Studium der Kunstgeschichte - Schwerpunkt: Filmgeschichte (Abschluss 2010 mit der Arbeit "Rembrandt im Spielfilm") Nebenfächer: Philosophie und Alte Geschichte
- seit 2012: Filmkritikerin bei movieworlds (Kino, DVD, BD, Festivalberichte)
- seit 2015: Blog 'Testkammer' online
Letzte Artikel von Doreen Kaltenecker (Alle anzeigen)
Filmkritik: Der Regisseur Luca Lucchesi stammt aus Palermo auf Sizilien. Für seinen Dokumentarfilm „A Black Jesus“ (Deutschland, 2020), der seine Weltpremiere auf dem 63. DOK Leipzig hatte, kehrt er auf die Insel in das Heimatdorf seines Vaters zurück und zeigt einen auf den ersten Blick amüsanten Widerspruch zwischen Flüchtlingslager und religiöser Verehrung.
Im Städtchen Siculiana wird seit langem von den Einwohnern ein schwarzer Holz-Jesus verehrt und in einer festlichen Prozession jedes Jahr durch die Straßen getragen. Seit einigen Jahren befindet sich dort auch ein Flüchtlingscamp mit vor allem Geflüchteten aus Afrika. Die Italiener fremdeln noch etwas mit den neuen Bewohnern. Doch diese tun alles, um sich einzugliedern und von einigen ist es der größte Traum, die Statue eines Tages selbst einmal durch die Straßen tragen zu dürfen.
Der Dokumentarfilm „A Black Jesus“, der auch der Eröffnungsfilm auf dem 42. Filmfestival Max Ophüls Preis 2021 war, stammt aus der Hand des italienisch-stämmigen Regisseurs Luca Lucchesi (*1983) und wurde u.a. von Wim Wenders produziert. In den 92 Filmminuten nimmt uns der Regisseur mit auf seine Heimatinsel und beobachtet dort das Leben und Treiben der Einheimischen sowie der Neuankömmlinge, welche in dem Flüchtlingsheim untergekommen sind. Dabei stehen die religiösen Prozeduren, bei denen eine Jesusfigur aus schwarzem Holz eine tragende Rolle spielt, im Mittelpunkt des Geschehens. Rund um die alljährlichen Feierlichkeiten herrscht großes Gewusel in der kleinen Ortschaft. So sehen wir ältere Damen fleißig backen, alle schmücken die Stadt und bereiten sich auf die Prozession vor. Auf der anderen Seite sehen wir die Gruppe von Geflüchteten, welche zum Sprachkurs gehen, sich langweilen, da sie nicht arbeiten dürfen und wie sie sich bemühen immer mehr zu Gemeinschaft zu gehören. Es gibt trotz einiger bissigen Bemerkungen aber unerwartet wenig Reibungsflächen in dem Film. So ist er vor allem eine unaufgeregte Beobachtung der Integration im kleinen Rahmen und wirft so zu wenig Fragen auf, als das er als Projektionsfläche oder Spiegel dienen könnte. So ist die Dokumentation vor allem ein sympathisches Portrait einer Stadt, welche sich immer mehr öffnet und zeigt, dass manche Veränderungen einfach Zeit brauchen und auf diese Weise auch funktionieren können.
Fazit: Der deutsche Dokumentarfilm „A Black Jesus“ erzählt eine Geflüchteten-Geschichte aus der Heimat des Regisseurs Luca Lucchesi. Dabei beobachtet er das Leben in einer Kleinstadt auf Sizilien und wie sich die Alteingessenen und Neuankömmlinge annähern. Mit einer Prise Humor und einem offenen Blick hält er die Situation über einen längeren Zeitraum fest und zeigt, dass eine Annäherung möglich ist.