„Belfast“ (2022)

Filmkritik: Der in schwarz-weiß gedrehte Spielfilm „Belfast“ (OT: „Belfast“, UK, 2022) ist der mittlerweile 18. Film des Regisseurs und Schauspielers Kenneth Branagh, den man vor allem durch seine Neuinszenierungen der ‚Agatha Christie‘-Stoffe als Regisseur kennt. Dieser Film ist nun der persönlichste Stoff aus seinem Repertoire und überzeugt als semi-autobiographische Geschichte aus der Zeit der Unruhen in Nordirland.

Der neunjährige Buddy (Jude Hill) liebt das Leben auf seiner kleinen Straße in Belfast. Nah bei seinen Großeltern (Judi Dench und Ciarán Hinds), seinen Freunden und seiner geliebten Familie genießt er das kindliche Leben und frönt seiner Liebe zum Kino. Dabei ist sein Zentrum seine Familie, sein älterer Bruder Will (Lewis McAskie), seine warmherzige Mutter (Caitriona Balfe) und sein Vater (Jamie Dornan), der leider nur jedes zweite Wochenende da sein kann. Gerade als seine Welt sich neben Spielereien auch um die erste Verliebtheit dreht, bricht ein Konflikt aus, dringt bis in seine Straße vor und auf einmal muss er sich Gedanken machen, ob er noch mit den Katholiken spielen darf.

© 2021 Focus Features, LLC.

Jamie Dornan und Caitriona Balfe

Als Schauspieler – vor allem in Shakespeare-Filmen wie „Viel Lärm um Nichts“ (1993) – machte Kenneth Branagh (*1960) auf sich aufmerksam. Aber auch aus Filmen wie „Harry Potter und die Kammer des Schreckens“ (2002) oder „Dunkirk“ (2017) erinnert man sich an ihn. Früh bekann er auch selbst als Regisseur tätig zu werden, inszenierte so u.a. zwei Agatha-Christie-Verfilmungen („Mord im Orientexpress“ (2017) und „Tod auf dem Nil“ (2022)) und stieß mit seine modernen Varianten bei den Fans auf wenig Gegenliebe. Unter dem Eindruck des letzten Films, der noch nicht so lange her ist, überzeugt „Belfast“ umso mehr. Das Drehbuch stammt aus seiner Hand und erzählt komplett aus der Sicht von Buddy wie sich diese Zeit angefühlt hat. Im Jahr 1969 brach ein Konflikt in Nordirland aus, der sich in Gewalt, Aufständen und Plündereien äußerte und die Situation zwischen Katholiken und Evangelisten verschärfte. Mit seinem persönlichen Ansatz – Branagh wurde 1960 in Belfast geboren – findet er ein neue Perspektive auf die Ereignisse. Diese ist wahrlich nicht komplett oder sachlich historisch korrekt, sondern einfach aus der kindlichen Sicht eingefangen. Für dieses starken Drehbuch erhielt auf der 94. Oscarverleihung den Preis für das ‚Beste Originaldrehbuch‘.

© 2021 Focus Features, LLC.

Judi Dench, Jude Hill und Ciarán Hinds

An die Geschichte schmiegt sich auch die Optik des Films an. Bis auf ein paar Ausreißer ist der Film in schwarz-weiß gehalten und erinnert nicht zufällig an die große Filme Hollywoods der 50er. Alles ist in schönstes Licht getaucht und Buddys Welt ist trotz Barrikaden und Unruhen idealistisch und idyllisch. Sein Zuhause, seine Straße und die Menschen, die ihn umgeben sind sein sicherer Hafen und so nimmt er sie wahr. So besitzen seine Großeltern die richtige Mischung aus Großelternsein und Weisheit, seine Eltern sind wohl die schönsten Menschen der Welt und meist glücklich und als Familienbund können sie allem trotzen. So idealisiert Branagh in seiner Bildsprache wie in seiner Erzählung, aber das ist in dem Kontext genau richtig und wohltuend. Hinzu kommt die fantastische Besetzung mit einem eher unbekannten Cast, bereichert mit ein bekannten Namen wie Judi Dench („James Bond 007 – Spectre“ (2015)) und Jamie Dornan („50 Shades of Grey“ (2015)). Ganz wunderbar sind aber auch Caitriona Balfe als resolute, liebende Mutter und Ciarán Hinds als Großvater, dessen Erkranken auch die Zuschauer:innen berührt. Hinds wurde für seine Leistung auch mit einer Oscarnominierung bedacht. So ist „Belfast“ ein durch und durch liebenswerter, warmherziger Film geworden, der eine ganz persönliche, eigene Sicht auf historische Ereignisse einnimmt und sich seine sieben Oscarnominierungen und den einen Gewinn wahrlich verdient hat.

© 2021 Focus Features, LLC.

Caitriona Balfe, Jude Hill, Lewis McAskie und Jamie Dornan

Fazit: „Belfast“ stammt aus der Hand von Kenneth Branagh und erzählt autobiographisch angelehnt von einem Jungen, der in den 1960er Jahren in Nordirland groß wird und sich mit den Problemen des Landes konfrontiert sieht. Mit seinem Blick nimmt das Publikum die Welt war. So sind die Filmaufnahmen wunderschön und turbulent und erzählen eine wunderbare, warmherzige Geschichte, die zurecht den Oscar für das ‚Beste Originaldrehbuch‘ gewinnen konnte.

Bewertung: 8/10

Kinostart: 24. Februar 2022 / DVD-Start: 12, Mai 2022

Trailer zum Film „Belfast“:

geschrieben von Doreen Matthei

Quellen:

Kommentar verfassen