Im Staatsschauspiel Dresden: Nathan der Weise

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Sultan Saladin (Matthias Reichwald) nimmt Nathan (Philipp Lux) in die Zange @ David Baltzer

Aufführungsbericht: Nathan, der altbackene Schinken, den wir aus der Schule kennen. Das einzig Spannende an dem erschien den meisten doch der Ort des Geschehens: Jerusalem. Der Schmelztopf, in dem der biedere Christ nicht nur auf Juden, sondern gar noch auf exotische Muselmane traf. Genau dieses letzten Funkens Exotik entkleidet sich der Dresdner Nathan. Das Bühnenbild zeigt sich puristisch modern (zuständig dafür: Ansgar Prüwer-LeMieux). Nicht einmal an den Kostümen lässt sich ablesen, welche Figur woran glaubt. Da gibt es keine Schläfenlocken und keinen Turban. Aber gerade deshalb begeistert es so: Schon bei den Kostümen fängt die Zertrümmerung der Vorurteile an. Wenn der muslimische Herrscher auf einmal genauso angezogen ist wie ein großer Teil des Publikums. Das allein reicht, um ohne einschneidenden Eingriff in den Text das ganze Stück ins Heute zu setzen (Dramaturgin Felicitas Zürcher nahm nur kleine Kürzungen vor). Denn dieser Text hat auch heute noch Pfeffer im Arsch.

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“Anomalisa” (2015)

© 2015 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

© 2015 Paramount Pictures. All Rights Reserved.

Filmkritik: Der Amerikaner Charlie Kaufman (*1958) zeichnete sich in seiner bisherigen Karriere vor allem als Drehbuchschreiber aus. Er schrieb die Bücher zu den Spike Jonzes-Filmen “Being John Malkovich” (1999) und “Adaption – Der Orchideen-Dieb” (2002) sowie zu dem bekannten Michael Gondry-Film “Vergiss mein nicht” (2004), für welchen er einen Oscar erhielt (Kategorie “Bestes Original-Drehbuch“). Sein Debüt als Regisseur feierte er mit dem Film “Synecdoche, New York” (2008). Sieben Jahre später erscheint nun sein zweiter Film als Regisseur: Der Animationsfilm “Anomalisa” (OT: “Anomalisa”, US, 2015) ist zwar von ganz anderer Machart als die bisherigen Spielfilme, aber trotzdem als ein kaufmanesker Film klar erkennbar.

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„ Anders“ von Andreas Steinhöfel

 

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Andreas Steinhöfel: Anders. Mit Illustrationen von Peter Schössow. @ Königskinder Verlag (Carlsen)

Buchkritik: Andreas Steinhöfel steht für Kinder- und Jugendbücher, in denen Realität steckt. In seinen Büchern gibt es selten Bilderbuchfamilien. Er hält es nicht für nötig, Kinder vor der Welt und dem Leben, das sich darauf abspielt, zu schützen. Das ist es, warum die ihn so lieben und sich die Lektüre auch für Erwachsene lohnt. Der warme Erzählton trägt seinen Teil dazu bei.

 

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“The World of Tim Burton” von Achim Sommer (Hrsg.) (2015)

© Max Ernst Museum Brühl des LVR

© Max Ernst Museum Brühl des LVR

Buchkritik: Der Ausstellungskatalog “The World of Tim Burton”, herausgegeben von Achim Sommer, ist der Begleitkatalog zur gleichnamigen Sonderausstellung im Max Ernst Museum in Brühl, welche vom 16. August 2015 bis 3. Januar 2016 gezeigt wurde. Das 120 Seiten lange, gebundene Buch mit Texten von Patrick Blümel, Tim Burton selbst und Jenny He ist eine gute Ergänzung und ein perfektes Souvenir zur gesehenen Ausstellung.

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“The World of Tim Burton” (Max Ernst Museum, Brühl)

© Max Ernst Museum, Brühl

© Max Ernst Museum, Brühl

Ausstellungsbericht: Vom 16. August 2015 bis zum 03. Januar 2016 fand im Max Ernst Museum in Brühl (NRW) eine Ausstellung über das bildnerische Werk des Regisseurs, Animateurs und Drehbuchschreibers Tim Burton statt.

Tim Burton mit seinen Gemälden von Margaret Keane, © Foto: Leah Gallo

Tim Burton mit seinen Gemälden von Margaret Keane, © Foto: Leah Gallo

Der 1958 in Burbank (Kalifornien) geborene Timothy „Tim“ William Burton begann schon in seiner Kindheit mit dem Zeichnen und drehte mit 13 Jahren seinen ersten Kurzfilm mit dem Titel “The Island of Doctor Agor“. Durch ein Stipendium der Disney-Studios war es ihm möglich, Trickfilmkunst zu studieren. Danach war er als Zeichner in den Animationsstudios von Walt Disney tätig. In dieser Zeit entwickelte er auch einige Ideen für Filme, die aber nie realisiert wurden. 1988 gelang ihm mit “Beetlejuice” sein Durchbruch und machte ihn als Regisseur und Drehbuchschreiber weltberühmt. Mittlerweile besitzt er eine riesige Fangemeinde und hat einen ganz eigenen Stil geprägt, den man stets ohne Zweifel erkennt.

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“Dead Zone – Das Attentat” von Stephen King (1979)

© Verlagsgruppe Random House GmbH

© Verlagsgruppe Random House GmbH

Buchkritik: Die Verfilmung “Dead Zone” von 1983 mit Christopher Walken (Regie: David Cronenberg) und die Serie “Dead Zone”, welche 2002 bis 2007 ausgestrahlt wurde, wecken das Interesse von Cineasten, die sich fragen, wie ein einzelner Film oder gar eine ganze Serie aus einem Roman entstehen können.

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Im Staatsschauspiel Dresden: Der Idiot

Aufführungsbericht: Regisseur Matthias Hartmann hat Fjodor Dostojewskis rund 900 Seiten langen Roman auf die Bühne gebracht. Dabei galt es, ein Gewirr aus Handlungen und eine Vielzahl an Figuren in ein übersichtliches, bühnentaugliches Format zu gießen. Das gelingt unglaublich gut. Trotz Kürzungen bleibt es ein Mammutabend von etwa vier Stunden Länge, aber vollkommen ohne Längen. Dafür sorgt vor allem die kluge wie gewitzte Entscheidung, die erzählerische Form beizubehalten. Das bringt eine gute Portion Humor in den Stoff, der von den meisten Lesern als finster und pessimistisch empfunden wird.

Einzeln treten die Schauspieler zu Anfang auf die Bühne. Sie stellen die Figur vor, die sie verkörpern. Es reichen wenige Gesten (zum Beispiel das Zurückbeugen von Rosa Enskat als Generalin Jepantschina) oder Redewendungen (etwa die stete Betonung von Kilian Lands Gawrila Iwolgin, eine stattliche Erscheinung zu sein), um die Figuren eindrücklich zu charakterisieren. Dazu tragen auch die Kostüme von Tina Kloempken bei.

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In der Semperoper: Pagliacci und Enter!

Aufführungsbericht: Rasende Eifersucht treibt Canio zum Mord. Er ist der Direktor eines italienischen Wandertheaters und Darsteller des Pagliaccio. Diese Figur wird in dem Stück, das die Truppe aufführt, betrogen.

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@ Semperoper Dresden

Doch genauso geht es auch in der Realität zu: Canios junge Ehefrau Nedda liebt einen anderen. Tonio, ein Schauspieler aus der Truppe und verschmähter Anschmachter der Nedda, entdeckt den Ehebruch. Und verständigt Canio. Sein Leid, seine Kränkung und Verzweiflung vermittelt er in der ergreifenden Arie „Ridi, Pagliaccio – Lache, Bajazzo“. Die bevorstehende Theateraufführung scheint Nedda vor Canios Rache zu retten. Doch als sich im Stück Canios Schmach, der Ehebruch, wiederholt, ermordet er Nedda auf offener Bühne.

In der Inszenierung der Semperoper, die ab dem 16.01. zu sehen ist, bietet nicht nur die Musik Hochgenuss. Der größte Glanzpunkt der Inszenierung (neben der beachtlichen Leistung der Musiker) ist das Bühnenbild. Deshalb erhielt es bereits eine Auszeichnung. Dank der Organisation Enter! gab ein Probenbesuch einen Vorgeschmack auf den Pagliacci.

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“Legend” (2015)

 © StudioCanal

© StudioCanal

Filmkritik: Der britische Schauspieler Tom Hardy (*1977) wurde durch den allseits beliebten Blockbuster “Inception” (2010) international bekannt. Seitdem bekam er in Filmen wie “Dame, König, As, Spion” (2011), “The Dark Knight Rises” (2012), “No Turning Back” (2013) und “Mad Max: Fury Road” (2015) die Möglichkeit, sein Schauspieltalent zur Schau zu stellen. Ihm gelingt es, die komplette Bandbreite an Emotionen glaubhaft rüberzubringen. So kann er in den Rollen als Wilder, Verzweifelter, Charmeur oder Psychopath überzeugen. Der britische Film “Legend” (OT: “Legend”, GB, 2015), in dem Tom Hardy die beiden sehr unterschiedlichen Brüder Ronnie und Reggie Kray verkörpert, scheint die logische Konsequenz aus seinem abwechslungsreichen Spiel zu sein.

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