„The Banshees of Inisherin“ (2022)

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Filmkritik: Der irische Filmemacher Martin McDonagh, der uns Filme wie „Brügge sehen… und sterben“ und „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ geschenkt hat, bringt nun seinen vierten Spielfilm „The Banshees of Inisherin“ (OT: „The Banshees of Inisherin“, Irland/UK/USA, 2022) auf die Leinwände, kehrt mit vertrauten Gesichtern zurück und erhielt neun Oscar-Nominierungen auf der 95. Oscarverleihung 2023.

Auf den abgelegenen Aran-Inseln geht das Bürgerkriegsgeschehen auf der irischen Hauptinsel im Jahr 1923 an den Bewohner:innen beinahe vorbei. Dort leben alle ihren täglichen Trott. Seit Jahren sind Pádraic (Colin Farrell) und Colm (Brendan Gleeson) befreundet und spazieren jeden Tag zum Pub, um dort miteinander zu trinken und zu reden. Doch an diesem Morgen möchte Colm nichts mehr mit Pádraic zutun haben. Er will seine restliche Lebenszeit lieber an seinem Erbe – der Musik – feilen. Pàdraic sucht Rat und Trost bei seiner Schwester Siobhán (Kerry Condon) und dem gemeinhin als Dorftrottel bezeichneten Dominic (Barry Keoghan). Doch Colms Reaktionen auf die erneuten Annäherungsversuche seines ehemaligen Freundes sind drastisch.

©20th Century Studios. All Rights Reserved

Kerry Condon und Barry Keoghan

Der Regisseur und Drehbuchautor Martin McDonagh (*1970) hat 2008 mit seinem Langfilmdebüt „Brügge sehen… und sterben“ (2008) Furore gemacht. Die Mischung aus expliziter Gewalt, Humor und dem Spiel der beiden Hauptdarsteller Brendan Gleeson und Colin Farrell verschaffte dem Film gleich einen Kultstatus. Danach folgten die überdrehte Komödie „7 Psychos“ (2012) und der Spielfilm „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ (2017), der auch mit zwei Oscars ausgezeichnet wurde. In seinem vierten Spielfilm bringt er das Erfolgs-Duo Gleeson und Farrell zurück und wurde dafür im Vorfeld schon viel gelobt. Seine Rechnung geht auf. Der Film ist aber trotz des ein oder anderen guten pointierten Gag vor allem ein Drama. Geschrieben hat er es bereits 1994 als dritten Teil seiner Theatertrilogie „Aran Islands Trilogy“. Der Film erzählt Geschichten von Verlust, dem Umgang mit der persönlichen Entwicklung, wie diese durch die Umwelt gebremst oder gefördert wird, und über Freundschaft. Auch wenn sich die Story bitterböse entwickelt, ist sie in ihrem Kern tieftraurig und darauf muss man sich einlassen wollen. Während „Brügge sehen… und sterben“ äußerst leichtfüßig daher kam, hat hier die Schwermut die Oberhand. Ein Gefühl von Ausweglosigkeit macht sich breit und so steuert der Film für fast alle Protagonisten auf eine Klippe zu. Nur eine Figur kann sich befreien und das schenkt Hoffnung. Steckt darin die Botschaft des Films?

Jonathan Hession

Brendan Gleeson und Colin Farrell

Inszeniert ist der Film, wie man es bereits erwartet hat, großartig. Die fiktive Insel Inisherin wird hier hervorragend von den realen Inseln Árainn und Acaill gedoubelt. Der Zeitkolorit ist dabei genauso stimmig eingefangen wie die raue, schöne Landschaft Irlands. Mit den Protagonist:innen lernen wir die Insel kennen, ihre Schönheit und ihre Beengtheit. In diesem Kosmos brodeln nun die Konflikte hoch, in der auch ein Hund und ein Esel eine wichtige Rolle spielen. Neben diesen tierischen Darsteller:innen ist auch hier wieder ein großartiges Ensemble zusammengestellt worden. Neben dem wunderbaren Spiel von Brendan Gleeson („Brügge sehen… und sterben“ (2008), „Paddington 2“ (2017)) und Colin Farrell („7 Psychos“ (2012), „The Lobster“ (2015), „The Killing of Sacred Deer“ (2017)) überzeugen Kerry Condon („Better Call Saul“ (2015-2022)) als Ruhepol der Familie und Barry Keoghan („The Killing of Sacred Deer“ (2017), „Dunkirk“ (2017)) als scheinbarer Dorftrottel, der die Dinge durchschaut und mit seinen Gefühlen am ehrlichsten ist. So entstand ein rundherum gelungen inszenierter Film, der seiner dramatischen Handlung viel Raum zur Entfaltung gibt, aber vor allem auch als Schauspieler:innen-Kino überzeugt.

Brendan Gleeson

Fazit: „The Banshees of Inisherin“ ist der neueste Film des irischen Filmemachers Martin McDonagh, welcher auf seinem eigenen, nie aufgeführten Theaterstück basiert. In der Zeit des irischen Bürgerkriegs angesiedelt, erzählt der Film eine Geschichte über Freundschaft, Verlust, Selbstverwirklichung und Hoffnung. Das Drama geht unter die Haut und besticht gerade in den ruhigen Momenten mehr als in den drastischen Schilderungen und hat sich seine neun Oscar-Nominierungen wahrlich verdient.

Bewertung: 8/10

Kinostart: 5. Januar 2023 / DVD-Start: –

Trailer zum Film „The Banshees of Inisherin“:

geschrieben von Doreen Kaltenecker

Quellen:

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