt, sondern entsteht hervorragend aus der Stimmung heraus. Im Allgemeinen gehen die Orte, die Ausstattung, der Look und die Stimmung Hand in Hand, um die Geschichte perfekt zu untermalen. Hinzu kommen Effekte, die ganz dem Body Horror verschrieben sind und dadurch ihre Wirkung erzielen. In diesem perfekt geschaffenen Rahmen spielen die beiden Hauptdarsteller:innen ihre Rolle stimmig. Jessie Buckley, welche immer wieder in Filmen wie „Judy“ (2019), „I’m Thinking of Ending Things“ (2020) auffällt, sowie der Brite Roar Kinnear (zu sehen in diversen James-Bond-Filmen als Tanner, „Penny Dreadful“ (2014-2016), „The Imitation Game“ (2014)), der hier nicht nur durch die Maske ein immer neues Gesicht der Männlichkeit offenbart, überzeugen auf ganzer Länge und binden das Publikum an die Geschichte. So ist „Men – Was dich sucht, wird dich finden“ ein Drama mit Horror-Elementen, Traumata, toxischer Männlichkeit und bietet viel Raum für die narrative und interpretatorische Entfaltung. 

Jessie Buckley

Fazit: Der Spielfilm „Men – Was dich sucht, wird dich finden“ ist das neueste Werk des Autors und Regisseurs Alex Garland, der sich darin mit toxischer Männlichkeit wie Trauma gleichzeitig beschäftigt und sich dafür unterschiedlicher Genres bedient. Diese Mixtur gelingt ihm mühelos und überzeugt als spannende Geschichte, deren mysteriöse Ereignisse das Publikum selbst einordnen soll. 

Bewertung: 7,5/10

Kinostart: 21. Juli 2022

Trailer zum Film „Men – Was dich sucht, wird dich finden“:

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

Kommentar verfassen