Sieben Fragen an Kim Allamand

Doreen Kaltenecker
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Interview: Im Gespräch mit dem Schweizer Filmemacher Kim Allamand konnten wir mehr über seinen Kurzfilm „Heart Fruit“, der auf dem 35. Filmfest Dresden 2023 den Dresdner Kurzfilmpreis des Verbandes der deutschen Filmkritik gewann, erfahren, warum er findet, dass es die perfekte Zeit für eine Liebesgeschichte war und welche Freiheiten er durch das Episodenhafte erhielt und wie die Architektur Zürichs ihm in die Hand gespielt hat.

Wie kam es zu der Entstehung von „Heart Fruit“?

Heart Fruit“ ist während der Corona-Pandemie entstanden und hat einen starken Bezug dazu. Während dieser Zeit habe ich viel über Beziehungen nachgedacht und die Menschen, die mir nah standen und die mir fern waren.

Einen Liebesfilm in dieser Zeit zu machen, war für mich logisch. Denn so konnten wir uns durch dieses Projekt wieder zurückerobern, was uns in dieser Zeit verwehrt blieb: Körperkontakt, Intimitäten, Küsse, Gefühle.

Wie würdest Du deine persönliche Einstellung über moderne Beziehungen einordnen?

Ich weiß nicht genau, was eine moderne Beziehung ist.. :) Meine persönlichen Werte in Bezug auf Beziehungen sind, die Erwartungen und Besitzansprüche so gering wie möglich zu halten. Auch möchte ich meine Liebesbeziehungen nicht mehr priorisieren. Keine Beziehung soll über einer anderen stehen. Kein Ranking. Und letztlich: Loslassen lernen. Keine Angst vor dem Loslassen. Jede Beziehung wird irgendwann zu Ende gehen. Das ist okay.

Was hat Dich an dem Episodencharakter gereizt?

Die episodische Form ist eine offene Form, eine offene Erzählung. Ich wollte mich nicht auf eine bestimmte Liebesgeschichte beschränken. Liebe kann man nicht in einem Film erzählen, schon gar nicht in einem Kurzfilm. Darum die Episoden. Das sind nur kleine Fragmente aus möglichen, verschiedenen Beziehungen. Was die Fragmente verbindet, ist der Schnitt, die Reihenfolge der Bilder, die die Zuschauer:Innen dazu einlädt, die Lücken in der Erzählung zu füllen.

Ich mochte den Film auch auf visueller Ebene sehr gern und fand, dass die Geschichte gut mit den Orten, an dem sie spielt, zusammengepasst hat. Kannst Du mir etwas mehr zu den visuellen Ansätzen und den Drehorten erzählen?

Ich fühle mich, seit ich ein kleines Kind bin, von solchen Orten angezogen. Die Anziehung von Orten ist oft sehr unterschiedlich. Seit meiner Arbeit als Filmemacher führe ich eine Liste mit Orten, an denen ich drehen möchte. Für „Heart Fruit“ haben wir uns großstädtischen, architektonisch auffälligen Orten gewidmet. Auf der einen Seite kann das sehr attraktiv wirken, andererseits sehr clean und versnobt. Beide Attribute verbinde ich mit der Stadt Zürich. 

Beispielsweise ist die Wohnung, in der das Paar frühstückt und sie lautstark das Ei schält und isst, sicherlich sehr anziehend und harmonisch. Jedoch wirkt diese Wohnung in diesem Kontext auch wie ein selbstgebauter Käfig, in dem die Menschen sich gefangen vorfinden. 

Der Cast ist auch großartig. Wie hast Du ihn zusammengestellt?

Alle Menschen, die in diesem Film mitspielen, sind Freunde von mir. Einige davon mit Schauspielausbildung, viele aber auch ohne. In erster Linie wähle ich Menschen für ein Projekt aus, die Lust haben, mit mir zu arbeiten. Mit Lust meine ich auch den Mut haben, Dinge auszuprobieren, zu scheitern, zu suchen und wieder von vorne zu beginnen. Erst danach denke ich über Können, Talent oder Aussehen nach. 

Die Wahl für die episodische Erzählung kam auch von der Lust, mit vielen verschiedenen Menschen zu arbeiten. 

Kannst Du mir am Ende noch etwas mehr von Dir erzählen und wie Du zum Film gekommen bist?

Zum Film kam ich, weil ich verliebt war. Ich war in eine Künstlerin verliebt, die im Art Department gearbeitet hat. Als ich sie das erste Mal ansprach, meinte sie, sie brauche dringend Hilfe auf der Arbeit. Ich sagte, ich könne ihr helfen und sie meinte, dann bräuchte sie aber meine Nummer. So gab ihr also nichtsahnend meine Nummer und arbeitete von da an zwei Jahre im Art Department, bevor ich dann das Filmstudium begann. 

Unsere Liebe hielt nur kurz. :)

Sind bereits neue Projekte geplant?

Momentan stelle ich meinen ersten, kurzen Experimentalfilm fertig. Er stellt die fast unsichtbaren Mikrobioorganismen unserer Umwelt ins Rampenlicht. Außerdem bin ich mitten in den Vorbereitungen für meinen ersten langen Spielfilm. 

Die Fragen stellte Doreen Kaltenecker

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Heart Fruit

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