19. Landshuter Kurzfilmfestival (2018)

Doreen Kaltenecker
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14.-19. März 2018 /  In den Kinos Kinopolis und Kinoptikum, Landshut

Landshuter Kurzfilmfestival 2018Festivalbericht: Nachdem im letzten Jahr das Landshuter Kurzfilmfestival (LKFF) volljährig geworden ist, feierte es in diesem Jahr sein Erwachsenenleben, indem es an bewährten Programmpunkten festhält, aber auch keine Scheu vor Neuerungen hat. Die Festivalleiter Birgit Horn und Michael Orth stellten ein buntes Potpourri von 263 Filmen aus 33 Ländern zusammen. Unter den gezeigten Filmen gab es 18 Weltpremieren, 10 Europapremieren und 63 Deutschlandpremieren. In den unterschiedlichen Programmen wurden auch in diesem Jahr wieder viele Preise verliehen, über die sich dann 14 Gewinner in der feierlichen Abschlussveranstaltung freuen konnten.

Eröffnung – Kinobetreiber Michael Wohlgemuth und Christiane Vogel

Im diesjährigen Kurzfilmwettbewerb wurden 76 Kurzfilme in 11 Einzelveranstaltungen gezeigt. Dabei treten hier nur deutschsprachige und fiktive Kurzfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in den Kategorien Spielfilm und Animation gegeneinander an. Als Sieger des Kurzfilmwettbewerbs, welcher den höchstdotierten Preis des Festivals bekam, ging Jannis Lenz mit seinem Film „Wannabe“ hervor. Auch hier, wie auch schon auf den 29. Bamberger Kurzfilmtagen, gewann der Kurzfilm „Watu Wote“, der auch bei den 90. Oscars nominiert war, den Publikumspreis. Als Beste Komödie wurde der Kurzfilm „Der Sieg der Barmherzigkeit“ von Albert Meisl ausgezeichnet. Dieser tourte schon mit dem Quasi-Vorgängerfilm „Die Last der Erinnerung“ (2016) erfolgreich über die Festivals. Als bester Animationsfilm wurde der sehr kurze „Deuspi“ von Megacomputeur ausgezeichnet, der die Festivaleröffnung mit seiner Geschichte über zwei tollpatschige Bankräuber mit einem Lacher abschloss.

Eröffnung – Birgit Horn und Michael Orth

Da in diesem Jahr leider die Genrenale ausgefallen ist, entstand eine große Lücke für den Genre-Kurzfilmfreund. Glücklicherweise gab auch in diesem Jahr die ‘Shock Block’-Reihe. Diese füllte die Lücke mit ihren 61 Filmen wunderbar aus. Über acht Veranstaltungen verteilt bekam der Zuschauer eine gelungene Mischung aus vielen Genres präsentiert und wurde abwechselnd erschreckt, gebannt oder zum Lachen gebracht. Filme wie die Dark Comedy „Madam Black“, der extrem seltsame, aber sehr gute „Great Choice“ und der niederländische Grusel-Kurzfilm „Sweet Tooth“ erfreuten das Genre-Herz. Der handwerklich perfekte „The Cleansing Hour“ und der ergreifende „Dekalb Elementary“, welcher auch für die 90. Oscars nominiert war, werden lange Zeit im Gedächtnis bleiben.

Kinopolis – Foyer

Gewonnen hat auch in diesem Jahr wieder ein Kurzfilm von Justin Harding: „Latched“ erzählt eine unerwartete Geschichte mit sehr guten Darstellern und vor allem mit starken Bildern, welche Schönheit und Grauen mühelos zusammenführen. Am Ende der Reihe wurden acht Lieblingsfilme gewählt, darunter befanden sich auch zwei deutsche Genreproduktionen. Der deutsche Kurzfilm „Die Verbindung“ von Michael Krummenacher gewann dann schlussendlich sogar den Publikumspreis. Dieser erzählt souverän und mit viel Spannung eine packende Geschichte. Hier überzeugten vor allem die fast schnittfreie Inszenierung und die grandiose Jungdarstellerin Romy Butz.

In der Reihe ‘Europe in 19 Minutes’ bekam der Zuschauer auch in diesem Jahr wieder einen bunten Mix aus ganz Europa präsentiert. So vielfältig wie die Länder waren auch die vertretenen Genre und Themen, welche die Zuschauer immer wieder aufs Neue überraschen konnten. Schade, dass diese neun Veranstaltungen jeweils nur einmal gezeigt wurden, so dass bei starken Konkurrenzveranstaltungen die Reihen sehr licht waren und so wunderbare Filme wie „Rape Card“ von Nathan Hughes-Berry, welcher auch seine Weltpremiere auf dem 19. LKFF feierte, wenige Zuschauer hatte. Ausgezeichnet als Bester Kurzspielfilm wurde der Kurzfilm „State of Emergency Motherfucker“ von Sébastien Petretti. Der Publikumspreis und der diesjährige Innovationspreis, der unter allen gezeigten Filmen vergeben wird, gingen an den Kurzfilm „Downside Up“ des belgischen Filmemachers Peter Ghesquiere.

Auch in diesem Jahr gab es die dreiteilige Sprungbrett-Reihe, welche in jedem Jahr von Schülern der Gymnasien der Landshuter Stadt oder des Landkreises kuratiert und moderiert werden. Mit souveräner Anmoderation wurde ein buntes Programm präsentiert, das wichtige und ernste Themen nicht scheut, aber sich auch Zeit für Amüsantes und Kurzweiliges nahm. Besonders stach darunter der Film „Familienzuwachs“ (2017) hervor. Als Sieger der Sprungbrett-Reihe ging der Kurzfilm „Joy“ von Abini Gold hervor. Die beiden Filme „Schatten“ und „Sardinien“ gewannen dafür die Herzen der Zuschauer und bekamen so auch die Publikumspreise.

Salzstadel – Ü60 – Silversurfer

Neben dem auf Jugendliche zugeschnittenen Sprungbrett-Programm, gab es auch wieder Sonderveranstaltungen für die ganz jungen und für die etwas älteren Zuschauer. Bei den Kleinen gab es wieder ein buntes, vor allem tierisches Programm mit vielen Animationsfilmen wie dem süßen „Ameise“, welcher auf den 28. Bamberger Kurzfilmtagen 2018 den Publikumspreis der Kleinen gewann. In Landshut gefiel den kleinen Zuschauer aber der Spielfilm „Mick“ von Lea Nöhring-Ullmann am besten. Auch das ‘Ü-60 Silversurfer’-Programm wurde von der Zielgruppe wieder sehr gut aufgenommen. Nirgendwo waren die Reaktionen dankbarer als hier, sogar bei dem sehr speziellen Film „Frau Schnipplers unglaubliche Reise zum Meer“, der mit Laiendarstellern in einem Altersheim gedreht wurde, war die Atmosphäre im Salzstadel gespannt und wurde sehr gut aufgenommen.

Neben den viel bewährten Reihen etablierten die Festivalveranstalter zwei neue Veranstaltungen. Zum einem riefen sie die Veranstaltung ‚Dahome‘ ins Leben, welche sieben Filme aus acht Ländern zeigten, die sich mit dem Thema Heimat beschäftigten und so den Blick für den meist sehr lokal verstandenen Begriff erweitern wollten. Hier ging „Home“ von Daniel Mulloy als Gewinner hervor, der auch bereits auf dem 29. Filmfest Dresden 2017 die Zuschauer überzeugen konnte.

VR im Kinopolis

Die zweite spannende Neuerung fand im Foyer des Kinos statt. Als Gast hatte man die Möglichkeit sich neun Filme mit VR-Brillen (Virtual Reality) anzusehen. Dabei waren viele Genre vertreten. Besonders beeindruckend war der sechsminütige „Sonar“ der mit dem  Gefühl von Weite die Zuschauern nicht nur irritieren sondern auch bezaubern konnte. Leider waren die Kopfhörer für das VR-Erlebnis zu leise eingestellt, so dass Filme, die von der Sprache abhängig waren, schwer zu verstehen waren. Der Gewinner unter den VR-Filmen „Night Night“ brauchte aber nicht viele Worte, sondern nur ein Paar unheimliche Clowns, um die Zuschauer in die richtige Stimmung zu versetzen. Das VR-Projekt war eine spannende und andersartige Unterhaltung, die beim „Hairdresser“ sogar physisch wurde. Dieses kostenlose Angebot des Filmfestivals hat viel Spaß gemacht und könnte ruhig häufiger in die Kino- und Festivallandschaft integriert werden.

Festivalleiter Michael Orth

Fazit: Auch das 19. Landshuter Kurzfilmfestival war wieder eine große Freude. Diesmal lud das winterliche Wetter auch noch Mitte März wunderbar zu vielen Stunden Kino ein. Auch in diesem Jahr bestach die Auswahl mit ihrer hohen Qualität und Vielfalt und der Möglichkeit mit vielen Filmemachern ins Gespräch zukommen. Schade nur, dass man sich oft entscheiden muss und so selten das ganze Paket vom Festival mitnehmen kann. Doch die herzliche Atmosphäre und das couragierte Verhalten aller Beteiligten machten auch das diesjährige Landshuter Kurzfilmfestival zu einem freudigen Erlebnis, für das man immer wieder gerne in die niederbayerische Stadt reist.

Der gelungene Festivaltrailer:

 

geschrieben von Doreen Matthei

Liste aller erwähnter Filme:

  • Ameise“ (AT: „Ant“, Deutschland, 2017, Regie: Julia Ocker)
  • Dekalb Elementary“ (OT: „Dekalb Elementary“, USA, 2017, Regie: Reed Van Dyk)
  • „Der Sieg der Barmherzigkeit“ (AT: „The Victory of Charity“, Österreich, 2017, Regie: Albert Meisl)
  • „Deuspi“ (OT: „Deuspi“, Frankreich, 2017, Regie: Megacomputer)
  • Die Verbindung (AT: „The Connection“, Deutschland, 2018, Michael Krummenacher)
  • „Downside Up“ (OT: „Downside Up“, Belgien, 2016, Regie: Peter Ghesquiere)
  • Familienzuwachs (OT: „Familienzuwachs“, Deutschland, 2017, Regie: Teresa Hoerl)
  • „Frau Schnipplers unglaubliche Reise zum Meer“ (AT: „Mrs Schnipplers unbelievable journey to the sea“, Deutschland, 2017, Regie: Orlando Klaus)
  • Great Choice“ (OT: „Great Choice“, USA, 2017, Regie: Robin Comisar)
  • „Hairdresser” (OT: „Hairdresser“)
  • Home“ (OT: „Home“, UK/Kosovo, 2017, Regie: Daniel Mulloy)
  • Joy“ (OT: „Joy“, Deutschland, 2017, Regie: Abini Gold)
  • Latched“ (OT: „Latched“, Kanada, 2017, Regie: Justin Harding)
  • Madam Black“ (OT: „Madam Black“, Neuseeland, 2015, Regie: Ivan Barge)
  • „Mick“ (OT: „Mick“, Deutschland, 2017, Regie: Lea Nöhring-Ullmann)
  • „Night Night“ (OT: „Night Night“, USA, 2017, Regie: Guy Shelmerdine)
  • Rape Card“ (OT: „Rape Card“, UK/Kanada, 2017, Regie: Nathan Hughes-Berry)
  • „Sardinien“ (OT: „Sardinia“, Deutschland, 2017, Regie: Alexander Conrads)
  • „Schatten“ (OT: „Schatten“, Deutschland, 2017, Regie: Sandra Dettki)
  • „Sonar“ (OT: „Sonar“, Deutschland, 2015, Regie: Philipp Maas & Dominik Stockhausen)
  • „State of Emergency Motherfucker“ (OT: „State of Emergency Mutherfucker“, Belgien, 2017, Regie: Sébastien Petretti)
  • Sweet Tooth“ (OT: „Sweet Tooth“, Niederlande, 2017, Regie: Nico van den Brink)
  • The Cleansing Hour“ (OT: „The Cleansing Hour“, USA, 2016, Regie: Damien Leveck)
  • Wannabe“ (OT: „Wannabe“, Österreich/Deutschland, 2017, Regie: Jannis Lenz)
  • Watu Wote“ (OT: „All of Us“, Deutschland/Kenia, 2017, Regie: Katja Benrath)

Diese Filme haben wir auf dem Festival gesehen und rezensiert:

Interviews mit Filmemachern, deren Filme wir auf dem Festival gesehen haben:

Quellen:

  • 19. Landshuter Kurzfilmfestival 2018: Katalog
  • Pressematerial vom Landshuter Kurzfilmfestival

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