„Homecoming“ (Staffel 1, 2019)

Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)

Serienkritik: Die amerikanische Serie „Homecoming“ aus der Hand von Micah Bloomberg und Eli Horowitz sorgte 2018 mit ihrer ersten Staffel für Furore. Mit einer besonderen Ästhetik, einer mysteriösen Geschichte und Julia Roberts als Hauptdarstellerin konnte sie damals drei Golden Globe Nominierungen holen und hebt sich erfolgreich von Standard-Serienunterhaltung ab.

Das Programm ‚Homecoming‘ soll jungen Veteranen helfen, ihre Kriegstraumata zu verarbeiten. Als Walter Cruz (Stephan James) und sein Kamerad Joseph Shrier (Jeremy Allen White) in das Programm eintreten, scheint es erst einmal gut zu laufen. Beschäftigungen, Rollenspielen, Essen und Therapiesitzungen bestimmen den Alltag. Doch während Shrier ein mulmiges Gefühl entwickelt, baut Cruz eine enge Beziehung zu seiner Therapeutin Heidi Bergman (Julia Roberts) auf. Vier Jahre später versucht der Ermittler Thomas Carrasco (Shea Whigham) im Auftrag des Verteidigungsministeriums den Ereignissen und einer damit einhergehenden Strafanzeige auf den Grund zu gehen.

Julia Roberts und Stephan James

„Homecoming“ stammt aus der Hand von Micah Bloomberg und Eli Horowitz und basiert auf dem gleichnamigen Podcast von Gimlet Media aus dem Jahr 2016. Die Drehbuchschreiber und Serienerfinder beweisen hier, dass sie das Medium gekonnt für ihre Zwecke, nämlich eine besondere Art des Geschichtenerzählens einzusetzen wissen. Die Geschichte selbst, welche in zehn Folgen unterschiedlicher Länge erzählt wird, springt dabei zwischen zwei Zeitebenen hin und her. Es wird zum einen die Geschichte der Firma Homecoming erzählt und wie diese mit Therapien und einem neuartigen Ansatz Veteranen von ihrer PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) zu befreien versuchen. Der zweite Strang, scheinbar Jahre danach angesiedelt, handelt von einem einsamen Ermittler, der nicht locker lässt, um mehr über die Firma herauszufinden. Dabei dreht sich alles um die Schlüsselfigur Heidi, welche dort als Therapeutin gearbeitet hat, aber sich jetzt an nichts zu erinnern scheint. Zusammen mit dem Ermittler dringen die ZuschauerInnen weiter in das Herz der Institution vor und können mit viel Gefühl und Spannung der Entwicklung der Figuren beiwohnen. Dabei wirkt die ganze Serie trotz einer unheimlichen Grundstimmung entschleunigt. Zeit spielt in dieser Serie einen großen Faktor. Zeit, bis die Traumata verschwinden, Zeit, die vergessen wurde, aber auch im Setting und in den Abständen ist Zeit hier schwer fassbar.

Julia Roberts

Auch die visuelle Umsetzung folgt einem ähnlichen Prinzip wie die Narration. Dabei besticht die Serie nicht nur mit einer klaren Trennung von Vergangenheit und Zukunft durch zwei verschiedene Bildformate, sondern zeigt auch eine ungewöhnliche Kameraarbeit, welche sich oft ganz auf ihre Personen fokussiert und manchmal scheinbar ins Leere filmt. Außergewöhnlich sind auch die Abspann-Passagen, in denen die Kamera gefühlt einfach laufen gelassen wird. Hinzu kommt eine zeitlich schwer einordenbare Optik. Wirkt die Geschichte beinah wie Zukunftsmusik, ist die Ausstattung mit vielen Brauntönen eher veraltet. Der Kontrast zwischen den Bildern des Ermittlers, seiner Umgebung und dem modernen Gebäude der Firma Homecoming könnte nicht größer sein. So entsteht auf visueller Ebene eine ähnliche Ambivalenz wie auf narrativer. Dabei zeigen die Serienschöpfer, was dieses Format alles hergeben kann und bestechen mit einer außergewöhnlichen Serie, welche zu recht 2019 für drei Golden Globes nominiert war. Das verdankt die Serie natürlich auch ihrer großartigen Besetzung. Die Rollen werden gespielt von Größen wie Julia Roberts („Erin Brockovich“ (2000), „Wunder“ (2017)), Sissy Spacek („Carrie“ (1976), „Ein Gauner und Gentleman“ (2018)), Bobby Cannavale („Jumanji – Willkommen im Dschungel“ (2017)) und Stephan James („21 Bridges“ (2019), „Beale Street“ (2019)). Sie fühlen

Stephan James und Julia Roberts

sich gut in ihre Rollen hinein und vor allem Roberts besticht mit einem großartigen Spiel, einer Frau, welche scheinbar zwei Seelen in ihrer Brust hat. Im Gesamten ist „Homecoming“, trotz eines vielleicht nicht für alle besonders ansprechenden Themas, eine Serien-Empfehlung, da sie sich traut gewohnte Muster aufzubrechen und das garantiert ein außergewöhnliches Serienerlebnis.

Fazit: Die zehn Folgen umfassende erste Staffel der Serie „Homecoming“, welche mittlerweile eine zweite Staffel erhalten hat, ist außergewöhnlich, da sie das Medium visuell und narrativ gekonnt nutzt und so ein zudem hochkarätig besetztes Serienvergnügen darstellt.

Bewertung: 4/5

Trailer zur Staffel 1 der Serie „Homecoming“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

Kommentar verfassen