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16.-21. April 2024 / Schauburg, Programmkino Ost, Thalia, Phase 4, Lingnerschloss, Open-Air Neumarkt und anderen
Festivalbericht: In der dritten Aprilwoche fand in Dresden zum 36. Mal und zum vierten Mal unter der Leitung von Sylke Gottlebe und Anna Gaschütz das Internationale Kurzfilmfestival Dresden, kurz Filmfest Dresden, statt. In drei Wettbewerben, vielen Sonderprogrammen und Reihen konnte man 370 Kurzfilme aus 62 Ländern sehen. Es wurde wieder ein Filmauswahl präsentiert, die ihre Fühler in alle Genre und Erzählweisen ausstreckt.
Internationaler Wettbewerb
Im Internationalen Wettbewerb konnte man über sechs Blöcke verteilt 30 Kurzfilme sehen. Dabei traf man wieder auf eine gute Mischung aus Spielfilmen und Animationen und auch ein paar halb dokumentarische Formen fanden sich im Programm. In diesem Wettbewerb wurden sieben Preise vergeben: Als ‚Bester Kurzfilm‘ wurde der Film „Alien0089“ ausgezeichnet, der sich auf ungewöhnliche Weise mit Misogynie und Cyber-Mobbing auseinandersetzt. Auch für die Protagonistin in dem Animationsfilm „Zima“, der den Publikumspreis gewann, ist die Atmosphäre von Ablehnung und Gefahren real, die auch mit ihrem Frausein zu tun haben. Die
Regisseurin Maryam Tafakory zeigt mit ihrem Film „Mast-Del“, der mit dem ‚„voll politisch“ – Kurzfilmpreis für demokratische Kultur‘-Preis ausgezeichnet wurde, eine Geschichte aus einer weiblichen Sicht. Ihre Inszenierung besteht aus verschwommenen Bildern und einem stillen Voice-Over, in Form von Untertiteln, welche die Tragik der Geschichte nach und nach enthüllen. Regisseurinnen und dementsprechend auch deren Geschichten und Blickweisen fand man glücklicherweise häufig im ganzen Publikum. Der Kurzfilm „The Bitch“ von Carla Melo Gampert, der als ‚Bester Animationsfilm‘ ausgezeichnet wurde, erzählt vom Erwachsenwerden und sexuellem Begehren und schuf dafür Wesen zwischen Mensch und Vogel. Coming-of-Age-Geschichten unterschiedlicher Ausprägung gab es noch weitere im Programm: Sei es der schwedische Kurzfilm „Madden“ oder der polnische Film „27“, der von einer Mittzwanzigerin erzählt, die nicht so richtig weiß, wohin mit ihren Leben. Der mit 6.000€ dotierte ARTE Kurzfilmpreis ging an den scheinbar selbst reflektierenden „The un-chaotic Cabinet that wishes for me to sleep“, der sich in all seinen Details nicht sofort erschließt. Mysteriöse Filme gab es noch weitere im Programm: Der dänische Film „Spring“ erzählt von Geistern, der amerikanische Film „In Dreams“ entführt uns zu einem futuristischen Hospizdienst und der philippinische „Hito“ ist ein feinster Genre-Beitrag mit besessenen Hunden und einem sprechenden Katzenfisch. Wunderbar zeigte das Programm auch, wie vielfältig der Animationsfilm eingesetzt werden kann: „Kinderfilm“ von Total Refusal erkundet wieder einmal eine Spielewelt, dieses Mal die von „GTA V“ und entdeckt, dass es ein bestimmtes, natürliches Element in diesem Spiel einfach nicht gibt. Oder der belgische Kurzfilm „The Miracle“ von Nienke Deutz, der mit handgemachten Sets und Animationen seine Geschichte erzählt. „The Lovers“ wählt die Stop-Motion-Technik mit Genre-Elementen, um von dem Ende einer Beziehung zu sprechen. Auch der Gewinner des Preises für den ‚Besten Filmton‘ – „A Kind of Testament“ von Stephen Vuillemin – erzählt seine faszinierende Geschichte in passenden 2D-Zeichnungen, die zwar reduziert sind, aber dem Spielerischen der Geschichte viele Möglichkeiten geben. Beinahe dokumentarisch arbeiten andere Filme, wie der österreichische „Night Shift“, der französisch-brasilianische „Big Bang“ und der belgische „Porcupine“.
Weitere Gewinner
- Goldener Reiter der Jugendjury (2.000 €)
„The Beads“ (OT: „As Miçangas“, Brasilien, 2023, Regie: Rafaela Camelo, Emanuel Lavor)
Bereits in der Testkammer
- „Basri & Salma in a Never-Ending Comedy“ (OT: „Basri & Salma dalam Komedi yang Terus Berputar“, Indonesien, 2023, Regie: Khozy Rizal)
Nationaler Wettbewerb
Der Nationale Wettbewerb hatte 23 Kurzfilme im Programm. Von diesen wurden sechs mit einem Preis ausgezeichnet. Als Bester Kurzfilm wurde das Drama „Alex in den Feldern“, der auf einem realen Therapie-Bauernhof gedreht wurde, ausgezeichnet. Sehr realitätsnah schildert die Regisseurin Marie Zrenner ihre Geschichte. Ganz anders und sehr fantasievoll ist der Gewinner des Preises für den ‚Besten Animationsfilm‘ – „Carrotica“ von Daniel Sterlin-Altman. Der Film erzählt von Wünschen, Fantasien und dem Erwachsenwerden und das alles in den schönsten Stop-Motion-Bildern. Auch in diesem Wettbewerb fanden sich viele Spielarten des Animationsfilms – seien es die schwarz-weiß Zeichnungen von „Moving Mountains“, die Kohle-Animationen von „Outside“, die an Kinderzeichnungen erinnernden Bilder von „Blusenfax“ oder die dynamischen Linien-Animationen von „Die Falte“ von Patrick Buhr. Besonders in Erinnerung blieb der im Retro-Look gehaltene „Zoopticon“, der auch den DEFA-Förderpreis Animation erhielt und eine Dystopie im Gewand eines Musicals erzählt. Natürlich ist das Kurzfilmfestival immer auch ein Ort für aktuelle, gesellschaftskritische Themen. Der bereits beim 45. Filmfestival Max Ophüls Preis 2024 ausgezeichnete „Land der Berge“ von Olga Kosanović wurde auch hier mit dem Publikumspreis bedacht. Der ‚LUCA-Filmpreis für GeschlechterGerechtigkeit‘ ging an den Film „My Orange Garden“, der bereits auf den 57. Internationalen Hofer Filmtagen 2023 mit dem Jury-Kurzfilmpreis der Stadt Hof ausgezeichnet wurde. Besonders stark ist der Kurzfilm „Sensitive Content“ der Regisseurin Narges Kalhor (die bald mit ihrem Langfilmdebüt „Shahid“ in die Kinos kommt), ein Found-Footage-Film, der sich mit den Protesten im Iran auseinandersetzt. Dieser konnte den mit 20.000€ dotierten Sächsischen Filmförderpreis gewinnen. Darüber hinaus konnte man noch weitere spannende Filme im Nationalen Wettbewerb entdecken: Der Kurzfilm „Slimane“ denkt die Gewalt an der queeren Gemeinschaft in Deutschland weiter. Abseits dieser ernsten Themen fanden sich lebendige Filmprojekte wie „Gezielt Mittelalterliche Überlegungen“ der beiden Regisseur:innen Paula Milena Weise und Finn Ole Weigt, die ein Drehbuch von Anton Artibilov umsetzen, der bereits mit dem Drehbuch zu „The French Flamingo Fucker“ begeistern konnte. Auch Hilke Rönnfeldts neuester Film „A Study of Empathy“ lief im Programm. Er lässt sich die Zuschauenden selbst fragen, wie man in solch einer Situation reagieren würde.
Weitere Gewinner
- Goldener Reiter im Mitteldeutschen Wettbewerb (3.000 €)
„Urlaubsversuche“ (Deutschland, 2022, Regie: Finn Ole Weigt und Paula Milena Weise)
Bereits in der Testkammer
- „It’s Just a Whole“ (Deutschland, 2023, Regie: Bianca Scali)
Kinder und Jugendprogramm

Sebastian Stoer und Alice von Gwinner („Achtung Pfütze“) im Gespräch mit Uta Quietzsch in Kids 1 (Thalia)
Auch in diesem Jahr war das Kinder- und Jugendprogramm ein Highlight des Festivals. Unter der Leitung von Uta Quietzsch (leider zum letzten Mal in diesem Jahr) und verschiedenen Kuratorien für die jeweiligen Altersklassen, gab es fünf sehr verschiedene, aber stets gut zusammengestellte Programme. Das junge Kuratorium übernimmt dabei auch die Moderation und die Filmtalks.
Das zweiteilige Jugendprogramm bot auch in diesem Jahr eine gelungene Mischung aus Spiel- und Animationsfilmen. Der polnische „Crab“ erzählt von den Abenteuern einer Krabbe, die versucht, ihrem Schicksal zu entkommen, und wurde zum Publikumsliebling des ersten Blocks gewählt. Im zweiten Block wurde „Portrait“ von Grace Louey zum Favoriten gekürt. Die junge Heldin des Films zeigt, wie man die Macht über die eigenen Bilder wieder erlangen kann. Oft standen Mädchen im Zentrum der Handlung, sei es im südkoreanischen Film „The Report Card“ und auch bei dem sehr musikalischen „Casete Rojo“ aus Frankreich. Besonders stark war die Mutter-Tochter-Geschichte aus den Niederlanden: „My Mother and I“ – bei der die Tochter beschließt, im Nachbarland zu studieren und dafür mit ihrer Mutter an den Campus reist und sich die beiden voneinander verabschieden müssen. In „Haus am Hang“ erzählt Konstantin Münzel von einer Einrichtung für straffällige Jugendliche und wie sie durch Arbeit und Disziplin wieder ins Leben finden, aber ein Neuankömmling Unruhe reinbringt. Die Geschichte eines jungen Mannes erzählt auch der Film. „Last Days of Summer“. Es handelt vom Leben im Himalaya und einem bedrohlichen Geräusch, das neuerdings aus den Bergen kommt.
Auch das Kinderprogramm war voller Entdeckungen für Groß und Klein. Zu den Lieblingen wurde der kurz-knackige „Spatzenhirn“ über Vogel-Agenten, der Klima-Kurzfilm „Bloom“ und der großartige Stop-Motion-Film „Battery Mommy“ von Seungbae Jeon gewählt. Letzterer Film ist die Quasi-Fortsetzung von „Battery Daddy“ und genauso herzerwärmend und toll animiert. Animationen stehen bei Kinderfilmen immer hoch im Kurs: So fand man eine fantastische Buchverfilmung („Für immer sieben“), natürlich wieder die Animanimals („Kugelfisch“), die Musifanten („Kuchenballade“) und ein Sandmännchen-Folge („Achtung Pfütze“). Schön ist auch, dass sich die Kinderprogramme nicht nur auf deutsche Produktionen beschränken, sondern ebenso internationale Filme mit live eingesprochenen Übersetzungen den Kindern zugänglich machen. So konnte man den kanadischen Spaß „Frite sans maillot“ und den entzückenden, zitatenreichen „The Mystery of the Missings Socks“ aus Estland für sich entdecken. Aber auch Spielfilme sind immer wieder im Programm. Dieses Mal stach der sehr sympathische „Hex Papa, Hex!“ hervor, der viele Anknüpfungspunkte für das junge Publikum bot und sich gleichzeitig auch mit schwierigen Themen wie Verlust auseinandersetzt.
Sonderprogramme
Neben den Wettbewerben und dem immer gelungenen Kinder- und Jugendprogramm gibt es viele Sonderreihen, die sich über die Jahre etabliert haben und sich stets eines regen Zulaufs erfreuen. So feierte auch der ‚Fokus Quebec‘ – eine enge Zusammenarbeit mit dem Filmvertrieb Travelling – in diesem Jahr sein 18-jähriges Jubiläum. Eine feine Auswahl aktueller wie älterer Filme zeigte auch in diesem Jahr das Spektrum der kanadischen Filmschaffenden. Das ‚Schwerpunkt‘-Programm beschäftigte sich absichtlich konträr zur Weltlage mit Utopien und stellte dafür vier sehr unterschiedliche Programme zusammen, wo u.a. der Film „The Great Arc“ von Camille Authouart gezeigt wurde. Der ‚Schwerpunkt Europa‘ widmet sich in diesem Jahr dem Land Italien und die ‚Animated‘-Filmreihe dem Land Chile sowie Filmen, die von Bewegung und Fortbewegung handeln. Der ‚Regionale Fokus‘ zeigte in diesem Jahr Filme der beiden Filmemacher Tilo Schiemenz und Bernd Kilian aus den 1990er und 2000er Jahren aus Dresden. Es gab auch eine ‚Tribut‘-Reihe zu Neozoon („FragMANts“) und Total Refusal („Hardly Working“) veranstalteten eine Gaming-Live-Lecture.
Drei der Sonderprogramme verdienten auch in diesem Jahr unsere besondere Aufmerksamkeit. Zum einen die Resterampe ‚Panorama International‘, in der die sehenswerten, aber zu ungewöhnlichen Kurzfilme der internationalen Einreichungen landen. Dort entdeckten wir nochmal den belgischen Kurzfilm „Drijf“, erfreuten uns über „Don’t Cry Gabriel“ und tauchten mit „Bold Eagle“ und „Furrie“ in sexuelle Gefilde ab. Auch im dreiteiligen Programm ‚Cinema Digestif‘, das gewohnheitsmäßig um 23:30 beginnt, wurde kein Blatt vor dem Mund genommen. Sei es in den beiden kuratierten Reihen des Final Girls Berlin Film Festival und der vom Programmdirektor Christoffer Ode vorgestellten Auswahl des Uppsala Kortfilmfestival. Zweiterer wählte ganz grob zusammen gefasst ‚Wissenschaftsfilme‘ aus und so sahen wir den britischen „Man-Spider“, den dystopischen „Survivers“, den bereits liebgewonnenen „The Centrifuge Brain Project“ und den spannend inszenierten „Silly Human“. Das dritte Programm lautet wie in jedem Jahr ‚Seriously? WTF – Willkommen im Zoo!‘ und sammelte besondere Perlen wie den Horror Short „Good Boy“. Auch in diesem Jahr bot der ‚Experimente‘-Block ungewöhnliche visuelle Ansätze, erzählt seine Geschichten auf andere Weise und spielt mit dem Medium. So liefen in dem Programm „Lo-Tech Reality“, in dem in der postindustriellen Landschaft von Detroit Außerirdische nach Spuren von Leben suchen, und „In Limbo„, der anhand des persönlichen Materials eine fiktive Geschichte erzählt.
Fazit: Wie nicht anders zu erwarten war, war die 36. Ausgabe des Filmfest Dresden ein gelungenes Festival, das viele unterschiedlich erzählte und inszenierte Kurzfilme mit hoher Qualität zeigte. In allen Programmen gab es viel zu entdecken und so konnte man sechs Tage lang beinahe den ganzen Tag im Kino verbringen.
Trailer des 36. Filmfest Dresden 2024:
geschrieben von Doreen Kaltenecker
Fotografien von Michael Kaltenecker
Quellen:
- Website des Filmfest Dresden
- Wikipedia-Artikel über das Filmfest Dresden




