„The Morning Show“ (Staffel 1, 2019)

Doreen Kaltenecker
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Serienkritik: Die amerikanische Serie „The Morning Show“, welche am 1. November 2019 erstausgestrahlt wurde, stammt aus der Hand von Jay Carson und gilt als erste große Serie, welche von Apple TV vertrieben wurde, dem Streaming-Dienst, der nur Apple-Usern zur Verfügung steht und mittlerweile hochdekorierte Serien wie „Ted Lasso“ auf den Markt bringt.

Seit Jahren sind Alex Levy (Jennifer Aniston) und Mitch Kessler (Steve Carrell) das Herz der Morning Show. Doch eines Tages wird die Medienwelt erschüttert, als Vorwürfe gegen Mitch laut werden, dass er sich jahrelang systematisch an ihm untergebenen Frauen vergangenen haben soll. Während dieser nun um seine Reputation kämpft, sieht sich Alex ebenfalls vor große Herausforderungen gestellt, denn die beiden Senderchefs Charlie ‘Chip’ Black (Mark Duplass) und Cory Ellison (Billy Crudup) scheinen es nicht besonders gut zu meinen. In einem Akt der Selbstbestimmung macht sie die Journalistin Bradley Jackson (Reese Witherspoon), die mit ihrer ruppigen Art mediale Aufmerksamkeit bekam, zu ihrer neuen Co-Moderatorin, so dass auf einmal ein neuer Wind im Sender weht, der Verborgenes sichtbar machen wird.

Jennifer Aniston und Mark Duplass

Die Serie entstand nur kurze Zeit nach den Weinstein-Skandalen und der damit aufkeimenden #MeToo Bewegung. Darauf aufbauend entspinnt sich eine Geschichte aus der Hand von Jay Carson die genau so einen Fall beleuchtet. Gleich am Anfang steht die Kündigung und offene Anprangerung des Übeltäters und bringt so den Stein ins Rollen. Es geht hier um Schuldeingeständnisse, Schweigespiralen und inwieweit so ein Verhalten die ganze Unternehmenskultur bestimmt. Besonders faszinierend ist die Entwicklung der Figur des Mitch Kessler, der sich in voller Unschuld wähnt. Erst über die Länge der zehn Folgen erfahren die ZuschauerInnen, was wirklich hinter den Anschuldigungen steckt. Das ist dramaturgisch wunderbar eingeflochten, denn zeitgleich behandelt die Serie viele weitere Themen aus der medialen Welt. Die Stellung der Frau und die Möglichkeiten einer Karriere im Allgemeinen sind genauso Thema, wie die Senderstrukturen und die Einschaltquoten, von denen alles abhängt. Auch geht es hier um Journalismus, dessen Integrität und wie er gerade in solchen Formaten etwas abhanden kommt. So hat „The Morning Show“ sowohl eine enorme Vielfalt an Themen als auch ausdifferenzierte Charaktere sowie eine große Portion Spannung zu bieten. 

Reese Witherspoon

All das setzt der Serienmacher Jay Carson hervorragend in realitätsnahen Bildern um. Hierbei bedient er sich bekannter Senderformate und findet eine angemessene Bildsprache zwischen Büro- und Vor-der-Kameraarbeit sowie dem Privatleben der Personen, welches sich zumeist in schicken Wohnungen oder Hotelzimmern abspielt. In dieser Umgebung können sich die DarstellerInnen in ihren Rollen wunderbar entfalten. Die Besetzung gehört zum großen Clou der Serie. Allen voran Jennifer Aniston („Friends“ (1994-2004), „Cake“ (2014)) als unangenehme Moderatorin-Göttin, welche sofort schießt, sobald sie sich in die Ecke gedrängt fühlt. Aniston schafft es aber auch das Weiche hinter der harten Schale durchblitzen zu lassen, genauso wie die Unberechenbarkeit, welche ihr Wesen bestimmt. Als erdender Gegensatz dazu wurde Reese Witherspoon („Election“ (1999), die Serie „Little Fires everywhere“ (2020)) besetzt, welche aber keineswegs eindimensional geraten ist, sondern zwischen ihrem alten und neuen Ich auf faszinierende Weise hin und her oszilliert. Steve Carell („Date Night“ (2010), „Foxcatcher“ (2014), „Vice – der zweite Mann“ (2019)) schafft es, dem vermeintlichen Triebtäter viel Charme zu geben, so dass man als ZuschauerIn bis kurz vor dem Ende nicht weiß, was die Wahrheit ist. Aber auch die Nebenrollen sind großartig besetzt. Allen voran Billy Crudup („20th Century Women“ (2016), „Bernadette“ (2019)) als Studioboss, der zuviel Freude am Business hat, Karen Pittman („Marvel Luke Cage“ (2016-2018)) als schonungslose Produzentin und Gugu Mbatha-Raw („Loki“ (2021)) als toughe Mitarbeiterin, welche mit ihrem Gesicht eine andere Geschichte erzählt, als mit ihren Worten. Der durch und durch gut ausgewählte Cast, die Nähe zu realen TV-Formaten und die explosive Story machen die erste Staffel der „Morning Show“, welche für mehrere Golden Globes nominiert war und nun mit sieben Folgen fortgesetzt wurde, zu einer absoluten Empfehlung.  

Jennifer Aniston

Fazit: „The Morning Show“ ist eine Serie aus der Hand von Jay Carson, die sich in ihrer ersten Staffel mit dem Missbrauchs-Thema im medialen und öffentlichen Raum beschäftigt. Sie spricht darüber hinaus aber auch weitere Themen an, wie die Stellung der Frau im Fernsehbetrieb an und schafft es mit einem großen Erzähl-Spektrum, einer gelungenen Inszenierung, welche Details zunächst im Dunklen lässt, und einer hervorragenden Besetzung die ZuschauerInnen in die Serie zu ziehen und (auch auf emotionale Weise) zu involvieren.

Bewertung: 4/5

Trailer zur Staffel 1 der Serie „The Morning Show“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

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