Acht Fragen an Johannes Bachmann

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© Omid Taslimi

Im Gespräch mit dem Schweizer Regisseur Johannes Bachmann (Stilles Land Gutes Land) konnten wir mehr über seinen Abschlussfilm „Der Film vom Propellermann“, u.a. zu sehen auf dem 31. Bamberger Kurzfilmtagen und dem 21. Landshuter Kurzfilmfestival erfahren, warum er hier einen Film im Film entstehen lässt, was ihn dazu bewogen sich selbst als Schauspieler einzusetzen und warum er sich selbst auf kein Genre festlegen will.

Kannst du mir mehr zum Ursprung deines Abschlussfilms „Film vom Propellermann“ erzählen? War es die ganze Zeit als Film im Film geplant oder wollte ich den Film über den Propellermann wirklich drehen?

Tatsächlich war es nicht von Anfang an mit diesen zwei Ebenen geplant.

Ich hatte schon lange bevor ich den Abschlussfilm machen musste, die Idee vom Propellermann-Film, denn die Geschichte hat verschiedene Sachen vereint, die ich mal im Film ausprobieren wollte. Und zwar ein phantastisches Element – jemand, der fliegt, eine andere Zeit, in der die Handlung spielt, und auch Stunts, die man irgendwie umsetzen muss. Es musste also quasi eine komplette Filmwelt kreiert werden. Das hat mir sehr gut gefallen, so dass ich die Idee erst einmal zur Seite gelegt habe. Und als es dann konkreter wurde, dass ich langsam mal ein Abschlussfilm machen sollte, habe ich zuerst ein langen Spielfilm probiert. Doch dann gab es kein Geld mehr und die Zeit wurde auch immer knapper. Dann kam langsam diese Idee von diesen zwei Ebenen, dass ich auch noch den Struggle erzähle, von einem Filmstudenten, der vielleicht auch nicht das Geld bekommt, um den Film zu machen, den er eigentlich machen will, und so einen Kompromiss nach dem anderen eingehen muss. Gleichzeitig habe ich mir gedacht, dass mein Abschlussfilm die letzte Möglichkeit ist, wo ich komplett frei von irgendwelchen Geldgebern genau die Geschichte erzählen kann, die ich will und die zu mir passt. So ist es keine klassische hübsche Fantasy-Geschichte geworden, sondern ein bisschen spezieller und ich konnte auch noch mein ganzes Studium irgendwie darin verarbeiten. Und das ist ja ein Film, der niemals gefördert werden würde von von Filminstitutionen, von Förderinstitutionen, sondern der wirklich einfach gut als Abschlussfilm passt. Ich hatte davor schon Filme gemacht, die genug in der Welt rumgereist sind und auf Festivals liefen und hab gedacht, ich mache jetzt wirklich einfach etwas, was zu mir passt, was ganz unaufgeregt ist. Was mir persönlich ein bisschen gefehlt hat bei den Festivals, waren immer lustige und leichte Filme. Es sind meist sehr schwere Themen, die in Kurzfilmen von jungen StudentInnen behandelt werden. Und jetzt, wo ich dran bin, einen Abschlussfilm zu machen, wollte ich was Leichtes, Lustiges und etwas, was auch in die Festivalszene passt und zeigt, was eigentlich nur Filmnerds und FilmsstudentInnen tun. 

Kannst du mir etwas zum Rahmen für die Realisierung erzählen? Wie viel Zeit hattet ihr, wo habt ihr gedreht et cetera?

Da ich verschiedene andere Projekte vorher als Abschlussfilm umsetzen wollte, hatte ich nicht mehr viel Zeit. Ich hab es im November/Dezember geschrieben, im März folgten die Dreharbeiten und im Sommer war ich fertig. Das heißt, das Ganze hat vielleicht vier, fünf Monate gedauert, bis der Filmen von A bis Z fertig war und ich hab das rund um Zürich, teilweise bei mir oder bei Freunden zu Hause gedreht. 

Die zwei Ebenen bin ich quasi ganz anders angegangen. Die Propellermann-Geschichte wurde aufwendig und teils im Studio gedreht, zum Teil in einem Haus in der Zürcher Altstadt, das wir umgebaut haben. Dort haben wir auch mit einer ganz großen Crew und Schauspielern gedreht und alles ganz normal und aufwendig. Und der andere Teil, der vom Filmstudenten handelt, das war eine Mini-Mini-Show. Da waren nur ich als Regisseur und Schauspieler, mein Kameramann und mein Tonmann dabei. Und zu dritt sind wir eigentlich relativ spontan durch Zürich und die Hochschule gelaufen, haben geschaut, wo es cool wäre zu drehen und haben es spontan ohne Planung beinah dokumentarisch umgesetzt. 

Die Arbeit als Filmstudent ist ja das zweite zentrale Thema. Wie nah ist das Gezeigte an der Realität dran?

Das ist natürlich sehr nah dran. Klar ist es relativ komprimiert und die Probleme überspitzt oder ein bisschen enger aneinander gerückt, als es vielleicht in Echt war. Aber ich habe eigentlich alle Szenen und zum Teil auch die Dialoge Wort für Wort innerhalb von meinem Studium, teilweise bei anderen Projekten, selbst erlebt. Ich habe sogar noch schlimmere Erlebnisse gehabt, aber das ist okay. Es geht ja immer nur ums Filmemachen und wir nehmen das natürlich viel zu ernst.

Was lag dir hier visuell am Herzen?

Johannes Bachmann

Klar war mir in der Propellermannebene extrem wichtig, dass ich in seine Welt eintauchen kann, die definitiv etwas retro, wenn auch schwer einzuordnen ist, in der ich mit großen Bildern erzählt konnte. Dafür haben wir auch das Scope-Format, welches man in solchen Filmen gern sieht, und eine klassisch schöne Kameraführung verwendet. Die andere Ebene hielt ich einfach: eine Einstellung pro Szene, Tableaus, fixe Kameraeinstellungen oder zumindest seltene Schwenks. 

Mir ging es auch darum, diese beiden Arten, Filme zu machen, gegenüberzustellen und zu schauen, wie unterschiedlich man das als Publikum überhaupt wahrnimmt. Es sind jetzt u.a. zwei verschiedene Formate (Scope und 16:9). Das eine ist viel geschnitten und es ist viel Bewegung in der Kamera mit Kamerafahrten und Handkamera und Details. Bei dem anderen ist es ganz ruhig geschnitten, dafür reden die Leute sehr schnell, so wie ich bspw. jetzt immer die ganze Zeit rede. Es ist eine ruhige Kamera, es ist immer nur ein statisches Bild pro Szene. Und ich glaube, das Erschreckende ist, dass es gar nicht so sehr auffällt. Und das eine war mit einer 40-köpfigen Crew für sehr viel Geld und der andere Teil war mit einer dreiköpfigen Crew für quasi kein Geld. Und der Unterschied ist nicht sehr groß. Das ist das Interessante beim Filmemachen, dass man auf so unterschiedliche Weisen mit unterschiedlich vielen Leuten Filme machen kann und beides funktioniert und beide Vor- und Nachteile besitzt.

Erzähl mir bitte mehr zur Besetzung. Hattest du von Anfang an vor, selbst mitzuspielen?

Nein, das hatte ich nicht und erst nach einem Gespräch mit dem Kameramann und mit dem Produzenten von der Hochschule kam ich auf die Idee. Die haben mich darauf hingewiesen, dass ich eigentlich mich im Drehbuch beschreibe. Im Hinterkopf war die Option schon vorhanden, da ich vorher schon geschauspielert habe, aber vorher habe ich trotzdem noch nach anderen Darstellern gesucht. Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich das ausprobiert habe, weil ich vermutlich nie wieder die Möglichkeit habe, in einem meiner Filme vor der Kamera zu stehen. Und das war ein tolles Erlebnis und es hat so funktioniert, wie ich es mir das vorgestellt habe.

Ansonsten zur Besetzung: Ich hatte für den Propellermann von Anfang an Julian Boyne im Kopf. Ihn hatte ich mal beim Vorsprechen an der ZHdK gesehen und hatte schon lange die Idee, mit ihm einen Film zu machen. Und so habe ich diese Figur ein bisschen auf ihn geschrieben, ohne ihn gekannt zu haben. Durch den Film wurden wir richtig gute Freunde und haben zusammen in der WG gewohnt. Das war eine sehr schöne Zusammenarbeit. Im Propellermann-Film spielen Schauspieler mit, aber im Claudius-Film spielen eigentlich nur Laien mit, so spielt der Kameramann den Kameramann und der Tonmann spielt den Tonmann. Das sind alles die echten Leute, außer der Dozent. Der ist dann doch ein Schauspieler, weil ich das meinem Dozenten nicht zumuten wollte, sich selber spielen zu müssen. Aber die Orte und die Räumlichkeiten, in denen wir die Szenen gedreht haben, sind echt. Wir haben also wirklich im Büro unserer Chefin von der Hochschule gedreht.

Wie ist es, Darsteller und Regisseur zugleich zu sein?

Natürlich ist es sehr schwierig, sich selber zu beurteilen, wie man spielt, wenn man auch noch Regie machen soll. Da ist es umso wichtiger, dass man die richtigen Leute um sich herum hat, die das beurteilen können und einem ganz ehrlich sagen, wenn was nicht passt. So ein Mann war Raphael Kistler, mein Kameramann. Gleichzeitig ist es auch relativ einfach, habe ich das Gefühl, wenn man selber spielt, weil man als Regisseur ja immer eine Vorstellung hat, wie was gespielt sein soll. Und wenn man es dann selber spielt, dann macht man es genau so, wie man sich das vorstellt. Ich hab zwar kein Auge von außen, aber hatte schon beim Schreiben immer eine Vorstellung von der Umsetzung im Kopf. Also ist es letztendlich gar nicht so eine dumme Idee, weshalb es wohl häufiger mal vorkommt, dass die Regisseure selbst mitspielen. Aber vermutlich war es bei mir war trotzdem eine einmalige Sache, die ich aber unbedingt mal ausprobieren wollte.

Mit deinem Abschlussfilm wendest du dich einer Komödie zu. Dein letzter Film „Stilles Land, gutes Land“ war dagegen sehr ernsthaft. Hast du jetzt rausgefunden, was dir mehr liegt?

Nein. Ich hab ja das Studium dafür genutzt, um möglichst verschiedene, unterschiedliche Filme zu machen in verschiedenen Genres mit verschiedenen Aufgaben, mal dokumentarisch, experimental, Komödie, lustig, traurig. Ich habe alles ausprobiert und ich will mich jetzt nicht festlegen. Denn Filmemachen ist so etwas Universelles, da finde ich ihn in allem etwas, was mir Spaß macht. 

„Stilles Land. Gutes Land“ stammte aus der Hand der Drehbuchautorin Lea Pasinetti, und ich habe es umgesetzt. Hier war es spannend, dass ich mein eigenes Buch realisiert habe. Ich selbst mag es lustig, deswegen hatte ich großen Spaß daran, das hier umzusetzen. Trotzdem möchte ich mich nicht festlegen. Ich bin jetzt gerade wieder an etwas Lustigem dran und schreibe mit einem Schauspielkollegen wieder was Ernstes. Mal sehen, was gefördert wird oder welche Projekte dann wirklich realisiert werden und in die Richtung zieht es mich dann wahrscheinlich. Vielleicht komm ich dann doch irgendwie in eine Nische rein, aber ich versuche mir das möglichst lange offen zu halten. 

Jetzt mit dem Abschluss in der Tasche. Wie geht es weiter? Sind schon neue Projekte geplant?

Tatsächlich, der Abschluss ist ja jetzt auch schon länger her und ich hatte das Glück, dass ich schon parallel zum Studium ab und zu Bewerbungen machen konnte und bei einer Fernsehserie mal mitschreiben konnte. Und eigentlich genau mit dem Abschluss konnte ich einsteigen im Writers Room für eine neue Comedy-Serie fürs Schweizer Fernsehen und Sky. Mein Kameramann Rafael Kistler hat mich da quasi mit reingeholt ins Boot. Ich hab dort dann auch die Second-Unit-Regie übernommen für die erste Staffel. Die wurde nun in den letzten beiden Monat gedreht und im November 2021 soll sie rauskommen. In diesem Projekt bin ich jetzt voll drinnen und mache ab und zu nebenher noch Werbung und schreibe neue Projekte und Serien mit Freunden, mit Schauspielern, mit DrehbuchautorInnen und mit anderen Regisseuren. Ich hatte keine Pause zwischen Studium und Arbeiten. Es läuft und so kann ich mit dem Filmemachen (Schreiben oder Regie) momentan mein Geld verdienen und das ist selbstverständlich nicht selbstverständlich, weshalb ich das unheimlich genieße.

Die Fragen stellte Doreen Matthei

Lies auch die Rezension des Kurzfilms „Der Film vom Propellermann“

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