“Call Me by Your Name” (2018)

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Poster zum Film Filmkritik: Fast in jedem Jahr gibt es einen Film mit dem man auf der Oscar-Verleihung nicht gerechnet hätte. Diesmal war es der zarte Independent-Film “Call Me by Your Name” (OT: “Call Me by Your Name”, Italien/Frankreich/USA/Brasilien; 2017) des Italieners Luca Guadagnino. Der Film hat bereits 2017 seine Deutschland-Premiere auf der 68. Berlinale gefeiert. Mit gleich vier Nominierungen (“Bester Film”, ‘Bester Filmsong’, ‘Bester Hauptdarsteller’ und ‘Bestes adaptiertes Drehbuch’) ging der Film ins Rennen und bekam den Oscar für das ‘Beste adaptierte Drehbuch’.

© Sony Pictures

Jeden Sommer lädt der Archäologie-Professor Perlman (Michael Stuhlbarg) und seine Frau Annella (Amira Casar) einen engagierten Studenten in ihr Sommerhaus in Italien ein, um dort den Professor bei der Arbeit zu unterstützen. Im Sommer 1983 kommt der 24-jährige Amerikaner Oliver (Armie Hammer) ins Haus der Perlmans. Der 17-jährige Sohn Elio (Timothée Chalamet) muss wie immer sein Zimmer für den Gast freiräumen. Elio genießt während der Sommerferien immer die Zeit in Italien und flirtet mit der gleichaltrigen Marzia (Esther Garrel). Doch er bemerkt eine starke Anziehungskraft von Oliver und kann dieser nicht widerstehen und entdeckt so die Kraft der ersten Liebe.

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Der Film basiert auf dem 2007 erschienen Roman “Ruf mich bei deinem Namen” (OT: “Call Me by Your Name”) des amerikanischen Autors André Aciman (*1951). In diesem erzählt er nicht nur von der Sommer-Affäre, sondern auch von einem späteren Wiedersehen nach 20 Jahren. Diesen Strang lässt der Drehbuchautor James Ivory (*1928), der sich als Regisseur von Filmen wie “Wiedersehen in Howards End” (1991) und “Zimmer mit Aussicht” (1985) einen Namen gemacht hat, einfach weg und verdichtet zudem die restliche Geschichte. Dabei legt er einen starken Fokus auf das Entstehen der Liebe, schafft es dabei aber leichtfüßig zu bleiben und nie sentimental zu werden. Das Wunderbare an dieser Coming-of-Age-Geschichte ist dieser positive Blick. Der Film ist nicht wie andere Erzählungen des Œeuvres a la “Brokeback Mountain” (2005) oder “Moonlight” (2016), der oscarprämierte Film des Jahres 2017, von Schwermut und Misslingen gezeichnet, sondern gibt der Liebe auf angenehme Weise ihre Chance. Ursprünglich sollte Ivory auch die Regie übernehmen, doch als der Regisseur Luca Guadagnino (*1971) ins Boot geholt wurde, wurde ihm die alleinige Regie übertragen. Dieser macht aus “Call Me by Your Name” den Abschluss seiner ‘Liebe und Verlangen’-Trilogie, welche er mit “I Am Love” (2009) begonnen und mit “A Bigger Splash” (2015) fortgesetzt hatte.

 

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Gedreht wurde der Film in Lucas Guadagninos Wahlheimstadt Crema (Italien). In dem nahegelegenen Dorf Moscazanno befindet sich die Villa Albergoni, welche der Regisseur sehr gern selbst bewohnt hätte, aber nicht die finanziellen Mittel dafür hat. Doch dieses Haus wurde zur perfekten Kulisse für den Film. Die Villa und ihre ländliche Umgebung sind die perfekte Kulisse für die Geschichte. Zudem schafft Guadagnino das Gefühl von Sommer, vor allem mit einer großen Leichtigkeit und Jugendsinn einzufangen. Dies betrachten er und seine Zuschauer mit einem starken Gefühl von angenehmer Nostalgie. Umso erstaunlicher ist es dann, wenn man erfährt, dass der Film fast vollständig bei Regenwetter gedreht werden musste. Doch der thailändische Kameramann Sayombhu Mukdeeprom (*1970) schaffte es mit Kunstlicht und bestimmte Kamerapositionen den perfekten warmen Sommer zu schaffen. Zu diesem Eindruck trägt auch die Musik des Singer-Songwriters Sufjan Stevens (*1975) ganz wunderbar bei. Dieser untermalte dabei die Geschichte nicht nur mit bereits komponierten Songs, sondern schrieb die beiden Lieder ‘Visions of Gideon’ und ‘Mystery of Love’, welches ebenfalls für einen Oscar LINK nominiert war, für den Film, welche wunderbar die Handlung der Geschichte aufs Musikalische übertragen.

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Neben der liebevollen Ausstattung verdankt der Film seine Intensität seinen Darstellern. Der 23-jährige amerikanische Schauspieler Timothée Chalamet (auch zu sehen bei “Lady Bird” (2018)) stand für die Rolle schon lange fest. Nur für seinen Gegenpart war erst Shia LaBeouf (bekannt aus der “Transformers”-Reihe (2007-2017)) vorgesehen, der aus persönlichen Problemen dann doch abgelehnt wurde. Dies war der Glücksfall für den Film. Genauso wie der Umstand, dass Armie Hammer die Rolle eigentlich nicht annehmen wollte, sich aber schlussendlich überzeugen ließ. Er ist der perfekte Gegenpart und mit seiner Größe und seinem Charisma ist er ein herrlicher Gegenpol zu dem sich zurücknehmenden Elio. Timothée Chalamet verkörpert diesen mit der richtigen Mischung aus Gefühl, Jugendlichkeit und Stärke. Abgerundet wird das ganze von dem perfekt ausgewählten Nebendarsteller-Ensemble, unter denen vor allem der talentierte Michael Stuhlbarg heraussticht, den man bereits in zwei weiteren Oscarfilmen (“The Shape of Water” (2017) und “Die Verlegerin” (2017)) sehen konnte.

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Fazit: Der Spielfilm “Call Me by Your Name” ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von André Aciman. Der Regisseur Luca Guadagnino und sein Drehbuchautor James Ivory schufen eine wunderschöne Coming-of-Age-Geschichte, welche feinfühlig und mit Humor von der ersten Liebe und einem warmen italienischen Sommer, wie man ihn auch gern hätte, erzählt. Untermalt mit einem verträumten Soundtrack und getragen von den hervorragenden Darstellern Hammer, Chalamet und Stuhlbarg ist “Call Me by Your Name” ein wunderschöner Film, der seinen Oscar wahrlich verdient hat.

Bewertung: 8/10

Kinostart: 1. März 2018, DVD-Start: 1. September 2018

Der Trailer zum Film “Call Me by Your Name”:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

5 Gedanken zu ““Call Me by Your Name” (2018)

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